Eher traurig – Arminia gegen Kaiserslautern 2:3

Arminia gegen Kaiserslautern – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Arminia gegen Kaiserslautern also…und das nach dem erneuten Gammelmodus in Fürth. Nun ja. Seit über drei Jahrzehnten hört der Rundumbeobachter Iron Maiden, seit über zwei Jahrzehnten guckt er die Simpson. Bei beiden ist im Großen und Ganzen nichts mehr los, aber irgendwie hofft man doch noch auf das nächste Meisterwerk.

Arminia gegen Kaiserslautern

„Liebe Fahrgäste, viel Spaß beim Fußballspiel“, sagt der Fahrer der Linie 4. Allerdings sagt er nicht, welches Spiel er meint. Und ganz sicher ist sich Block 3 auch nicht. „Auch da?“ – „Muss ja.“ Wir haben für ein ganzes Jahr bezahlt.

Arminia gegen Kaiserslautern

Wie immer gibt es einige Startelf-Veränderungen und das Tempo der Blauen (heute: Weißen) ist recht hoch. Ein paar nette Kombinationen, zwei bis drei robuste Zweikämpfe. Wo das Tor ist, muss noch herausgefunden werden. Kämpferisch stimmt es. „Die Aufstellung kann man öfter so bringen“, orakelt Block 3. Nun, dann muss sie sich einspielen, robuste Zweikämpfe führen und herausfinden, wo das Tor ist. Mit 11 Punkten nach 14 Spielen. Alles ziemlich verzwickt in Ostwestfalen…

Zur 20. Minute hat Bezahl-TV wahrscheinlich schon fünfmal die Ballbesitz-Statistik eingeblendet und Arminias Anteil gebührend gelobt. Das Tor müssen sie aber immer noch auf der Karte suchen (für die Jüngeren: „Karte“ ist sowas wie „Navi“, nur auf Papier und mit Windrose). Block 3 macht das, was jeder nach fünfmal Ballstatistik und fünfmal „Sie sind ja sooo engagiert“ macht: Ungeduldig werden. „IHR Spieler müsst für den Spaß sorgen“. Das stimmt natürlich so nicht. Man kann auch ohne Spieler Spaß haben. Der Fahrer der Linie 4 weiß bestimmt, wie.

Arminias Spiel nach einer halben Stunde lässt sich am besten mit „umständlich“ beschreiben. Oder mit „Springer Vier auf Springer Sechs“ (Block 3). Tatsächlich führt der DSC eine neue Bedeutung von Rasenschach ein: Stoppen, Stehenbleiben, Überlegen, Notizen machen, Querpassen, Rückpassen, Überlegen, auf die Karte oder das Navi gucken, Abschirmen, „Ja, einfach mal auf die Tribüne hauen, maaaan“. Immerhin- die Tribüne ist eine Anspielstation bei der man zu hundert Prozent davon ausgehen kann, dass sie den Ball auch bekommt. Und ihn angestoppt kriegt.

Wir dämmern Richtung Pause. „Massenflucht!“ heißt es auf Block 3, der allmählich beginnt, seine Ver- und Entsorgungsreisen aufzunehmen. Gegenüber im Lauterer Strafraum geht Lasme zum Ball hoch, sein Gegenspieler geht zu Boden runter. Pfiff, Lsame hat schon geeelb, der SchiRi hält den Zweikampf für gelbwürdig, Ampel für Brian. War schwer zu sehen von Block 3, im Bezahl-TV heißt es nachher: „Kaaann man geben“.

Und das sagen die immer, wenn sie die Gemüter beruhigen wollen. Ob die Szene spielentscheidend war, ist müßig zu überlegen (kann aber sein). Allerdings: Hack wird zweimal in Strafraumnähe wegrasiert, da gibt es kein gelb. Ein Lauterer kann wie wild auf den Gegner einstochern- kein Gelb. Die erste Verwarnung für die Gäste gibt es in der Nachspielzeit. Vermutlich, damit der SchiRi gut schlafen kann. Guter SchiRi-Schlaf ist aber nicht gleichzusetzen mit „Verhältnismäßigkeit“. So was ähnliches hat ihm wohl auch Scherning mitgeteilt, der auch eine Gelbe kriegt.

Halbzeit. Der Pedda ist da und hält den Schnauz in die Bezahl-TV-Kamera. Pedda ist der Wunschtrainer vieler Arminen. Weil der Arabi auch nicht mag. Ich mag keine Fischstäbchen. Und die nervige, aufgedonnerte Mittfünfzigerin, die letztens in der Straßenbahn in Düsenjägerlautstärke telefonierte, wird meine neue Chefin. Denn die mag auch keine Fischstäbchen.

Es geht weiter. Die Teilnehmer der „Massenflucht“ bekommen die Causa Lasme erklärt- „Oah nöööö…“. „Jetzt hilft nur noch Kampf“! Das beruhigt außerordentlich…

Und Arminia kämpft sich tatsächlich ins Spiel. Das Tor ist sogar zu sehen. Jedoch handelt es sich um die Arminia von 2022, die Gegentore so kassiert, wie sie Gegentore eben kassiert. Überflüssiger Ballverlust beim 0:1. Stellungsfehler beim 0:2. Früher gab es pro Spiel einen obligatorischen „Börner-Klops“. Heute gibt es obligatorische Irgendwer-wird-ihn-schon-machen-Klopse. „Wir ham die Schnauze voll“, brüllt Block J. „Wir ham die Schnauze voll“, zieht die Süd etwas widerwillig nach.

Wenigstens fallen die Blauen nicht auseinander. Und sie entdecken das Tor und lassen das mit dem Rasenschach. Erst trifft Rzatkowski die Latte. Dann holt sich Okugawa den Ball, rennt Kaiserslautern davon, spielt die Kugel scharf rein, Hack versenkt. JAAAAA! „BIE-LE-FELD! BIE-LE-FELD!“, schallt es von Block J, der eben noch die Schnauze voll hatte.

Und auch der Rest der Alm ist da! „MOTIVATIOOOOON“, brüllt Block 3. „Bleib mal sachlich hier“- „Tööööten!“ – „Geht doch.“. Klünter wird im Strafraum gelegt – im Eishockey nennt man das Bodycheck-, Hack haut den Elfer REEEEEEEEEEEEEEEIN! „Doppelhack“ schreibt der kicker. Ein Spielstand wie ein Mettbrötchen. „Auf geht’s, Arminia, Kämpfen und Siegen!“, skandiert die Süd, die eben noch die Schnauze voll hatte. Die ganze Ammbivalenz des ostwestfälischen Fußballguckens innerhalb von 20 Minuten.

Von 0:2 auf 2:2…wiederholt sich 2018? Der damalige Siegtorschütze ist jetzt jedenfalls auch auf dem Platz. Die Stimmen überschlagen sich: „Klooooos!“. Die Stimmen überschlagen sich: „BIE-LE-FELD! BIE-LE-FELD!“ – bis dann doch das 2:3 fällt. Für alle der Fangschuss.

Ein Spiel, nachdem wir traurig nach Hause gehen, Aktive und Passive. Zu recht, für sich genommen. Kampf in Unterzahl nicht belohnt, der Punkt wäre verdient gewesen. Für sich genommen. Aber wieder keine Punkte, mehr bleibt nicht unterm Strich. Außer vielleicht, wenn Arminia die Kämpfertugenden ausnahmsweise mal mit in ein Auswärtsspiel nimmt. Na ja, Paderborn ist ja nicht so weit weg, vielleicht fühlt sich das heimatlich genug an.

Applaus gibt es für Daniel Halfar. Hat gute Babyface-Gene. Auch, wenn er deswegen noch mit 25 beim Bierkaufen nach dem Ausweis gefragt wurde.

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