Arminia gegen Gladbach – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Was man nicht alles auf sich nimmt. Da freut man sich ein halbes Jahr lang auf das olympische Mixed-Duell zwischen Norwegen und China im Curling, und dann muss man auf die Alm und Arminia gegen Gladbach gucken… Neeeein, Spaß! Nach etwas Hin und Her unter der Woche sind 10.000 Zuschauer auf der Alm, darunter 500 Gladbacher. Wie schon gegen Köln und gegen Bochum ist die Süd zu, die Ticketbesitzer verteilen sich auf den Rest des schwarzweißblauen Tempels.
Hartherz, nee…dingens…Kunze ist in der Startelf ist. Und Ramos. Und Arabi, nee…dingens…de Medina. Schöpf auf der Bank und Castro auch. Und das, wo Curling läuft. Block B2, der heutige Ersatz-Block3, hat jedenfalls „schon vor dem Anpfiff kein’ Bock mehr“.
Die neu zusammengestellte Arminia liefert sich in den ersten Minuten einen offenes, intensives Duell mit der Elf vom Niederrhein. Tego mit der ersten guten Tat. Die Blauen mit den ersten guten Vorstößen. Gladbach mit Kombinationsfußball. Auf den Rängen stellen sich die Chants zusammen. Durch die Kartenneuverteilung müssen sich die Stimmungsschwerpunkte neu finden. „Bie-le-feld!“ klappt universal, hinten links wird ein „Immer dabei“ gestartet. Unten rechts stehen ein paar Spektanten, die per Pappschild und per Ruf „de Medina für Deutschland“ fordern. Wer erklärt denen das mit der belgischen Flagge?
Auch neu: „Serra, Serra schieß’ ein Tooooor!“. Dazu braucht es einen Anlass und den liefert der Langzeit-Klos in spektakulärer Weise. Er haut Sommer vom rechten Strafraumeck einen in das Senklot. Wir spekulieren auf Block B2- Nicht angegriffen? Sommer überrascht? Haltbar? Später zeigen die Fernsehbilder: Nö. Einfach nur eine geile Kiste!
Ich habe ja schon früher die Theorie geäußert, dass unsere Torhymne, der Cancan von Jacques Offenbach, nie auf der Alm wahrgenommen wird, weil wir alle mit Jubeln beschäftigt sind. Wohl wahrgenommen haben die Gladbacher Torhymne, in der Scooter Maria erzählt, dass sie es laut mögen. Oder fragen, wieviel der Fisch kostet, ich weiß das nicht genau und will es auch nicht wissen. Döp Döp Döp. Dieses kulturell bedeutende Opus singen wir den Gladbachern gleich zweimal vor. Nach Serras Kiste und nach einem Abseitstor von Ginter.
Bis zu diesem Spieltag knirschte es sportlich ordentlich im Fohlenstall. Dass die Elf vom Niederrhein vom Potenzial her deutlich höher als ihr aktueller Tabellenplatz anzusiedeln ist, zeigt sich in den nächsten Minuten. Sie spielen schnell und mit Übersicht nach vorne und zeigen – das Wort habe ich neu gelernt – „Körperlichkeit“. Heißt: Sie gehen sehr konsequent in die Zweikämpfe. Okugawa etwa wird immer von Zweien in die Zange genommen und die sind auch noch doppelt so schwer wie unser Papiergewicht. Also wird Masaya-San mathematisch gesehen sogar von vier Mann in die Zange genommen.
Beim Gladbacher Ausgleich spielen sie das alles aus: Ballgewinn, schnell nach vorne, zwei Seitenwechsel, wumms, drin. Oder die Arminia-Version: Hartherz, nee…dingens…ist schuld. Ramos diesmal nicht, der hat noch eine dicke Kopfballchance kurz vor dem Tee.
Halbzeit. Zum Rauchen vor die Tür. Wie auf Arbeit. Arminia ist ein harter Job.
„Maaaaan, Hartherz, nee…dingens…“… „Der Kunze, eeeeey….“ Hartherz, nee…dingens macht Hartherz, nee…dingens-Sachen. Klar, Kunze hätte treffen können. Klar, Kunze hätte auf Okugawa – ohne vier Gegenspieler – abspielen können. Klar ist Sommer stark. Klar ist Kunze eher selten in dieser Spielfeldgegend und ist kein Wimmer. Aber für die Alm ist Hartherz, nee…dingens eben Hartherz, nee…dingens. Block B2: „Kann selbst Özil besser, der Hurensohn“. Natürlich hat uns Max Eberl von Herzen leidgetan. Arabi raus!
Gladbach führt im Eckballverhältnis mittlerweile mit (ungefähr) 3745:0. Daraus ist zu schließen, dass die schwarzweißblaue Defensive steht. Und dass Arminia bisher noch nicht in die Verlegenheit gekommen ist, durch erfolglose Standards aufzufallen. Immerhin gibt es seit ein paar Spielen die Kategorie „Fast!“. So wie jetzt, als Sommer sich wieder auszeichen kann. Bei einem Schuss von Hartherz, nee…dingens. De Medina. Der deutsche Nationalspieler.
„ARMINIAHAA“- „BIE-LE-FEHEEELD!“ wechselsingt die Westtribüne. Block B2 wird außen vor gelassen. Pöh. Wollt uns nicht dabei haben, was!? Pöööh. Bei einem ist sich die Alm einig: „Bello! Bello! Bello!“ heißt es, als sich der US-Import zum Warmmachen aufmacht. Solche Vorschusslorbeeren haben wir seit UlmUlmUlm nicht mehr verteilt. Schweres Erbe, Bellowuff…gut, das man in Georgia wohl nur wenig von David Ulm gehört hat.
Und Bello darf tatsächlich spielen, fällt aber kaum auf, außer dass ein Ballverlust von ihm einen ziemlich gefährlichen Gladbacher Konter einleitet und er als Anspielstation (noch) von seinen Mannschaftskameraden übersehen wird. Beides ist ihm nicht vorzuwerfen, er reiht sich damit in die Form aller Aktiven in der Schlussphase ein.
Gladbach ist flinker im Mittelfeld unterwegs, spielt aber nicht konzentriert zu Ende. Puh! Arminia versucht den klassischen langen Hafer – Tego auf Klos -, spielt aber nicht konzentriert zu Ende.
Am Ende verliert noch SchiRi …Hartherz, nee…dingens…noch die Linie und sorgt für unnötige Hektik auf dem Rasen. Wehe, Tego, wenn Du den Abstoß ausführst, solange ein Ball auf Deinem Tornetz liegt. Wehe, Wimmer, wenn Du zu früh in einen Freistoß hineinhüpfst, da sperre ich Dich doch glatt mal für Hoffenheim. Ähnlich wie der Kollege beim Köln-Spiel pfeift er ab, während er sich eine Verletzungsunterbrechung anguckt. Ach ja. Endergebnis Arminia gegen Gladbach 1:1.
Und? Sind wir damit zufrieden? Nicht so? Auf dem Weg von Block B2 zum Siggi ist ein sehr breites Meinungsbild rundumzubeobachten. „Sie hatten doch Chancen.“ – „ Hartherz, nee…dingens muss den machen!“ – „Gladbach war stark, da haben wir echt Glück gehabt“. Nun, dass heute Sommer und nicht Tego der Fänger-Held ist, spricht gleichermaßen für unsere Offensive und unsere Defensive. Dass Angriffe wie zum 1:0 im Netz und nicht wie noch vor zwei Monaten im Seitenaus landen spricht für Arminias spielerische Entwicklung.
Wenn die Fohlen ihre Angriffe besser ausspielen, hauen sie den Blauen drei rein. Wenn die Blauen mit der Nervenmonster-Motivation vom Frankfurt-Spiel ins Match gehen, hauen sie den Fohlen drei rein. Also endet es verlaufsgerecht 1:1. Vielleicht hat Sommer in der 65.Minute einen entscheidenden Schlüsselmoment verhindert. Ein Tor von Hartherz, nee…dingens…de Medina nach einem Standrad- das wäre es gewesen, oder?
Wie ist eigentlich das olympische Mixed-Duell Norwegen und China im Curling ausgegangen? Ich war für Norwegen…
Das Wort des Tages ist: „Zweig“. Oder auf portugiesisch: „Ramos“. Guilherme Magro Pires Ramos räumt heute hinten alles weg, was seine Vorderleute nicht wegräumten. Körperlich, immer auf Ballhöhe, hellwach, bis in die Locken motiviert. Damit war er nicht nur ein standesgemäßer Pieper-Ersatz, sondern hat so gespielt, wie man es sich von der ganzen Truppe gewünscht hätte.