Arminia gegen Erzgebirge Aue 2:1 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Es ist Frühjahreswinter 2025 in Ostwestfalen. Kalt und finster. Und Arminia Bielefeld ist ohne Heimsieg. Drei Punkte aus vier Spielen. Ein Sturm, der überall hin weht, nur nicht ins Tor. Zoff mit dem Mannschaftskapitän. Da hilft beim Heimspiel gegen Aue…

…eigentlich nur noch Glühwein. Denkt sich zumindest Block 3, der sich den schweren süßen Stoff becherweise gönnt und die ersten Minuten des Spiels gegen Erzgebirge Aue sturhartnäckigkämpferisch mitgeht: „Zackdaaa!“, „Jawoooll!“, „Hau’n um!“, „Weiß auch nich’, was die in den Glühwein tun.“

Die Blauen haben nichts im Glühwein. Dass die zu Spielbeginn erstmal Gas geben, kennen wir schon. Obwohl… vielleicht haben sie doch was im weinroten Becher. Etwas, dass dann die Beine schwerer werden und den Gegner ins Spiel kommen lässt. Die Gäste aus Sachsen kommen immer forscher in die Partie und sorgen für die erste Schnapp- und Zisch- Atmung auf den Rängen, als ein Ball hinter Kersken an der Torlinie vorbei zischt. „20 Meter vorbeeeei“, feixt Block 3 und macht den Uli- Stein- Gedächtnis- Vorbeiwinker.

Arminia hat so halbe Chancen und ein paar Einschläge auf der Nordtribüne. Sonst passiert nicht viel, sieht man mal von Fehlpässen, Stockfehlern und Festdribbeln ab. Aue hat vor allem Eckstöße, bei denen erstmal keine Zischatmung nötig ist. „Die können zehn Ecken haben und es passiert nix.“, urteilt Block 3. Bis zur Halbzeit hat Aue tatsächlich acht Ecken beisammen. Bis Arminia acht Ecken beisammen hat, ist es vermutlich Zeit für den Jahresendwinter- Glühwein. Den man sich bei einem schwarzweißblauen Eckball getrost holen gehen kann, denn die Ecken sind so gefährlich wie sieben Meter Paketkordel.

Und das Spiel ist Mitte der ersten Hälfte so spannend wie sieben Meter Paketkordel aufwickeln müssen. „Wo ich jetzt lieber wäre?“, sinniert Block 3, „Beim Zahnarzt… im Krankenhaus…“ und denkt über spielentscheidende Szenen nach: „Irgend so ein abgefälschtes Scheißding…“. Spielentscheidend dürfte dann tatsächlich Aues Pfostenschuss gewesen sein. Ein 0:1 hätte Arminia wohl nicht gedreht.

Die Szene komplett: Aue macht es geradlinig und spielt Bär frei, der Kersken mit einem Schuss überwindet, aber nur das Gestänge trifft. Die Alm reagiert mit einem „Oooouuuauuhh…“, das ein verdammt langes und sehr unangenehmes Echo hat. Die Stimmung wird angespannt, die Ränge werden ungehaltener. Arminias Angriffsversuche werden nicht kreativer. Zwar steht es 0:0, aber die Schwingungen sowohl auf dem Platz als auch auf den Tribünen erinnern stark an die Heimspiele gegen Cottbus und Essen.

Wenn wir von Kersken sprechen: der fummelt einen Kopfball von Aue übers Tor und dreht einen Freistoß neben die Kiste. Bester Mann der ersten Hälfte ist unterm Strich unser Torwart mit zwei Paraden. Das sagt was über das Spiel aus…

Halbzeit. Um das Spannungsniveau der ersten Hälfte auch mal im Halbzeitgag der Rundumbeobachtungen unterzubringen – Hier ein Bild von einer unglaublich interessanten Lampe:

Torwart Martin Männel kommt vor die Süd. Einer von nur vier Spielern in den ersten drei Fußball- Ligen, der im Sommer mehr Jahre bei seinem Verein war als Fabian Klos. Und, liebe Mitlesende, wir müssen über die Farbe von Martin Männels Beinen sprechen. Also… entweder trägt der Strumpfhosen oder er war verdammt lange nicht mehr duschen…

Zurück zum Spiel, oder, wie es Block 3 formuliert, „Das Spektakel geht weiter“. Lies: Der schwere Glühwein. Wobei- Arminia geht jetzt wieder etwas entschlossener Richtung Männels Tor. Was wir aber nach einem Wiederanpfiff auch schon kennen. Es gibt gute taktische und spielerische Ansätze. Nur leider sind Ansätze nicht gleichzusetzen mit Erfolg. Oder Punkten. Oder Toren. Oder Torabschlüssen. Findet Block 3 auf seine spezielle Weise übrigens auch: „Wichtig ist, dass der… äääh… Dings mal trifft, so für den Kopf“. Wer der Dings ist, bleibt unklar. Uldrikis oder doch Grodowski?

Jedenfalls treffen weder der Dings noch der Bums noch sonst irgendwer. Arminia hat nicht wirklich eine Chance, Aue hat auch keine mehr. Zurück bei schwerem Wein mit Paketkordel- Bouquet. Die Unzufriedenheit der ersten Halbzeit weicht einer Lethargie. „Bleibt mal cool“, sagt Block 3. Und muss es nicht sagen. Die ganze Alm, auf dem Grün und auf den Rängen ist unglaublich cooooooool…

Einen leichten Aufreger gibt es, als Corboz im Strafraum zu Boden geht und keinen Elfer bekommt. Sonst so? Auer mit Supernamen: Der Kollege, der versucht, sich durch spektakuläre Puzelbäume Freistöße herzubescheißen heißt ausgerechnet Fallmann. Der Kollege Barylla heißt so wie die teuren Nudeln, die man nicht auf die Gabel kriegt. Und was dem Rundumbeobachter zum Kollegen Rosenlöcher einfällt, kann er nicht schreiben, so lange es draußen hell ist.

Das Spiel verwest so vor sich hin. Soll Block 3 Einwechslungen gläubig erwarten? Und wenn ja, wen? Oppie ist es ja nicht mehr so. Und der ist auch schon im Spiel. Die neue Sturmreihe, die gerade eingewechselt ist? Biankadi so ein bisschen… sonst versucht Block 3, den schweren Wein zu verdauen. Auf in die letzten acht Minuten…

Kania dribbelt sich fest. Aue im Ballbesitz. Corboz holt sich die Pille, wemst drauf und… JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA! Block 3, der vorher noch philosophiert hatte, ob es überhaupt eine Torhymne gibt, liegt sich in den Armen. Das kam unerwartet! Das tut trotzdem gut!

Hach ja… Man könnte da jetzt eine Kitsch- Geschichte draus machen. Ein Tor des Willens. Eine Erlösung. Ein „ausgerechnet Corboz“, der sich jetzt noch einmal mit Block J anlegen muss, um in dieser Statistik mit Klos gleichzuziehen. Eine längere Abhandlung darüber, wie Fans und Kapitän miteinander umzugehen haben und die dann für teuer Geld an die vom Thema begeisterten Zeitungen zu schicken.

Aber: Dieses Spiel Arminia gegen Aue, das vermutlich schneller in den Archiven verschwunden ist als ein Schuss von Oppie im Netz, gibt nix her für Kitsch und Abhandlungen. Allenfalls: Die letzten beiden Wochen waren wir damit beschäftigt, jedes Wort, jede Geste, jedes Tun von Mael Corboz auf die Goldwaage zu legen. Wenn das denn nötig ist, sollten wir es mit diesem Tor auch tun.

Bleiben wir also beim Spiel und da kehrt Block 3 wie auch die ganze Alm stimmungsmäßig in sonnigere Zeiten zurück. Endlich wieder Ambivalenz: „Wird auf jeden Fall ein Punkt“ zeitgleich mit „Lass da ein 2:0 draus machen“. Und Arminia macht ein 2:0 draus. Oppie rechts (von Block 3 aus)…WUMM! JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA! Der Rundumbeobachter vermutet, als der Puls wieder normal geht, ein Auer Eigentor, wir aber von Sebi Wiese aufgeklärt: KANIA!

Stimmung, Lautstärke, endlich mal wieder! Die Alm tankt merklich Selbstvertrauen, das auch durch den Auer Anschlusstreffer in der Nachspielzeit nicht erschüttert wird. Kann natürlich auch daran liegen, dass wir nach 82 Minuten schwerem Paketkordel- Glühwein keine Spannung mehr empfinden. Arminia fummelt den Dreier an der Eckfahne nach Hause.

Jui… das war wie ein trockener Glühwein aus dem Sechs-Euro-Regal im Marktkauf. Schwerer Stoff, gut im Abgang. Ob was drin ist? Werden die nächsten Spiele zeigen. Jetzt einfach mal über den Sieg freuen.

Empfehlung: Die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ mit jeder Menge schwarzweißblauer Lagerfeuergeschichten. Das Buch gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?