Alemannia Aachen gegen Arminia – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Aachen. Aken. Aix-la-Chapelle. Printen, Charlesmagne, Regionalbusse nach Maastricht über die Haltestelle „Normaluhr“, bitte den Gästeblock nicht über Belgien betreten, Tivoli. Ist bekannt.
Wobei es die Blauinnen dann doch nicht auf den Tivoli verschlägt, obwohl es lange so auf einschlägigen Portalen zu lesen war. Das hier geschilderte Regionalligaspiel findet im Leo-Vermeeren-Stadion (ja, die Witze habe auch gemacht) statt, eine paar Purzelbäume vom Dreiländereck entfernt.
Eine nette Kunstrasenanlage mit Laufbahn, herrlich im Grünen in einer offensichtlich gut situierten Gegend gelegen.
Ein paar Stufen an der Geraden, dahinter Graswälle, auf denen man sich bei gutem Fußballwetter das Tagesgestirn aufs Leder brennen lassen kann. Sehr gemütlich!
Gemütlich sind auch die tabellarischen Voraussetzungen der Partie. Die Blauinnen haben schon seit Wochen die Holzmedaille der Regionalliga West sicher. Die gastgebende Alemannia ist abgestiegen. Trotzdem herrscht gute Laune bei Alemannens.
Wie gut, demonstriert ein bärtiger Vierschrot, der sich auf den Graswällen platziert und lautstark und im allerbesten Öscher eine Mischung aus ungewünschtem Coach, Fan und Meckeronkel gibt: „Auf, Alemannia, auf!“ hören wir mehrfach. „Sehr joot, offen spellen!“. Dass sich solche Aussagen beim Fußball gerne mal ungewollt als doppelsinnig erweisen können, zeigt sich nach einer guten Spielviertelstunde: Arminia spielt sich über links durch, SandraHausiCapitana schlenz den Ball überlegt ins lange Eck. Schicke Kiste. Da war Alemannia auf. Und hat offen gespielt. Sehr joot!
Es folgt der entspannte Teil des Spiels, in dem die Alemannia etwas lebendiger ist und den die Blauinnen unaufgeregt verwalten. Man kann von Sommerkick sprechen, aber gerade ist es wolkig. Vierschrots gebrüllte Anweisungen werden auch unverständlicher. Irgendwann röhrt er nur noch. Ab und an diskutiert der Spielfeldrand etwas unmotiviert ein paar Abseitsentscheidungen. Bemerkenswert bei Alemannia Aachen: Für die verletzte Maureen Beetz kommt Jil Frehse ins Spiel.
Die ist eigentlich zweite Torfrau, unterstützt die ersatzgeschwächten Aachenerinnen aber als Nummer 10 – und das recht ordentlich.
Die vor knapp drei Wochen volljährig gewordene Jil darf per Ausnahmegenehmigung bei den Jungs mitspielen (im Feld) und hat ein paar Jugendländerspiele in der Vita (als Torfrau). Faszinierend! Tom, hol die auf die Postheide!
Das Spiel, nun ja…es gibt ein paar Ecken für Alemannia. Dazu fällt Vierschrot ein: „EckeEckeEcke KopfballKopfball TorTorTor“. Den Aachenerinnen fällt das nicht ein. Es gibt auch ein paar Ecken für die Blauinnen. Denen fällt aber ein, dass es immer noch die Saison 2021/2022 ist und sie Arminia Bielefeld sind. Da wissen wir, wie gefährlich Ecken sind.
So geht es mit einer nicht unverdienten 1:0-Führung für die DSC-Frauen in die Pause. Es war ein wenig mehr Technik und Spielverständnis drin.
Halbzeit. Oberhalb des Platzes ist ein nettes, kleines Vereinsheim mit altem Mobiliar und netten Menschen. Unter anderem Vierschrot, der sich als sehr witziger Typ erweist und Brötchenhälften verkauft. Salami, Schinken, Käse. Die sind lecker, aber mit Remoulade bestrichen. Leider möchte keiner der anwesenden Fußballspektanten diese Kulturschande mit dem Rundumbeobachter diskutieren. Also lasse ich es auch hier bleiben und meinen Standpunkt von Jochen Malmsheimer zusammenfassen:
Noch kürzer und mit einem elegant auf den Beginn der zweiten Halbzeit überleitenden bildhaften Vergleich: Das Zusammenspiel von Brötchenhälfte, Käse und Remoulade ist genauso diskussionswürdig wie das Zusammenspiel beider Mannschaften. Und um nun völlig zu den Fußballfloskeln zurückzukehren: Das Spiel hat viele Unterbrechungen und ist zerfahren.
Irgendwann röhrt Vierschrot: „Drupp, [das heißt: Drauf!] Alemannia, drupp!“. Und die in zwei Gelbtönen spielenden Gastgeberinnen gehen drupp…mit mehr und mehr Elan zur Sache. Die Blauinnen, um 29 Punkte und 30 geschossene Tore besser, sind spielerisch besser, rennen sich aber ein um andere Mal fest.
Da sich Arminia beharrlich weigert, sowohl den Ausgleich zu fangen als auch das entscheidende 2:0 zu machen, schauen wir uns mal die Auswechselbänke an.
Originelle Bauten, wir als alte Zeugen der Bretterbude können es beurteilen. Irgendwo zwischen Rasthäuschen im Teutoburger und Bushaltestelle im Wald. Wenn das vom Ball getroffen wird, gibt’s Trümmer. Leonie und Joyce wissen, wie man da am besten die Bank drückt:
Röhren kann nicht nur Vierschrot, sondern auch der Coach der Alemannia (übrigens auch ein sympathischer Kerl, wirklich). „Reicht jetzt!“, befiehlt er. Und seine Mädels hauen sich rein. Zu Beginn der Schlussphase können sich die Blauinnen glücklich schätzen, dass Aachen das Zielwasser im Kühlschrank gelassen hat- und dass Tor-Lisa einen einmal mehr sahnigen Tag erwischt.
Manchmal deuten sich Ausgleichstreffer so doll an, dass sie tatsächlich fallen. Gegen den strammen Schuss vom rechten Strafraumeck hat selbst die starke Tor-Lisa keine Chance.
Nun denn. Ein sahniger Tag für Tor-Lisa, ein remouladiger Tag für die Feldspielerinnen. In Halbzeit Eins haben sie ein wenig mehr investiert, in Halbzeit Zwei mehr wenig getan. So is dat kurz vor der Sommerpause. Sonntag ist das letzte Spiel der Serie. An der Schillerstraße. Wo Butter auf den Brötchen ist. Gerne auch auf dem Platz.
Das Wort des Tages ist nicht „Remoulade”.
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