Arminia gegen Meppen 1:5 – Kalte Schauer bei Sonnenschein

Arminia gegen Meppen 1:5 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Die Blauinnen. Wieso heißt es beim Rundumbeobachter „die Blauinnen“? Ist es ein neues Gendering-Kapitel in der humoristisch aufbereiteten schwarzweißblauen Literatur? Ist es nicht scheißegal? Ist es, obwohl Arminia Arminia ist, die Verdeutlichung, dass anstatt „der Blauen“ „die Blauinnen“ Protagonisten des Textes sind? Will er jetzt alle ärgern? Ist es eine originelle neue und eigenständige Bezeichnung für Arminias Frauenteam mit einer guten Chance auf allgemeinen Sprachgebrauch? Man weeeeeiß es nicht…

Arminia gegen Meppen

Jedenfalls muss es wohl einer dieser Gründe sein, warum es ab jetzt hier auch „auf der Postheide“ statt „an“ oder „in“ oder „drunter“ oder watweißich heißt. Klingt gut, referiert einen verdienten Arminenpräsidenten und sieht so aus:

Die Sonne scheint, 300 Zuschauer kommen zum Gastspiel des SV Meppen. Guter Zuschauerzuspruch, der hoffentlich auch in den gemütlichen Jahreszeiten durchhält. Arminia hat sich einiges vorgenommen. Die spielstarke Meppener Offensive soll sich an einer Fünferkette festbeißen, die Blauinnen kontern.

Leider ist es mit Fußballtaktiken so wie beim Joggen gehen: Man kann es sich noch so vornehmen, ein kalter Schauer macht den Vorsatz zunichte. Der kalte Schauer hört auf den hochprozentigen Namen Maike Berentzen und erzielt die Führung für die Emsländerinnen. Und der Schauer hat die Blauinnen kalt erwischt. Zwar motivieren sie sich, versuchen es mit langen Bällen, doch Meppen ist immer einen Tick schneller und auch in den Zweikämpfen robuster.

Die Meppener im Publikum sind es zufrieden. Ausnahme: Ausschließlich für sie sichtbare Fehlentscheidungen. Ganz Problematisch. Einwürfe. „Das sieht der DFB wieder nicht!“. Es sei denn, es ist zugunsten des SVM, dann…Ihr kennt das. Einer behauptet: „Der SV Meppen ist der SC Paderborn des Frauenfußballs!“. Und diesen Vergleich hat nun wirklich keine Mannschaft verdient.

Wuckel wechselt bereits nach zehn Minuten das erste Mal, jetzt ist es eine Viererkette, der Ball fliegt lang auf die Außenpositionen oder flippert fröhlich durchs Mittelfeld. Auffälligste Blauin der ersten Halbzeit ist Sophia Tiemann, die auf Linksaußen einige Meter macht, die Kameradinnen lautstark anfeuert und einem ins Aus gekullerten Ball auch mal bis auf den Parkplatz hinterher rast. Dat nenn ich Einstellung, ey!

Die Moral ist bei den Blauinnen ja nie das Problem. Ist es auch heute nicht, sie fighten, rennen, passen, dreschen langen Hafer, aber irgendwie wirkt das kopflos. Der SV Meppen nicht. Vor allem Vivien Endemann wirbelt die schwarzweißblaue Abwehr ein ums andere Mal gehörig durcheinander. Irgendwann kommt sie im Strafraum an den Ball, hat Zeit zum Zielen – das sind so die Augenblicke, da denkt man: „Oh je, oh je…“ und irrt sich nicht. 0:2. Oh je, oh je.

Doch dann ist er doch da, der Moment der Blauinnen. Und wie so oft manifestiert der sich in Sarah Grünheid, die aus der Distanz einen Heber versenkt. Anschlusstreffer und bis zur Pause keine Zeit, den Moment zu verlängern.

Halbzeit. Auf der Postheide gibt es Wertkarten. Wertkarten sind toll! Man kann sich an dem bunten Papier erfreuen! Man kann darauf lesen, dass die Mehrwertsteuer inklusive ist! Man kann auf die Rückseite schnell eine gute Textidee notieren! Und wenn dann noch Zeit ist, kann man Kaffee, Kuchen, Stehfraß und das Kaltgetränk seiner Wahl damit bestellen und den Gegenwert abstreichen lassen. Problematisch ist allerdings der Pfand – den muss man in realen Münzen drauf legen. Und jetzt kommen die SturHartnäckigKämpferischen, wollen ein Getränk, das nicht mehr auf die Karte passt, den Rest in bar nachzahlen, den Pfand abgeben, den Pfand wieder zurückbringen, und am Ende auf getrennten Wertmarken bezahlen. Unfassbar geniale Szenen. Ich. Liebe. Wertmarken.

Zu Beginn der zweiten Hälfte etwas erfreuliches: Laura Liedmeier ist nach Kreuzbandriss wieder da. Tapfer spielen sie und die Blauinnen nach vorne, doch für die Meppener Hintermannschaft zu durchsichtig. Gelegenheit, mal zu gucken, was das Publikum so macht. Jemand hat eine Fantaflasche in der Hand und versucht, eine Erdnusstüüte zu öffnen. Das Manöver geht schief, jetzt hat er Fanta Erdnuss in der Pulle.

Leider ist es mit der Tapferkeit im Fußball so wie beim Joggen gehen: Ein kalter Schauer macht es zunichte. Diesmal ist der kalte Schauer Yu Ishikawa, die einen Konter um 1:3 vollendet. Wuckel steht an der Seitenlinie, brüllt Motivation und Taktik auf die Postheide, bis er von der ausgesprochen wagemutigen LiRi ermahnt wird. Derweil plant jemand im Publikum, Stephan Salger für seine Spielweise anzuzeigen und einzusperren. Möönsch, hat Florian Hartherz ein Glück, dass die Todesstrafe abgeschafft ist. Mannomann….

Sarah an den Pfosten! Sarah mit Nachschuss! Nix. Publikum wird unruhig und äußert das im ostweszfälischen Idiom: „Schieß mal schneller die Scheiße“. Auch wenn die Blauinnen unterlegen sind – und mit Verlaub: Leider sind sie das heute – man kann sie eigentlich nie abschreiben. Kampf stimmt, nur sollte das Runde vielleicht mal ins Eckige, wenn das hier noch…1:4. Das hier wird nicht noch. Da ist das 1:5 schon fast egal.

Der SV Meppen hat den Blauinnen die Grenzen aufgezeigt. Der Matchplan ist schief gegangen. Trotzdem ist Wuckel nach dem Spiel die coolste Sau des Tages. „Ergebnis nicht überbewerten!“, salbadert ein Emsländer Gast. Wuckel dreht sich im Vorbeigehen um und pariert, den Kopf nach oben: „Wir wissen, woran es lag.“. Na, dann kann in Frankfurt nächste Woche ja nix schiefgehen. Wir sehen uns da.

VAR (Visuell aufmerksamer Rundumbeobachter):

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