Ein Wort: Überragend!- Arminia gegen Eintracht Braunschweig 6:0

Arminia gegen Eintracht Braunschweig – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Gar nicht so einfach, mit der endorphingetränkten Gewissheit des Nachher das Gefühl vom Vorher zu beschreiben. Da sich der Rundumbeobachter aber die unbedingte Chronologie auf die Fahnen geschrieben hat, von vorne….

Vor dem Spiel herrscht vor allem Anspannung. Die Arminen, die aus allen Himmelsrichtungen auf die Alm kommen, sind ernst, planen den Abstieg ein und machen auf dem Parkplatz schon mal Trockenübungen für eine “knapp am Tor vorbei” – Szene. Doch auch die Gäste aus Braunschweig sind angespannt und ernst. “Die können das gut verlieren heute”, wird aus den Reihen der mit gelbem Mottoshirt angereisten Löwen aufgeschnappt. Auch innerhalb der eintreffenden Mannschaftsbusse erkennt man, dass…

Na ja, man erkennt nix. Getönte Scheiben und so. Chancenabgleich mit dem Schreiberkollegen auf Block 3: “Siegwahrscheinlichkeit 20%”. Ja, so in etwa. Die Alm schwört sich optisch ein. Die Jungs machen sich im Mottoshirt der Bochumfahrt warm. Auch die Choreo signalisiert: Heute sind wir zwölf Mann. Eine ostwestfälische Fußballmannschaft und ihr Publikum. Es. Ist. Noch. Nicht. Vorbei.

Arminia gegen Eintracht Braunschweig

Von Anfang an steht diese Zwölfereinheit. Arminia spielt nach vorne und die Ränge sind so laut wie schon lange nicht mehr. Das gilt auch für die Braunschweiger, die ihre Spieler auffordern, zur Legende zu werden. Der Druck war vorher spürbar, nun muss sich zeigen, wer besser damit klar kommt. Keanu Staude zum Beispiel kommt ziemlich gut damit klar. Unser Junior macht herrlich unverkrampft drei Mann nass und…na ja, Jan Hochscheidt hat Pech schuppanscher Ausmaße (Sorry, Schuppi, aber der passte zu gut). Ein interessantes Torjubelgefühl, wenn der Ball nicht in die Maschen einschlägt, sondern gemächlich allen letzten Rettungsversuchen zum Trotz über die Linie kullert. Riesenjubel in der 13.Minute. Ein Wort: JAAAAAAAA!

24.138 Zuschauer auf der Alm. Die Süd ist, wie Zeigler sagen würde, pickepackevoll, oder wie Block 3 sagt: “Gefühl wie im Gurkenglas!”. Richtig, nur nicht so nass. Und im Vergleich zu einem Gurkenglas riecht der ganze Block 3 besser. Wobei: Nix gegen Gurken! Unsere Blauen waren bekanntlich lange Zeit welche. Ein interessantes Torjubelgefühl, wenn es das Tor zum 2:0 ist und der Gegner nicht Aue heißt. Lord Börner dölmert die Kirsche eher klassisch rein. Alles, was Arme hat: UMARMEN! Beachtlich an der Szene: Voglsammer köpft als Vorlage einen verunglückten Flankenball zurück, den er noch vor drei Wochen verlorengegeben hätte. Ein Wort: Läuft!

Die Blauen lassen keine Wünsche offen in Auftritt und Körpersprache. Locke und Tom (Kennt Ihr noch die alten Hörspielkassetten? “Hallo Tom, hier Locke”?) animieren die Ränge, die Ränge animieren zurück. So ganz traut Block 3 dem Braten noch nicht. Klassische Nervosität: “Meeein Gott, spiel’ Dick außen an!”. Obwohl der dazugehörige Freistoß noch nicht freigegeben ist. Eintracht Braunschweig ist angeknockt – Totte Lieberknechts Mannschaft hat sichtlich Probleme mit dem Platzierungsdruck. Unter “Deutscher Sportclub Allez” pfeift Deniz Aytekin zur Pause. Ein Wort: Donnerndes “Deutscher Sportclub Allez”

Halbzeit. Nee, ich bleib’ oben. Angespannt. Geh’ vorbei, Halbzeit. Keinen Hunger. Angespannt. Gestern feierte mein Onkel seinen 70. Geburtstag, Werder Bremen (Lieblingsverein der Patentante) verlor gegen Hoffenheim, tags drauf steht ein Spiel der Blauen gegen Braunschweig an. Jetzt ratet mal, welche Konstellation gegeben war, als mein älterer Onkel anno 2015 70 wurde. Genau. Und Arminia hat verloren. Kann meine Anspannung begründeter sein??! (Ja, einen Tag später komme ich mir auch ziemlich bescheuert vor)

Guter Support auch zu Beginn der zweiten Hälfte. Arminia macht einen auf Handball und kreist um den Braunschweiger Strafraum. Gute Gelegenheit eine erste Lobeshymne abzuspielen: Manuel Prietl. Was der heute rausfightet, ist die Wucht in Containern. Der DSC hat heute Zweikampfwerte, von denen selbst Muhammed Ali nur hätte träumen können. Kleiner Wermutstopfen: Flo Dick holt sich die fünfte Gelbe und ist beim Showdown im Elbsandstein nicht dabei. Block 3 kann sich eine intensive Fischbrötchendebatte gönnen: Gibt’s welche auf der Alm? Ja? Nein? Wo? Warum keinen Bringdienst? Mögt Ihr überhaupt Fischbrötchen?

Lobeshymne, die nächste: Heute spielen die Blauen sogar Konter aus. Hemlein auf Yabo, es steht 3:0. Irrrrrrrrrrrrre! Die seit gefühlt drei Erdzeitaltern höchste Führung der Blauen. Arminia läuft nicht auf drei, sieben oder zwölf, sondern mindestens auf 177 Zylindern, im speziellen Yabo. Voglsammer legt den Ball über den Kopf nach hinten, Yabo köpft ein, Arminia? VIER! Pogo auf Block 3, Bierdusche, Brüllen. Ein Wort: Unbeschreiblich.

Kaum haste Dich wieder erholt, hebeln Schütz und Staude die nun völlig gebrochene Defensive des BTSV auseinander. Arminia hat einen Sahnetag mit Schoko-Topping, aber man darf nicht vergessen, dass die sonst so spiel- und kampfstarke Eintracht heute völlig blockiert ist. Der Junior kommt von halblinks und…wenn alles klappt, klappt alles. Ein Wort: Unvorstellbar. Noch ein Wort: Surreal. Und noch eins: FÜNF. Zu. Null. Gänsehaut auf der Süd, Freudentränen. Und die nächste Lobeshymne: Junior, wat machste Freude!

Lobeshymnen. Eigentlich haben sich alle eine verdient. Hesl – nur als Beispiel – sicher bei Rückpässen und in der Spieleröffnung. Für die absolute Lobeshymne aber nur ein Wort: Reinhold “Ray” Yabo. Der macht etwas in der 76. Minute das…neee, das muss man sehen, um es zu realisieren:

Reicht nicht, nochmal:

Es ist dermaßen wahnsinnig, das muss man neutral bestätigt kriegen. Etwa ein paar Kilometer die A2 rauf:

“Oh wie ist das schööööööööön, so was hat man lange nicht gesehn [in der Tat], so schööön, so schöööön!”. Ein Wort: Schöööön! Zwölf Mann, eine ostwestfälische Fußballmannschaft und ihr Publikum feiern sich zum Abpfiff. Da die anderen Ergebnisse nicht durchgesagt werden und keiner im Umkreis Handy-Empfang hat, entsteht zunächst ein mulmiges Gefühl, als “Der DSC wird niemals untergehn” angestimmt wird. Würzburg wird doch nicht…Aber nein, Lothar beseitigt alle Zweifel. Die Blitztabelle auch. Es gäbe so viele Worte, die diesen Nachmittag beschreiben könnten. Ein Wort: Überragend! Noch eins: Applaus!

Ein Wort ist auch schon gefallen in der allgemeinen Nachbetrachtung: Historisch! Das mag rein statistisch gesehen stimmen. Wahr wird es jedoch erst, wenn der Klassenerhalt die Folge ist. Jetzt bringt es ins Trockene, Ihr Jungs in schwarzweißblau!

Der goldene Klops des Tages geht an…:

Niemanden heute. Vielleicht nächste Woche an Arminia. Aber wer ein solches Ausrufezeichen im Abstiegskampf setzt, sollte sich vor goldenen Klöpsen retten können.

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