Arminia gegen 1860 München 0:1 – Klassisch

Arminia gegen 1860 München 0:1 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Es begab sich in der letzten Woche, dass Mitch Kniat, Trainer von Arminia Bielefeld, sich nicht in die Karten schauen ließ, welche Aufstellung er der geneigten Zuschauerschaft auf der Alm gegen 1860 München zu präsentieren gedenke. Und so ist Block 3 nicht wenig (positiv) überrascht, dass Young und Wörli in der Startelf stehen. Ob Bella (Wuckel: „Anna“) Jäger den Mitch wohl beraten hat?

Arminia gegen 1860 München

Jedenfalls verspricht die Startelf jede Menge Tempo und jede Menge Schwung nach vorne. Und so beginnen die Blauen auch die Partie. Gerade die eben genannten zwei Balltreter machen, unterstützt von Lukas Kunze und Mael Corboz, ordentlich Dampf nach vorne. Die Kombinationen sind flüssig, das Ganze ist nett anzuschauen. Block 3 begleitet die ersten Spielminuten mit animalischen Grunz-, Jaul-, Heul- und Röhrlauten. Wie übrigens schon die ganze noch junge Spielzeit. Neuer Trend?

Arminia schnürt den Gast aus München- Giesing ein. Die Sechzger kommen nicht aus der Umklammerung raus. Das ist ein tolle Strategie, um… na ja, Hochseefischerei zu betreiben. In der Hochseefischerei ist das Einschnüren und Nicht- Rauskommen- Lassen der Zielobjekte recht erfolgsversprechend, im Fußball allerdings nicht. Da muss auch mal auf das Netz (diesmal kein Fischernetz) geballert werden. Das tut Arminia aber nicht.

Erst nach einer Viertelstunde ist André Becker zum ersten Mal durch und scheitert am Keeper der Sechzger. Gezeter auf Block 3, der sich erstmal am Stürmer abarbeitet. Später dann an Corboz. Und noch später an Kunze. Obwohl Kunze und Corboz eifrige Fischernetz- Knüpfer sind und André Becker die arme Forelle ist, der die Knüpfer kein Fischfutter geben. Nun gut, wir scheinen persistente Hassobjekte einfach zu brauchen. So wie der Rundumbeobachter Kaffee und Zigaretten braucht. Ist objektiver Blödsinn und dauerhaft alles andere als gesund, aber muss sein. Im übrigen fällt mir bei einer der Kunze- Tiraden endlich ein, an wen mich die Kunze- Twins die ganze Zeit erinnern…

https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Daltons_%28Comicfiguren%29

(Und: Nein, ich finde keinen der beiden Kunzes Scheiße)

Die Blauen kurven in der Hälfte der Gäste herum, ohne sich Torchancen zurecht zu puzzeln. Die Partie verflacht. Der Zuspruch auf Block 3 ebenfalls. Von „WaseintollerPasswiegeilwardasdenn“ in der vierten Minute über „Irgendwas hat er sich bestimmt dabei gedacht“ in der 20. Minute bis hin zu „Irgendwann kassieren die einen“ in der 25. Minute. Und tatsächlich kommt 1860 der Kersken- Kiste dreimal ziemlich nahe…

Wenn Block 3 anfängt, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen als dem unmittelbaren Spielgeschehen, ist das ein Indiz für eine ziemlich übersichtliche sportliche Qualität. Natürlich nimmt Block 3 trotzdem am Geschehen teil, mit bekannter Logik: „Warum spielen die immer so kurze Ecken? Wenn’s klappt, dann ja.“. Doof, dass man das mit dem „Klappen“ nicht vorher weiß.

Einige wenige erinnern sich der Gotteslästerung des Gästekeepers und verteilen ein paar Schimpfwörter. Aber heute ist der Zeitvertreib von Block 3 bis zur nächsten schwarzweißblauen Drangphase die Schilderung gehörter True Crime Stories. „Da hat das SEK bei dem in der Bude gestanden mit gezückter Waffe. War sicher uncool.“ Joa, sicher. Der Typ hat auf einen Schlag mehr Bullen gefährlich vor sich gesehen als der Gästekeeper Arminen im ganzen Spiel.

Halbzeit. Jetzt guckt mal, wie dreckig das hier schon wieder ist. Spannend an der Bausubstanz von Block 3: Viel Dreck ist ganz offensichtlich in den Beton eingefressen, zumindest lässt er sich nicht mit den Schuhen wegwischen. In Hunderten von Jahren werden Archäologen die Reste ausgraben und sich wundern, welche mystischen Rituale hier wohl stattgefunden haben. Und sie werden doof gucken, wenn sie rausfinden, dass es „Der hat schon Gelb!“- Brüllen ist.

„Wenn wir gewinnen, sind wir Tabellenführer“, verkündet Block 3 kurz nach Wiederanstoß, „Wetten, dass Arminia das klassisch versaut?“. Ja, allen Klischees folgend wäre das klassisch Arminia. Allerdings hat die schwarzweißblaue Kapelle nach dem guten Saisonstart, dem auch jetzt ballsicheren Spiel und vielleicht auch des schönen Wetters wegen Kredit beim Publikum.

Block 3, die Süd, die Alm machen gut Stimmung. „Forza, Forza, Forza DSC!“. „Forza“ kommt aus dem Portugiesischen und bedeutet „Stärke“. Wahlweise kann es auch aus dem Italienischen kommen, da bedeutet es „Wucht“ oder „Gewalt“. Die Blauen spielen stark, allerdings nicht wuchtig und gewaltig. Irgendwie fehlen im Strafraum die Anspielstationen, wobei 1860 auch sehr aufmerksam verteidigt.

Aufschrei der Überraschung auf Block 3, als mal wieder mehrere Becher Flüssignahrung die dreckigen Stufen hinaufgeschleppt werden: „Hier gibt’s Apfelschorle??!“. So hat der Rundumbeobachter auch reagiert, als er erfuhr, dass es damals Burger auf der Alm gab (hat die eigentlich mal jemand probiert?).

Kaito Mizuta rennt Richtung Bank und versucht erfolglos, im Laufen sein Trainingsleibchen auszuziehen. Szenenapplaus auf der Süd. Doch auch der quirlige Japaner findet den Weg Richtung Tor nicht und knüpft genau so Fischernetze wie Biankadi, Kania oder wer noch so eigewechselt wurde. Arminia kriegt nur ein paar geblockte Schüsse und so halbe bis zwei Drittel Chancen zustande.

Block 3 hat taktische und/oder spielerische Tipps zustande, die sich irgendwo zwischen „Kommkommkomm… woaaah!“ und „Jetzt drehen und rüber und rein“ bewegen. Und nicht umgesetzt werden, Block 1 stimmt den „Immerdabei“- Gänsehautentzündungsklassiker an, das reißt die Stimmung mit. Die Blauen nicht.

Wie schon beschrieben, was Arminia da spielt ist im Ansatz gut und die Spielanlage macht Hoffnung und Laune auf mehr. Aber dazu braucht es Tore. Zum Schlussviertel der Partie behauptet Arminias Spielbericht, es scheine „nur noch eine Frage der Zeit, bis der Führungstreffer fallen sollte“. Nö. Das sieht nach ordentlichem Fußball, aber nicht nach dem Führungstreffer aus. Auch wenn die Nachspielzeit noch kommt und es da in Cottbus, gegen Dortmund und Sandhausen Punkte gab – sowas wird klassisch verloren.

Und dann ist Arminia vorne. Ballverlust, der Ball wird von da ganz hinten abgefeuert, senkt sich…Renn’, Kersken, VERDAMMT, RENN’… umsonst gerannt. Der gefühlt einzige Ball im zweiten Durchgang, der auf Arminias Tor kam, ist drin. Und dann noch so ein (zugegeben, sehenswerter) Sonntagsschuss.

Und das ist die Niederlage. „Erst rumeiern und sich dann so’n Ding holen“, schimpft Block 3. Eben. Klassisch. Drückend überlegen, den Weg zum Tor nicht finden und dann einen kassieren, der 999 von 1.000 Fällen daneben geht. Von jemanden, der zum Kicker sagt, dass er eigentlich gar nicht so weit schießen kann. Sowas von klassisch. Nach allen Fußball- Klischees im Allgemeinen und Arminia- Klischees im Besonderen.

Nun denn, den Kredit braucht man nicht kündigen. Wie sagt die alte Wahrheit aus Japan? „Ein Mensch lernt wenig von seinem Siege, aber viel von seiner Niederlage.“ Das Spiel gegen 1860 sollte entsprechend lehrreich sein und die Blauen werden ihre Schlüsse daraus ziehen. Kleiner Tipp: Tore schießen.

Fotos zum Spiel

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