Arminia gegen Alemannia Aachen 1:1 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Warum genau Block 3 „Warm hier“, sagt und sich erstmal die Jacke auszieht, sei dahingestellt. Liegt es an den schönen, warmen, goldenen Oktobertagen mit Sonnenschein und knapp 20 Grad? Oder daran, dass Arminia zehn Punkte aus vier Spielen geholt hat, darunter sechs in den bisherigen zwei Dritteln der englischen Woche?

Schauen wir mal, ob Ostwestfalens Gloria die Maximalausbeute aus der busy week mitnimmt (So nennen die Engländer eine englische Woche, ist wohl so wie bei „Berliner“ und „Pfannkuchen“). Im Rahmen des Wednesday Business haben wir uns ja Gedanken über Spielkonzepte beim DSC gemacht und inwieweit die erkennbar sind. Die Tatsache, dass Arminia heute gegen Aachen mit der Doppelspitze Becker- Kania beginnt (zuletzt gesehen im Westfalenpokal gegen Soest) und die gegen Osnabrück so erfolgreiche Flügelzange Young- Bazee auf der Bank sitzt, macht eine diesbezügliche Analyse nicht einfacher. Zeigt auch die während des Spiels immer wieder rundumzubeobachtenden Reaktionen auf Block 3: „Mannomannomann“ zeitgleich mit „War richtig so“.

Vielleicht können wir uns schlicht darauf einigen, dass Arminia vom Wahnsinn angetriebeeeen ist. Das unterschreibt wohl jeder. Und nach drei Spielminuten singt das auch jeder. Weil es 1:0 für Arminia steht. Und das kam so: Kersken haut den Ball nach vorne. Keine Armine in Sicht. Rückpass der Alemannia, der Ball kullert und kullert UND KULLERT UND JAAAAAAAA! Der Rundumbeobachter ist im ersten Moment geneigt, Mika Schroers ein paar Credits für irritierendes Anlaufen zu geben. War aber nicht so. War schlicht Pech. Und Aachens Torwart Bördner darf sich jetzt mit Tonnen an Memes und einem Feature bei Arnd Zeigler rumärgern.

Zurück zum Thema. Also: Arminia ist vom Wahnsinn angetriebeeeen. Und von der Führung. In der folgenden Viertelstunde kombinieren sich die Blauen immer wieder in den Aachener Strafraum. Beckers Kopfball landet am Gestänge, einige Schüsse werden geblockt, andere landen in den Flossen des Alemannen- Keepers. Da hätte man das 2:0 mitnehmen können, macht man aber nicht. Im Nachhinein ist festzustellen, dass die schwarzweißblauen Angriffsbemühungen in dieser Phase um einiges fordernder sind als noch vor einem Monat.

Aachen befreit sich durch gefühlt 700 Ecken in Folge. Und Block 3 nimmt den Gegner zum ersten Mal genauer zur Kenntnis. „Scheiß Aachen!“. „Scheiß Alemannia!“. Und? Und!? Wo bleibt das „Scheiß TSV?“ Dass wir die „Kanarienvögel“ (auch Block 3) komplett einmal von hinten nach vorne durch haben? Immerhin lässt Alemannia die Möglichkeit ungenutzt, nachhaltiger in Erinnerung zu bleiben. Von der Masse an Corner Kicks kommen die ersten beiden ziemlich gefährlich. Dann nicht mehr so. Was auch die Reaktionen von Block 3 belegen: Von „Die scheinen Standards zu können“ über „Mann doooo“ hin zu „So schlecht wie unsere Standards“ (nochmal zur Erinnerung: Von den bis hierher 17 Saisontoren resultieren sechs aus Standards).

Einen Effekt hat das gelbe Eckenfestival jedenfalls: Es nimmt Schwung aus Arminias Angriffsspiel. Die Blauen spielen nach vorne, aber insgesamt schläft das Match so ein bisschen ein. Block 3 genießt das Leben mit 1:0- Führung. „Scheiß Tor, aber wir nehmen’s mit“. Und sogar ein „Das sieht doch ganz nett aus“ obwohl eigentlich kaum etwas passiert. So allmählich verdichten sich ein paar bohrende Fragen: Nehmen wir mit dem Scheißtor einen Dreier mit? Legen wir nach? Oder lassen wir es liegen, weil wir uns doch noch Gegentore fangen?

Wie zum Beispiel jetzt. Oppie macht ein Handspiel im Strafraum. Elfmeter für Aachen, Unglaube auf Block 3. Elfmeter für den Gegner haben ja was Surreales.

KERSKEEEEEEN! JAAAAAAAAAAAAA! Da war sie, die Schlüsselszene des Spiels. Ein Tor hätte Aachen angespornt. Also, vielleicht. Ein Tor hätte Arminia nochmal angespornt. Also, eventuell. So bleibt es bei einem mitgenommenen Scheißtor für den DSC, der sich eher zurückhaltend um klare Verhältnisse bemüht und einem Gegner, der sich eher bedeckt um den Ausgleich bemüht. Und so bleibt es im Großen und Ganzen das ganze Restspiel (bis auf den Aachener Ausgleich, aber der kommt später).

Sonst so? Die Anzeigetafel fällt kurz aus.

Vielleicht laden sie ja die Datei, die die Nachspielzeit anzeigen kann? Nö. Die schlummert heute wieder in irgendeinem Ordner auf der Platte. Die Nachspielzeit erkennt die Alm daran, dass sie irgendwann mit dem Pausenpfiff endet.

Halbzeit. „Hey!“ – *glubsch* – „Da darfst Du nicht rüberklettern.“ – *glubsch* – „Das dürfen nur Kinder, höhöhö…“ – „Ich verstehe hier nix“ – *seinerseitsglubsch*

Halbzeit Numero Zwei beginnt mit einem interessanten Chant: „Aoooo… Aoooo…“. Gibt einen guten Klangteppich und ich kann mir den Text merken.

Na ja, und dann fällt der Ausgleich. Spielt Aachen schön raus. Block 3 nimmt es mit, natürlich nicht ohne Unwillen: „Das war doch abzusehen“ (na ja), „Schon wieder alles Scheiße hier!“ (na ja, na ja). Ein Scheißtor macht eben doch kein Mitnehmen.

Der Rundumbeobachter hatte es schon befürchtet, als Aachen dreimal wechselte. Anderer Spielplan, andere Energie, mehr Gefahr. Geht es nur mir so oder hat Aachen gefühlt dreizehnmal gewechselt? War nicht so, aber gefühlt… Am grünen Tisch verlieren können sie ja in Aachen. Die Blauinnen bedanken sich für die nicht vorhandenen Tore. Wenigstens sind im schwarzgelben Männerteam alle gesund. Und im schwarzgelben Anhang, der ordentlich Stimmung macht.

Kopfball auf der Linie geklärt… AAAAAARGH! Nicht mitgenommen. Block 3 rauft sich die Haare und ahnt wohl schon, dass von solchen Chancen nicht mehr allzu viele kommen werden.Das merkt auch Block 3 rund um die 70. Minute, auch wenn es in andere Worte gefasst wird: „Ey, da unten hat doch auch keiner mehr Bock.“. Zumindest hat offenbar niemand der 22 Akteure ein tieferes Interesse daran, darüber nachzudenken, ob man zwei Punkte liegenlässt oder einen mitnimmt.

Bei Aachen kommt Leandro Putaro ins Spiel (14. Auswechslung?). Ungläubiges Staunen auf Block 3. „Putaro ist da? … Putaro ist da? … Putaro? … Der Putaro?“. Nee, es gibt mehrere Leandro Putaros. Sowieso heißen drei von vier Menschen Leandro Putaro und wir können froh sein, dass kein Schmidt eingewechselt wurde. Für Zynismus ist jetzt Zeit, genauso wie für ungläubiges Staunen. Da auf’m Platz passiert eh gerade nix.

Jetzt haben wir so viel über Aachener Auswechslungen geredet, kommen wir zu Arminias Auswechslungen. Biankadi und Mizuta sind schon seit geraumer Zeit im Spiel. Merv ist mit bedauernswertem Misserfolg um Spielbindung bemüht. Und zu Mizuta erklärt Block 3: „Den hab’ ich noch gar nicht am Ball gesehen.“.

Mizuta gibt es dann aber noch zu sehen, als er die letzte große Chance des Spiels vergeigt. Ja, des Spiels. Denn das Match endet 1:1, obwohl Block 3 verkündet „Die Chancen kommen noch“ und obwohl die ja schon öfter so erfolgreiche Nachspielzeit anbricht – seit dem Aachener Ausgleich ist Alemannia mit dem Auswärtspunkt zufrieden. Arminia ist mit dem Heimpunkt… irgendwie irgendwas. Haben die Blauen jetzt zwei Punkte liegengelassen? Irgendwie schon, da mehr drin gewesen und auch mehr passiert wäre, hätte man nach der ersten Viertelstunde weiter gerackert. Haben die Blauen jetzt einen Punkt mitgenommen? Ja. Steht ja da.

Wie lautet nicht die alte Wahrheit (heute mal wieder retromäßig von Block 3): „Scheiß Spiel, aber wir nehmen’s mit“.

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