Arminia gegen FC Schalke 04 1:2 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Und natürlich ist das Wetter so, wie vor zwei Wochen und jedes Jahr zum Oktober in der Linie 4 angekündigt: Mies, grau und nieselich. Gut, es war schon vor zwei Wochen keine Kunst, das anzukündigen – schließlich ist es a) tatsächlich Oktober und b) Ostwestfalen. Logisch, oder?

Der Rundumbeobachter fühlt sich verpflichtet, auf diese Logik hinzuweisen. Andere ostwestfälische Wahrnehmungen, so zum Beispiel von Block 3, sind nicht immer sofort als logisch zu erkennen. Wie beim Einstimmen vor dem Spiel gegen Schalke zum Beispiel. „Schwarzweißblau ist unsere Welt!“ – „Jawoll, schwarzweißblau! Die da drüben sind nur blauweiß, die Schwatten!“. Aha… nun… äääh…

Jedenfalls ist Block 3 sicher: „Die kochen auch nur mit Wasser“. Und die königsblauen Schwatten kochen die ersten fünf Minuten ziemlich heiß- der erste Angriff landet direkt am Außennetz, Schalke schnürt Arminia erstmals ein. Dann beruhigt sich das Spiel und Block 3 stellt fest: „Nicht sehr variantenreich, das Spiel“. Von wem? Von Schalke, die den schwarzweißblauen Strafraum belagern oder von Arminias Kickern, die bis hierhin noch gar nichts variiert haben. Und gerade, als Arminia dabei ist, ein bisschen Kontrolle reinzubringen, legt Kersken den Gästen das Tor auf…

„Clever von Antwi-Adjei“, sagen die Schalker nachher. „Dumm von Kersken“, sagen die Arminen nachher. Wie nah so ein intellektuelles Gefälle doch beieinander liegen kann. Oder auch: Wie nah Komik und Tragik beieinander liegen. Die Fallhöhe von Paderborn- Überleber Antwi-Adjei vom Cleveren zum Deppen liegt ungleich höher als die von Kersken von Pech zu normaler Spielaufbau. Oder auch: So ist halt Fußball.

Wie dem auch sei, der DSC liegt zurück. Und seine Defensive leidet unter ziemlichen Unterhaching- 2023- Schwingungen. Und die schlagen zehn Minuten nach dem 0:1 nochmal kräftig aus, als die Blauen einen Standard nicht geklärt kriegen und den Schalkern das 0:2 vor die Füße flippern. „Da hätte ich auch in der Badewanne liegen können“, motzt Block 3. Keine schlechte Idee beim dem Wetter. Und dem Spielstand.

Zwei Tore hinten… das zeigt Wirkung bei den ostwestfälischen Stollenträgern. „Was machen die da, was spielen die da“, hadert Block 3. „ „Die ersten 10min gingen [na ja, eigentlich auch nicht], dann war’s vorbei mit der Erotik“. Vermutlich verklären die Schalker die beiden Treffer zur Heldentat, so wie sie es immer tun. Schalke, in den letzten Jahren arg gebeutelt, hat schon eine solide Spielanlage, tatsächlich aber hätte es im Spiel bis hierhin keines FC Schalke 04 bedurft, denn Arminia spielt gegen 22… die Gäste und sich selbst.

Und wären 22 nicht schon ein Brett, heißt es etwa ab der 30. Minute: Arminia gegen 23. Dass sich ein schwarzgelb gekleidete Gestalt eine königsblaue Brille aufsetzt, hätten die Schalker wohl auch nicht gedacht. Danach fragen tun sie sowieso nicht. Und es sei vorweg geschickt: Daran lag es nicht, dass Arminia am Ende verloren hat. Doch etwa ab der 30.Minute beginnt der SchiRi mit seiner ganz eigenen Spielauslegung.

Los geht es damit, dass Sam Schreck auf dem linken Flügel abgeräumt wird. Was eigentlich alle Fernsehbilder belegen. Entscheidung: Gelb wegen Schwalbe für Schreck. Weiter geht es damit, dass jeder Zweikampf abgepfiffen und viele davon mit Strafkarte in Kanarienfarbe geahndet werden. Um unfair zu bleiben: Davon sind auch die Schalker betroffen. Wozu großzügige Linie für ein alles andere als unfaires Spiel, wenn man seine Kartons nicht präsentieren kann? Bei „Schwalben“, bei Schimpfen (Grodowski), nach Laune bei Zweikämpfen?

Immerhin: Das scheint ein Weckruf für die Blauen zu sein. Denn ab jetzt gehen sie nach vorne. Als erstes geht Taddel Momuluh auf dem rechten Flügel bis in den Strafraum, zieht ab… und ein Schalker Gantenbein… äh… Abwehrbein in bester Russo- Manier rettet. Na ja, wer schon so heißt wie ein Buch von Max Frisch, wird zu Spektakulärem in der Lage sein.

Mit der Forderung „1:2 und fertig!“ kommt Block 3 aus der Badewanne. Und auch die zwischenzeitlich ein bisschen zerknirschte Süd wacht wieder auf. Wörliiiii… bleibt am Torwart hängen. AAAARGH! Jonnyyyy… Abseits. „Muss er aber trotzdem machen!“, schimpft Block 3. Was ungemein weitergeholfen hätte. Ein irreguläres Tor ändert auch nichts am… lassen wir das. 0:2 zur Pause, es geht mit etwas Applaus und etwas Pfiffen in die Kabinen.

Halbzeit. Ich hab Euch bezahlt, ich hab Euch bezahlt, mit meinen Steuern hab ich Euch bezahlt…

…also darf ich mir was wünschen: Der Hubi soll mich von da oben zur Alm lotsen. Per Funk. Meinetwegen auch per Handy. Und immer schön an den blauen Autos vorbei.

„Neu im Spiel mit der Nummer 30, Isiaaaah…“ – „Young!“. „Fußballgo…na ja…“., ist sich Block 3 nicht sicher. Gut, für die Bezeichnung „Fußballgott“ in schwarzweißblau hängen auch die Trauben hoch. Einigen wir uns bei Isi Young auf ein leidenschaftliches „Manchmal“. Sonst ist Block 3 optimistisch . „Genug Zeit für zwei Tore“.

Und dann ist der Optimismus begründet. Oder, wie Block 3 sagt: „Wird ja nochmal spannend hier!“. Ecke für Arminia- Flanke Lannert und Großer rammt dat Dingen rein! JAAAAAAAAAA!

Und jetzt lassen die Blauen rollen! Sie kämpfen, sie spielen nach vorne! Bestes Beispiel für den Einsatz in schwarzweißblau ist die Rückennummer von Taddel Momuluh, die irgendwann in Fetzen vom Trikot hängt:

Merken für das nächste Binge Shopping im Fanladen: Immer den Momuluh- Test mit der Rückennummer machen. Und laut davon erzählen. „Erstmal Momuluh- Test!“. Macht Euch im Fanladen cooler als die scheußlichen Gartenzwerge. Mindestens.

Arminias Anrennen wird gelegentlich von SchiRi-Kapriolen unterbrochen, der immer noch nicht begriffen hat, dass ein diplomatisches, meinetwegen auch ab und an ein strenges Wort mehr bringt als übertriebener Oberlehrer- Habitus. Und durch die Einwechslung von Brian Lasme auf Schalker Seite, an den wir total tolle Erinnerungen haben. Und das Lasme auch in entsprechender Deutlichkeit mitteilen.

Rennen, kämpfen, spielen… nur ohne richtig fette Torchance. Brüllen, anfeuern, mitfiebern… die Alm ist da! Block 3 ist mal so richtig originell: „Eure Eltern gehen zum BVB“. Der BVB spielt übrigens zeitgleich auf der Postheide. Wo sich die Blauinnen besser schlagen als befürchtet – Block 3 schickt die Schalker Eltern ziemlich genau in dem Moment nach Windflöte, als sie ihren BVB über das 1:1- Endergebnis hinwegtrösten müssen.

Rennen, kämpfen, spielen… nur ohne richtig fette Torchance. Der Ball fliegt Richtung Schalker Strafraum, direkt vor Block 3. Jonny Grodowki geht hinterher… und Torwart Karius checkt ihn in die Bewusstlosigkeit. Wut, Pfiffe, Riesenaufregung auf den Rängen über den angeblich ausgebliebenen Elfmeterpfiff. Die wenigsten merken, dass es ein paar schlimme Momente lang ernsthaft Grund gibt, sich Sorgen um Arminias Rennstier zu machen. Wenn Sanis sofort auf den Platz rennen… Was wir in der Hektik nicht mitbekommen: Schalkes Katić reagiert fantastisch, zieht Jonny die Zunge aus dem Rachen und bringt ihn in die stabile Seitenlage. Klasse! Auch klasse die Reaktion von Jonny, als er nachher als erstes zu Karius geht und beide sich in den Arm nehmen.

Die Folge sind sieben Minuten Nachspielzeit. In denen nichts mehr passiert. Im ersten Spiel vor Publikum gegen Schalke seit dem rassigen Pokalmatch 2019 verliert Arminia mit 1:2. Nicht wegen des SchiRis. Nicht wegen Gelsenkirchener Heldentaten. Sondern weil zwei Baseleien in der Abwehr reichten, um sich um Punkte zu bringen. Immerhin: Die Moral stimmt.

Ach ja, da Sichten auf Unparteiische immer kontrovers sind- hier die Fernsehbilder:
Die man überall sehen kann, außer offenbar im berühmten Kölner Keller. Wenn der VAR nicht eingreift, um Fehlentscheidungen (Hallo Sam Schreck) zu korrigieren, dann man sich den Quatsch endgültig sparen. Ob es in der Szene mit Grodowski und Karius Elfer hätte geben müssen, lässt sich anhand der Zusmmenfassung nicht beurteilen. War in der Situation aber nicht das Wichtigste.
Empfehlung: Die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ mit jeder Menge schwarzweißblauer Lagerfeuergeschichten. Das Buch gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?



