Mein erster Spielabbruch – FC Altona 93 – SV Halstenbek-Rellingen ?:?

FC Altona 93 – SV Halstenbek-Rellingen – Rundumbeobachtungen woanders und früher von Jan-Hendrik Grotevent

Hamburg ist cool, Hamburg hat für jeden Geschmack etwas zu bieten, Hamburg hat weltberühmte kulturelle Highlights. Im Bezirk Altona zum Beispiel liegt der berühmte Fischmarkt, der Stuhlmannbrunnen und hier entspringt die weit bekannte Elbchaussee. Okay, ein Auslieferungslager des Minderqualitätsjournalismus ist da auch, aber irgendwas ist immer…

FC Altona 93 - SV Halstenbek-Rellingen

…aber wenn man vor der MOPO steht und sich umdreht, fällt der Blick auf eine absolute Perle der Fußball-Nostalgie. Ein Hamburger Kultstadion. Ihm und dem beheimateten FC Altona 93 wollen wir uns in Text und Bild widmen. („Bild“ ist manchmal ein bisschen dunkel…war halt 2009 und der Rundumbeobachter hatte eine alte, von Fattern geerbte Digitalknipse, wo man noch Batterien reintun musste).

Der Bau ist aus den späten 1950er Jahren. Die Bestuhlung der Haupttribüne ist aus dem alten Volksparkstadion.

Nebendran die sogenannte „Meckerecke“.

Sprecherkabine und Bechallungssystem. Nein, liebe Generation DAZN, kein Dolby-Surround.

Kartenhäuser, wie sie sich der Nostalgiker erträumt.

Die Gegengerade, verwittert und matschig. Ebenso die Hintertor-Tribünen. Gammelnde Pfosten in Altonas (schneidigen) Vereinsfarben. „Staub“, „Matsch“ und „sandig“ sind im ersten Eindruck vielleicht keine tollen Attribute. Aber beim Fußball trifft man sie immer seltener und freut sich daher umso mehr, wenn sie einem wieder begegnen.

Gerade in so einem netten Tempel. Die oberen Bereiche der Betonstufen holt sich die Natur zurück. Kitschfotos, let`s go! Soll doch mal einer behaupten, die Fußlümmelei sei nicht romantisch!

Der Altonaer Fußball-Club von 1893 hat eine originelle Außendarstellung. Das gilt heute, wie es damals galt:

Sprüche auf Tücher gestickt…ein weiteres Beispiel: „Beckham kassiert Millionen, wir kassieren Victoria“. Kann man mal machen. Nun zum Spiel….

…und da gehen wir zuerst mal’ne Brat ziehen. Die Bude ist mit Sicherheitshinweisen verziert. Fußball halt. Da sind eben auch Leute zu erwarten, die zum Wurstessen zu blöd sind.

Im Dezember 2009 ist Altona 93 Tabellenzweiter der Oberliga Hamburg und hat drei Punkte Rückstand auf Victoria Hamburg. Die allerdings müssen noch zwei Spiele nachholen. Die Spielvereinigung Halstenbek-Rellingen hat ihrerseits vier Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsrang, wo der SC Concordia aber auch noch zwei Nachholspiele hat. Zumindest für die Gäste geht es also um einiges. Brisant: Die SV Halstenbek-Rellingen gilt als Angstgegner des AFC. Vor dem Freitag-Abend-Match herrscht noch Harmonie zwischen den Übungsleitern.

Es entwickelt sich ein sehr ansehnliches Spiel. Altonas Defensive hat überhaupt kein Rezept gegen zweite Bälle und liegt nach 15 Minuten mit 0:2 hinten.

Ein Torwart geizt in der Regel nicht mit dem Brüllen kerniger Sprüche in Richtung seiner Vorderleute (vor allem, wenn er auch noch Mannschaftskapitän ist). Beliebtester Ausspruch dieses Altonaer Exemplars: „Kein Feuer drin!!“ in allen emotionalen Facetten. Hier hat er gerade das 0:2 gefangen und ruft es recht niedergeschlagen.

„U…A…ALTONA, U-A-ALTONA“ – ca. 300 Zuschauer sind auf der Adolf-Jäger-Kampfbahn. Die „AJK“ ist für sein spezielles Publikum mit Meckerecke, Zeckenhügel und Schwarzem Block. Beim Spiel heute rundumbeobachtet: Vereinsmeier und Meckeropas, eine Horde Punks, zwei Dickmadams mit Heidi-Kabel-Idiom, ein Klein-Bubi, fünf Wollmützen mit Rauschebart. Das Publikum von Altona 93 mag speziell sein, auf jeden Fall ist es ist ein Querschnitt durch alle Hamburger Klischees.

Der Torschütze zum 1:0 für Halstenbek-Rellingen, kurz nach dem Einnetzen. In der 21. Minute wird er nach einem üblen Von-hinten-in-die-Hacken direkt Rot sehen (Doch das wissen die ja jetzt beim Jubeln noch nicht).

Wir halten fest: Zur 25. Spielminute führt der Gast mit 2:0, hat aber einen Mann weniger auf dem Feld. Man darf auf den Rest der Partie mit recht gespannt sein. Doch da macht es *PLOPP*…

…und auf der Haupttribünenseite fällt das Flutlicht aus. Die Technik der AJK ist über das nasskalte Wetter gestolpert. Es wird also kuschelig, aber angesichts des zu erwartenden spannenden Spiels tröstet das wenig. Man nimmt es zunächst mit Humor, sowohl der passiv konsumierende…

…als auch der aktiv gestaltende Teil der Anwesenden.

Nach einer halben Stunde nicht zu beseitigendem Blackout bricht der SchiRi die Partie ab, sehr zum (verständlichen) Ärger der Halstenbeker Spieler, die schon Verschwörungen zwischen Altona 93 und Energieversorger Vattenfall vermuten. War halt kein Feuer drin, im wahrsten Sinne des Wortes.

Das Nachholspiel gewinnt Halstenbek-Rellingen mit 1:0. Das rettet die Spielvereinigung nicht vor dem Abstieg, versaut dem AFC aber den Aufstieg in die Regionalliga, wo die Mannschaft zwei Punkte hinter Victoria landen (von wegen „kassieren“). Den holen sie dann später nach. Wer Hamburg pur und ungeschönt, interessanten Ballsport, einen Kultclub in nostalgischer Kulisse erleben will, kommt um einen Besuch der AJK nicht herum. Dringend empfohlen! Hin da!

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