Arminia gegen Herford 4:2 – „Keine Umarmung, Sie sind verklebt“

Arminia gegen Herford 4:2 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Da geht man von Arminia gegen Herford und der Aufstiegsfeier direkt in den Job und irgendwann merkt man: Hui, jetzt isses schon Donnerstag…höchste Zeit, die Rundumbeobachtungen nachzureichen. Und an den mehr als netten Anlass denkt man gerne zurück, ich denke, das sieht die Leserschaft auch so.

Arminia gegen Herford

Die Schillerstraße ist nett hergerichtet. Bowflags, schwarzweißblaue Girlanden. Alles ist bereit für die Aufstiegsparty der Blauinnen. Aaaalso: Arminia-Songs auftreten, eine große Flasche Sekt und eine noch größere Flasche Maracuja-Schnaps öffnen und alles in den Schlund, was reinpasst.

Ach ja, …vor die Feier haben die Programmgestalter noch ein Derby gegen den Herforder SV Borussia Friedenstal gesetzt. Der Nachbar hat Klassenerhaltsparty. Vielleicht. Denn wo die Abstiegszone der Regionalliga West beginnt, ist nicht so klar. Die verschiedenen Möglichkeiten hat der ehemalige Liga-Konkurrent der Blauinnen, der SV Bökendorf, zusammengefasst – wer will, kann alle Ergebnisse recherchieren, die Liste im Bild abstreichen und gucken, in welcher Liga Herford dann spielt…was für ein Mumpitz.

Eins ist wenigstens klar: In knapp zwei Stündchen gibt es Maracuja-Schnaps für die Blauinnen. Also lass kicken. Der Kick ist locker. Es geht fröhlich zwischen den Strafräumen hin und her. In der 12. Minute bringt Arminia zum ersten Mal richtig Schwung aufs Kunstrasenparkett: Abschieds-Celine stzt sich auf Rechtsaußen durch. Bella (Wuckel: „Anna“-Rest vom Team: „Bella“-Lisa Lösch: „Anna“) Jäger schiebt am langen Pfosten ein. Wahuuu! bei Fans und Mannschaft. Aufmunterndes Trommeln der Herforder Schlachtenschummler.

Von irgendwo kommt Applaus. Immer bei Spielszenen, wo er nicht passt. Wo kommt das her? Welche Bande von Schüsselrissen beklatscht einen Einwurf? Aufklärung erst, als der Applaus von einem „Jawoll, den Tie Break holst Du Dir auch“-Schrei begleitet wird. Nebenan wird Tennis gespielt, aaaaaaaach soooo….Ja. Jetzt weiß ich es. Der Applaus ist entzaubert. Nervt mich aber immer noch. Die Blauinnen nicht so. Sophia Tiemann legt von links zurück an die Strafraumgrenze. Lisa Lösch trocken, flach, humorlos und maracujaschnapsfrei unten neben das Gestänge. 2:0.

Sonst ist es ein lockerer Kick. Auch das Publikum ist gut drauf, zur Feier sind noch ordentlich Zuschauer mehr gekommen. Das bedeutet auch mehr qualifizierte Statements auch zu unkonventionellen Spielzügen. Als ein Querschläger fast die Stativkamera von FUPA.TV lyncht, schallt es „Oh, die Aufnahme ist verwackelt“ aus der schwarzweißblauen Philosophenversammlung am Spielfeldrand. Lockerer Kick, 2:0 zur Pause.

Halbzeit. Zum Muttertag haben sich die Blauinnen was nettes ausgedacht. De iure: Sektbar. De facto: Bierbanktisch mit ein paar Pullen Casino-Limonade. Aber der Zweck heiligt die Mittel. Was den Spielerinnen ihr Maracujaschnaps, ist dem Muttertag sein Sekt. Also alles in den Schlund, was reinpasst. Das macht der hungrige Rundumbeobachter zeitgleich mit seiner Bratwurst und stellt fest, dass sehr heiße Sachen seeeehr langsam den Schlund runterrutschen. Auaaaaaa.

Es ist ein lockerer Kick, auch zu Beginn der zweiten Halbzeit. Lisa Lösch revanchiert sich bei Sophia Tiemann für den Tor-Assist, indem sie ihr das 3:0 auflegt. Danach ist es ein lockerer Kick. Schauen wir vor der Party mal nach lustigen Details. Welchen Job macht wohl der brillenbewehrte Linienrichter im real life? Musiklehrer oder doch Sparkasse?

Es ist ein lockerer Kick (falls ich das noch nicht erwähnt habe), alle warten auf die Party. Malin Wilckens schickt einen standesgemäßen Abschiedsgruß- volley in den Winkel. Als kurz darauf ihre Zeit bei Arminia endet und sie ehren-ausgewechselt wird, bekommt sie Sprechchöre von der Seite und Knuddel von jeder Mitspielerin. Spiel geht weiter, es ist ein lock…Ihr wisst schon. Der SchiRi erläutert eine Freistoß-Entscheidung und weiß nicht, ob er dabei zuerst an einer unfreiwilligen Anstößigkeit oder doch lieber später an westfälischer Grammatik scheitern soll: „Oben am Schieben, unten am … äääh… Bein…äääh… am stellen“.

Die Ehren-Einwechslungen gehen weiter. Neele Winkler darf ins Tor und noch einmal für Arminia ran – auch sie verlässt den DSC. Lockerer Kick, mittlerweile warten nicht nur Publikum („Nie meeehr dritte Ligaaaa“) und Auswechselbank („Arminiahaaaa…“) auf die Party, sondern auch die Damen auf dem Platz. Und so wird Neele Winkler die Ehre zuteil, Arminias letzte beide Gegentore in der Regionalliga zu kassieren.

Das erste ist ein schöner Freistoß von Lena Schulte…Mensch, die kennwa doch. Ist sowieso ein kleines Familientreffen: Hüben wie Drüben spielen einige Frauen, die letzte Saison noch drüben und hüben spielten. Fürs Archiv: Das 2:4 aus Herforder Sicht erzielt Kristina Lazic, alldieweil die gesamte Schillerstraße „Oh, wie ist das schön“ singt. Und dann ist es soweit! Hoch die Hände, Regionalliga? Ende!

Humba mit dem Spielfeldrand, Welle mit dem Spielfeldrand. Keine fünf Minuten brauchen die Blauinnen, um die Maracuja-Schnaps-Buddel, sowie diverse Sekt- und Bierbehältnisse um einiges zu erleichtern – zur Beruhigung: Das meiste landet nicht im Schlund, sondern auf Mitspielerinnen. Vor allem Wuckel verteilt fleißig literweise Kribbelwasser in der Gegend.

Malin Wilckens werden nachher noch Gratulationen verweigert mit der Begründung: „Keine Umarmung, Sie sind verklebt“. Wuckel hat am nächsten Tag zu Protokoll gegeben, dass er noch leicht verkatert sei. Da kann man ja von Glück sagen, dass er Sekt und Bier nicht komplett in seinen Schund, sondern auf seine Mädels gefeuert hat.

Dann kommt die Abschiedscours. Emotional wird es, als Maxi Birker verabschiedet wird. Wuckel selbst hält ihr die Abschieds-Laudatio, in gewohnt kerniger authentischer – und damit umso mehr rührender – Wuckel-Rhetorik. Nicht nur Maxi selbst hat einen dicken Kloß im Hals. Der löst sich aber, als Wuckel „Maxi Birker!“-Sprechchöre anstimmt.

Die meistens von Euch haben mein Video und mein Foto-Album gesehen. Daher fasse ich die Abschiede und den offiziellen Es-gibt-Medaillen-und-Pokal-Teil kurz. Lena Funke, Malin Wilckens, Lea Malin Mößinger, Moana Fabienne Rahe, Neele Schubert, Neele Winkler, Friederike Schaaf und Celine Preuß haben alle zum Erfolg der Blauinnen beigetragen – viel Glück für die nicht mehr schwarzweißblaue Zukunft! Dann gibt es kein Halten mehr, Welle, Humba, Tanzen, feiern, einfach nur glücklich sein und „Arminia international“ röhren. Ein paar lustige Fotos gehen noch:

Ein Aufstieg ist immer ein bisschen Abschied. Nicht nur von verdienten Mitstreiterinnen. Es ist der Abschied von der Schillerstraße. Der Umzug nach Windflöte ist ein weiterer Schritt der Professionalisierung der Blauinnen, ein weiterer Schritt in der hervorragenden Abteilungsarbeit. Es ist der Abschied von der Regionalliga, die nicht mit der individuellen Klasse Arminias mithalten konnte.

Es ist ein Aufbruch in die Zukunft. Der Aufbruch in eine Liga, bei der sich ein birniger Verband alle Mühe gegeben hat, sie verquer zu machen. Niemand weiß das besser als die Blauinnen, die vor Jahresfrist Opfer einer wackligen Strukturreform wurden. In der Zweiten Liga gehen die Auswärtsfahrten nicht mehr nur durch NRW, sondern durch die ganze Republik.

Das Leistungsniveau der Zweiten Liga hat durch die Eingleisigkeit deutlich zugelegt. Die zweite Liga wird von Bundesligareserven dominiert, die sich in ihren Sportinternaten, bei ihren Großsponsoren und zu Testzwecken bei ihren ersten Mannschaften bedienen und damit der Entwicklung anderer Clubs noch mehr im Weg stehen als im Männerbereich. Hoffen wir, dass der Hashtag #wirsindwiederda auf den Aufstiegs-Shirts der Blauinnen zu einem #unddableibenwirauch wird. Rein fußballerisch haben sie jedenfalls das Zeug dazu.

Die Blauinnen machen den nächsten Schritt in die Zukunft. Möge sie für diese sympathische Fußballmannschaft eine glückliche sein!

Ach komm, ein Feiervideo noch!

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