Arminia 2022 (II)- Die Blauinnen: Wir spielen trotzdem weiter

Arminia 2022 – Jahresrückrundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Part II: Die Blauinnen

Die Frauen von Arminia 2022- mit tollem Ball, ein paar Hängephasen und einer leichten Aversion gegen Spitzenspiele. Aber auch mit ihrem besonderen Spirit. Sie spielen trotzdem weiter.

Für die Galerie

Nach einer unglücklichen Niederlage gegen den späteren Aufsteiger aus Köln auf der Postheide sind es sechs Punkte nach oben und zehn Punkte nach unten im Tableau. Damit steht fest: Die weiblich Arminia 2022 findet in der Regionalliga statt. Na guck, sowas kommt selbst beim DSC mal vor: Planungssicherheit. Was also tun? Trotzdem weiterspielen! Ohne Zwang, ohne Druck. Mal an sich arbeiten, mal die eigenen Tugenden pflegen.

Arminia 2022

Und das machen die Blauinnen auch. Die Mädels gewinnen vier Spiele in Folge, schießen dabei 16 Tore und bügeln nicht nur einmal die durch die Männer-Resultate etwas zerknitterten Gesichter der schwarzweißblauen Anhängerschaft auf. Neun der 16 Tore fallen an der Sieg, in Menden (Sieg) und Siegen (Sieg). Der März 2022 ist im wahrsten Sinne des Wortes „Sieg-Monat“.

Für Mitfahrer ist es neben der Jubel-Ola ein kulinarisch interessanter Monat: Gratis-Bratwurst gegen Punkte (Siegen), Kuchen und Waffeln auf der Stadionbaustelle in Kleve, keine Waffeln (Postheide) und eine Fress-Rundumversorgung in Menden. Übrigens ist gutes Mampfangebot ein schlechtes Omen: Sowohl Menden als auch die beste Pizzeria im Umkreis von fünf Kilometern in Budberg sind im Sommer abgestiegen. Hat wohl doch seine tiefere Bedeutung, dass es auf der Postheide keine Waffeln gibt.

Arminia 2022
Noch nicht vorbei?

Das 2:2 gegen die Zweitvertretung des SGS Essen ist gerecht bis glücklich, der Last-Minute-Sieg in Bochum überglücklich. Okay, der Tabellenletzte aus Budberg kann mit Arminia nicht mithalten, gegen die beste Pizzeria usw. gewinnen die Blauinnen mit 4:1, lassen aber reihenweise Torchancen liegen und schießen dafür das Inventar der Postheide kurz und klein. Bei SpoHo Köln erleben die Mädels einen völlig gebrauchten Ostermontag und verlieren 1:4.

Arminia 2022

Immerhin- ernst nehmen sie die Sache noch. Gegen Budberg ist viel Spielfreude dabei, ebensoviel Niedergeschlagenheit in Köln. Der Spirit ist da, weiß nur aufgrund des wenig aufregenden Saisonfinals wenig mit sich anzufangen. Warum nur ist, wenn Platz Vier in der Abschlusstabelle feststeht, nur noch so viel Saison übrig?

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(Fast) Am Ziel und auf die Alm

Und so geht es auch weiter. Luft ist raus beim 1:3 in Berghofen. Luft ist wieder drin gegen Leverkusen II (2:1).

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Aber ein Highlight hat die Saison noch zu bieten. Einen Tag, nachdem die Kerls sich in Liga 2 verabschiedet haben, empfangen die Blauinnen Borussia Mönchengladbach auf der Alm und betreiben allerbeste Eigenwerbung. In einem mitreißenden, spannenden Spiel besiegt Arminia die Elfen vom Niederrhein mit 3:2. Die Mädels genießen die Atmosphäre und viele neue Gesichter, die man sonst nicht auf der Postheide trifft, genießen das Spiel. Allein schon deswegen: Mehr Spiele auf der Alm, bitte!

#wirdsindeinteam

In Aachen ist die Luft völlig raus. Und was Block 3 beim letzten Spiel gegen Recklinghausen gesagt dazu hätte, dass Arminia nach einer Viertelstunde 3:0 führt, um dann doch noch 3:4 zu verlieren, möchte ich mir gar nicht ausmalen (vermutlich was mit „Die hat schon gelb!“).

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Dieses letzte Saisonspiel findet an der Schillerstraße statt. Ein historischer Ort für die Blauinnen und würdiger Rahmen für die Saisonabschlussfeier. Und bei der zeigt sich der besondere Spirit dieser liebenswerten schwarzweißblauen Fußballmannschaft auch außerhalb des Platzes.

Arminia 2022

Sei es beim gemeinsamen Grillen und Beerpong-Spielen. Sei es bei den Verabschiedungen ins Herz geschlossener Mannschaftskameradinnen, als nicht wenige Tränen fließen. Das zeigt die Nestwärme, die Arminia Bielefeld bietet. Viele der Mädels stürzen sich in aufregende, neue Abenteuer, aber mit Sicherheit werden sie diese Nestwärme nicht vergessen – und später wiederkommen, sei es auch nur zum Besuch. Und das zu erleben ist auch für den Außenstehenden schön.

Postheide-Fest

Jetzt ist Sommer und im August präsentiert sich die Abteilung Frauen- und Mädchenfußball beim Postheidefest. Und das ist sportlich mehr als bemerkenswert, was sie präsentieren kann. Der komplett neue U13-Jahrgang spielt zum ersten Mal zusammen und gewinnt gegen die zwei Jahrgänge älteren Mädchen aus Lippstadt mit 8:2. Die U14 tut, was sie kann, und das sieht nach einem harten Trainingslager und gegen eine U15 von Mönchengladbach besser aus als das 0:9, das es am Ende wird. Und dann fertigt die U23 die neue Frauenfußballmannschaft des BVB mit 4:0 ab. „Der BVB hat ein 0:4 kassiert. Bei Arminia. Der zweiten Mannschaft.“. Wann kann man das schonmal sagen?

Arminia 2022

Sowieso, die U23. Die erwähnen wir an dieser Stelle mal besonders. Die Zweitblauinnen haben 2022 den Aufstieg in die Westfalenliga geschafft und spielen damit eine Klasse unter der ersten Mannschaft. Der perfekte Unterbau. Zwar verläuft der Saisonstart etwas holperig, dann aber schießen sich die Damen mit einem 7:0 gegen Freudenberg frei und schippern nun im sicheren Tabellenmittelfeld. Läuft bei Zweitblauinnens!

Anlauf auf…was eigentlich?

Erstblauinnens 22/23 zeigen sich das erste Mal im Autohaus eines Sponsors im Rahmen einer sehr launigen Mannschaftspräsentation. Lena Meynert kehrt nach einer Tour durch das ostwestfälische Umland wieder zu Arminia zurück. Anna Czekalla, Nina Kammertöns und Lilly Taube kommen aus dem eignen Nachwuchs und mausern sich im Saisonverlauf zu wichtigen Ergänzungsspielerinnen. Emilie Klingen hat den VfL Wolfsburg im Lebenslauf und schafft auf Anhieb den Sprung in die erste Elf. Und Susi Werner, Bundesligaerfahrung, wird neue Stoßstürmerin und ist zum Zeitpunkt dieser Blog-Abfassung Arminias erfolgreichste Torschützin der Saison.

Auch die Vorbereitungsspiele verlaufen vielversprechend. Viermal treten die Blauinnen an. Bilanz: Vier Siege, 12:1 Tore, darunter ein 2:0 gegen die klassenhöheren Nachbarinnen aus Gütersloh.

Im Westfalenpokal lassen sie sich das 3:0 diesmal nicht von Recklinghausen nehmen. Später gewinnen sie in Mecklenbeck mit 1:0 und stehen gegenwärtig im Viertelfinale, dort wartet die Namensbase aus Ibbenbüren.

Der Ligastart? Zwei Siege, 5:0 Tore. Wie schon in den Testspielen mit effektivem Ball nach vorne und hinten stabil. Anlauf auf die Spitze?

Spaß und Spitze

Nein, erstmal nicht. Die Regionalliga weigert sich, einen souveränen Spitzenreiter davon marschieren zu lassen. Somit ist so ziemlich jeder Spieltag voll mit Spitzenspielen, in denen jeder jeden schlägt. Beim Spiel gegen die SGS Essen II sind die Blauinnen fällig (0:2). Beim Spiel gegen die Blauinnen ist Borussia Mönchengladbach fällig. Auch der Auftritt von Warbeyen auf der Postheide ist ein Spitzenspiel, es endet 0:0.

Aber da grüßt Arminia schon von der Tabellenspitze, nachdem die Mädels über SpoHo Köln und SpVg. Berghofen hinwegfegen (11:1 Tore). Eine sichere Defensive, tolle Spielzüge, die Mädels haben Spaß am Spiel und wir haben Spaß beim Zusehen. Nach dem Heimsieg gegen Siegen sind sie sogar Spitzenreiter mit einem Spiel Rückstand. Könnte Freude machen,…

Faden verloren und vielleicht gesichtet

…wenn da nicht die zwischenzeitliche Niederlage in Schlebusch gewesen wäre. Wieder eins der Zigillionen Spitzenspiele. In dem Match steckte schon der Keim dessen, was nach dem 4:1 gegen Siegen passieren sollte. Torchancen liegengelassen, hinten etwas wacklig. Auch die Rückkehr von Jana Radosavljevic (die sich übrigens, während ich das schreibe, mit dem Kader der neuseeländischen Nationalmannschaft auf ein Länderspiel gegen die USA vorbereitet) ändert daran nichts.

11 Monate nach dem matschigen 0:0 in Recklinghausen gibt es diesmal ein nasskaltes 0:0 in Recklinghausen. Beim Zigillionenundersten Spitzenspiel in Bocholt setzt es ein verdientes 0:2. Beim 0:1 in der Kölner Südstadt stehen wir verrückter Haufen mit Fahnen völlig verfroren an der Seitenlinie, singen mit ein paar Fortunen „Ostwestfalen Idioten“ und müssen erleben, wie die Blauinnen den Faden aus den ersten zehn Spielen endgültig verlieren.

Drei Spiele kein Tor, die Abwehr unsicher, nur ein Punkt. Das bedeutet bei sechs bis acht Spitzenteams Rang Sieben für Arminia. Auf Platz Eins stehen die Frauen des VfL Bochum, die die Blauinnen dann noch auf der Postheide mit 3:0 ausknipsen. Oh je, oh je…

Man will sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn unsere wackere Tor-Lisa zum Rückrundenauftakt gegen Gütersloh II nicht den Elfmeter in der Anfangsphase gehalten hätte. So kommen die schwarzweißblauen Mädels immerhin zu einem 3:0 im letzten Spiel des Jahres, bei dem der verlorene Faden zumindest wieder in Sichtweite gerät.

Wir spielen trotzdem weiter

Es sind sieben Punkte nach oben und dreizehn Punkte nach unten. Damit steht fest… eigentlich gar nichts. Zwischen dem Tabellenführer der Regionalliga (im Moment ist das Bocholt) und dem Tabellenachten (im Moment Warbeyen, auch schonmal Spitzenreiter) liegen neun Punkte. Auch die Rückrunde wird aus Zigillionen Spitzenspielen bestehen.

Und hier zeigt sich die Herausforderung für unsere schwarzweißblauen Balltreterinnen. In der Hinrunde haben sie gegen gerdae mal eins der sechs Teams gewonnen, die über ihnen stehen (Mönchengladbach). Gegen die anderen hagelte es die bisherigen fünf Saisonniederlagen.

Um durchzumarschieren, wird ein Zweitligakader benötigt, sagen die Verantwortlichen. Die Blauinnen sind eine gewachsene, spielstarke Truppe. Und ihren Spirit habe ich hier schon öfter beschrieben, als es Spitzenspiele in der Regionalliga West gibt.

Also: Einfach nur ein paar Spitzenspiele mehr gewinnen…aber was ist, wenn der Spirit kollektiv den Faden nicht wiederfindet? Wieder (nur?) für die Galerie und den Spaß an der Sache kicken? Wahrscheinlich ist es am besten, nach der Parole von Hans-Jürgen Laufer zu verfahren: „Wir spielen trotzdem weiter. Ich persönlich futtere in 2023 wohl auch nochmal Kuchen in Gütersloh und Köln und nix in Schlebusch. Das zu erleben ist für den Außenstehenden schön.

Für alles andere seid Ihr verantwortlich, Mädels. Ich freu mich drauf.

In 2022 hat der Rundumbeobachter übrigens die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ geschrieben. Da stehen viele Lagerfeuergeschichten drin, die sich auch in 2023 lesen lassen. Hier gibt es das Ding. Oder bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?

Arminia 2022 Part I: Die Blauen

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