Arminia gegen MSV Duisburg 1:6 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Länderspielpause. Doof…was!? Die Frauen spielen? Arminia gegen MSV Duisburg? Ist die Postheide jetzt näher an der Innenstadt? (Nein! Und?) Da fahren am Sonntag doch so selten Öffis hin (Halbstundentakt. Außerdem ist Samstag und Länderspielpause). Und ist da immer noch unüberdacht? Man weiß ja nie, wie das Wetter wird…(perfekter Spätsommer).
Es ist DFB-Pokal, und da gelten keine Ausreden. 424 Zuschauer sind dann auch nach Windflöte gekommen. Die Stimmung ist gut, mit Choreo zum Einlauf der Mannschaften. Ran an den Speck, Blauinnen gegen Zebras.
Die Mädels vom MSV Duisburg haben zuerst den Ball. Flanke von rechts, Kopfball, drin. Nach ein paar Spielsekunden steht es 0:1. Und im Prinzip kann man es jetzt kurz machen. Mit dem frühen, eigentlich sogar frühstmöglichen 0:1 ist Arminia und damit dem Spiel der Zahn gezogen, der MSV spielt strukturiert und mit der Souveränität des Bundesligisten, der Zweiklassenunterschied ist die ganzen 90 Minuten über da, isso, machste nix dran, irgendwann macht Jocy Hampel den verdienten Ehrentreffer. Aber wir machen es nicht kurz. Wenn wir für Nicht-Zuschauer keine Ausreden gelten lassen, lassen wir die für Chronisten erst recht nicht gelten.
Okay, die Zebra-Damen treffen also mit dem ersten Angriff zum 0:1, kurz darauf den Pfosten, nach 24 Minuten, in dem sie die schwarzweißblaue Defensive komplett ignorieren, wieder ins Netz zum 0:2. Und die Blauinnen? Nun, die rennen, werfen sich rein, kämpfen, kratzen, beißen…aber es ist wie beim Heidenröslein von Goethe (um mal völlig übertrieben literarisch zu werden): Kann stechen, wie es will, gepflückt wird es trotzdem.
Röslein wehrte sich und stach, half ihm doch kein Weh und Ach, musst’ es eben leiden. Auch beim 0:3 ist den Duisburger Mädels die hinterher hechtende und grätschende Blauinnen-Abwehr herzlich wumpe. Arminia findet nach vorne kaum statt, die Angriffsversuche verhungern im Duisburger Stellungsspiel.
„Die waren halt besser“ ist eine gern gebrauchte Phrase bzw. Ausrede nach Niederlagen in Fußballspielen. Und dieses Pokalspiel unter der Senner Sonne ist der beste Beweis, dass diese Floskel zwar die Realität trifft (Erste Liga + Dritte Liga = Postheidenröslein), aber doch zu kurz greift. Denn Arminia war nicht schlecht. Über die eigene Leistung sagt das Gefasel viel zu wenig aus. Auf der anderen Seite gibt es auch die Weisheit „Fußball ist Ergebnissport“. Setzt Euch gerne mit diesem ballsportphilosophischen Konflikt auseinander. Ich nicht, ich habe eine Ausrede. Es ist Pause, ich hol’ne Wurst.
Halbzeit. Ich hasse Wäsche waschen und nehme jede Ausrede gern an. Wäsche aufhängen hasse ich noch mehr und nehme jede Ausrede gern an. Den Spielerinnen des MSV Duisburg scheint es ähnlich zu gehen. Irgendwann sind die Trainingsleibchen ausgegangen, so dass man sie zum Waschen auf die Postheide mitnehmen und dort aufhängen musste. Wie sonst erkläre ich mir das hier:
Weiter geht’s. Neben dem Platz werden die obligatorischen Scherzereien gemacht: „Jetzt gibt es die Sensation, pass auf!“. Auf dem Platz wird noch die allerletzte Sensationshoffnung ziemlich schnell ausgeknipst: Nach 50 Minuten steht es 0:4. Wieder die Abwehr ausgespielt. Trainer der MSV Duisburg-Frauen ist übrigens kein geringerer als Thomas Gerstner. Ja, der Thomas Gerstner, der mal die undankbare Aufgabe hatte, Arminias Profis nach einem Bundesliga-Abstieg wieder in die Spur zu bringen. So strukturiert und taktisch diszipliniert wie die MSV-Mädels heute haben Delura, Federico, Lamey und Co. damals aber nie gespielt. Welche Ausrede die wohl hatten…?
Also, 0:4, spätestens jetzt ist das Spiel gelaufen und wird von beiden Teams runter gejoggt. Das ist übrigens keine Ausrede für schlechte Stimmung. Der Support ist das ganze Spiel über gut. Und wenn wir bei Ausreden beim Support sind: Wenn man den klassischen Wechselgesang „ARMINIJHAAA!“ – „BIELEFEHEEELD!“ einmal anstimmt, muss man jedes Mal beim Wechselgesang auch wieder mitmachen.
Und wenn wir schon Thomas Gerstner als prominenten Gast erwähnen, haben wir keine Ausrede, die Spielleitung als besonders prominent hervorzuheben. Die SchiRi ist keine geringere als Katrin Rafalski, vor kurzem noch einzige Vertreterin des DFB bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland. Hat ihren Job ordentlich gemacht. Und eine tolle Ausrede parat, um sich für nicht gepfiffene Elfmeter für die Blauinnen zu rechtfertigen: Es kam nicht zu entsprechenden Situationen im Strafraum, weil Arminia da kaum war.
Aber kommt jetzt, ihr Postheidenröslein vom DSC, ein Tor habt Ihr doch verdient. Ein 0:5 ist damit nicht gemeint. Fällt aber trotzdem.
Gemeint war ein Ehrentreffer fürs Fotoalbum, als Lohn für die Anstrengung, als…JAAAAAA! Das 1:5! Ja, da darf man jubeln. Jocy Hampel (wie anfangs erwähnt) wird am Elfmeterpunkt freigespielt und schießt flach neben den Pfosten. Das lassen die Duisburgerinnen allerdings nicht als Ausrede gelten und erzielen sofort nach Wiederanpfiff das 1:6. So geht es dann auch zu Ende.
Kommen wir abschließend nochmal auf „Die waren besser“ zurück. Das ist natürlich keine Ausrede, um nach dem Spiel fröhlich zu sein. Dass sind die Blauinnen nicht. Gegner aus der Bundesliga hin und her, niemand verliert gern mit 1:6.
„Die waren besser“ ist aber auch keine Ausrede für Regionalliga und Westfalenpokal. Denn dort kann und wird Arminia Spiele gewinnen. Einige. Jawoll! Also: Weitermachen!
Für zeitloses Lesevergnügen ist die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ empfohlen. Da stehen viele Lagerfeuergeschichten drin, auch über die Blauinnen. Und Thomas Gerstner. Die Fibel gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?