Arminia gegen Pauli 1:1 – Eine Frage der Absicht

Arminia gegen Pauli 1:1 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Hochlaufen zum Siggi. Wieder Massen in Schwarz, Weiß und vor allem Blau. Ungewöhnlich: Wer heutzutage alles Bier verkauft:

Arminia gegen St.Pauli

Es kribbelt. Vor dem ersten Spieltag gibt es noch keine Anspannung im Sinne von „Das muss heute gewonnen werden“. Da gibt es einfach nur Vorfreude. Deswegen reagiert die Masse vor den Einlasstüren sogar vergleichsweise moderat, als die Startelf mit Salger und Hartherz langsam durch sie durchsickert. Aber keine Sorge, das werden wir auch in dieser Spielzeit wieder schaffen. Knallvoll ist die Hütte, die Stimmung ist gut und laut, von beiden Seiten. So, Saison 2019/2020. Gib Dein Schlimmstes, Arminia ist bereit!

Die Statistiken nach dem Spiel Arminia gegen St.Pauli weisen den Blauen 19 zu fünf Torschüsse (höhö, 1905, höhö), etwa 70 Prozent Ballbesitz und eine Passquote von rund 90 Prozent aus. So spielen sie auch. Zwar ohne Torchancen, aber aus einem Guss. Block 3 erkennt das natürlich sofort: „So viele Ballkontakte wie heute hatten alle noch nicht.“. Sagt sich natürlich einfach am ersten Spieltag, wo alle bei Null anfangen. Aber so ist Block 3: Man erkennt die Absicht, was gesagt werden will.

Der Ball läuft und läuft, ohne in Tornähe zu kommen. Wie eine Karussellfahrt im Kreisverkehr: Es geht rund, es ist lustig, dass es rund geht, nur irgendwann sollte man zum Zweck des Zielerreichens mal abbiegen. Aber rund geht es. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten, außer St. Pauli. Rund geht es auch auf den Tribünen. Lauter, begeisterter Support. „Voglsammer, Deine Hose…“, staunt Block 3, „Die scheuert Dir doch die Oberschenkel wund!“. Wasn Quatsch! Vogis Schenkel scheuern die Hose wund, so sieht dat aus!

Woanders bimmelt jede Viertelstunde die Kirchenglocke (Münster), hier gibt es jede Viertelstunde die Blitztabelle. Ein beängstigend großer Anteil der heutigen Spektanktenschar hat vor dem Spiel die Tabellenführung des DSC vorausgesagt, so auch jetzt auf Block 3: „Drei Tore brauchen sie? Vorm Eingang haben sie erzählt, vier…“ Ooooooh, sollte etwa vor dem Eingang Quatsch erzählt worden sein? (Reißt sarkastisch die Augen auf) Das gab’s doch noch niiiiiiiiiiie…

(Macht die Augen entsetzt wieder zu) Und da isses passiert. Zum ersten Mal spielt der FCSP absichtlich nach vorne und geht in Führung. Die schwarzweißblaue Raumdeckung deckt den Raum. Allerdings den falschen. Salger bleibt allein, muss sich für einen Raum entscheiden, trifft seine Entscheidung und Coneh das Tor. Salger ist bis zur Pause der Buhmann auf Block 3. Jetzt sind wir soweit, dass wir uns über die Startelf aufregen. Na endlich!

Halbzeit. Die verbringe ich auf Block 3. Fressbudenkommunikationstechnisch ist das, was ich vor dem Spiel dort hören durfte, eh nicht mehr zu toppen: „Ich hab einen Pommesfetisch“. Viel Spaß mit den Bildern im Kopf…

Zweite Runde! Arminia hat nun die ernsthafte Absicht, Tore zu schißen. Yabo mit einem fuchsigen Heber an UnterkanteOberkiefer! Clauss!! VOOOOGI! Block 3 wartet auf den Ausgleich. „Es flutscht!“. Neenee, lass es gehen, laufen, meinetwegen krachen, aber nicht flutschen…hab noch das Bild vom Pommesfetisch im Kopf…

Leider setzen die Blauen ihre Absicht erstmal nicht um. Trotzdem gibt es Grund zum Jubeln. Nach der neuerlichen Blitztabelle (im Moment braucht Arminia tatsächlich vier Tore) wird die Zuschauerzahl eingeblendet. Wow! Geil! Spitze! Wir sind wieder wer! Und liegen 0:1 hinten…

Tja, und dann passiert, was passierte. Jeder hat die Szene gesehen, live und in -zig Wiederholungen. Jeder hat das Bild gesehen, auf dem Buballa guckt wie Lurchi mit Bauchweh. Jeder hat Formulierungen wie „Absicht“ (juristisch nicht nachweisbar), „vergrößerte Körperflächen“ (wer denkt sich so eine verquaste Sprache aus?), „unnatürliche Bewegungen“ (im Reflex die Hand auszustrecken ist sehr wohl natürlich…und regelwidrig) oder sogar „obere Extremitäten“ (ARME! ES SIND SCHEIßE NOCHMAL ARME!!) von sich gegeben.

Getroffen wurde eine Entscheidung, die in der Situation niemand nachvollziehen konnte, aber wohl irgendwie richtig ist. Jedenfalls habe ich die Alm lange nicht mehr so aggressiv erlebt wie in dieser Situation. „Irgendwie richtig, aber schwer nachvollziehbar“ ist einer der fetten Punkte auf dem Minuskonto des VAR. Um es mit der Südtribüne zusammenzufassen: „Ihr macht unsern Sport kaputt!“

Immerhin spielen die Blauen weiter ihren Stiefel runter. Und dem besten Arminen des Tages ist es vorbehalten, eine Clauss-Ecke einzuköpfen. Prietl rennt wie eh und je, hat an Dribbelstärke, Kopfballstärke und Passgenauigkeit deutlich zugelegt. Er hat sich in diesem Spiel belohnt – und die Alm erlöst. Jubel, Bierdusche, LASST UNS TANZEN!

„Wenn sie jetzt noch gewinnen, steigen sie auf!“, fantasiert Block 3. Dazu soll es aber nicht mehr kommen (also…zum Gewinnen). Das erste Saisonspiel endet mit dem ersten Saisonpunkt für Arminia Bielefeld.

Haupterkenntnis sollte eigentlich sein, dass Luft nach oben ist und einiges dafür spricht, dass die in den nächsten 33 Spielen auch geatmet wird. Aber leider….

VAR (Visuell aufmerksamer Rundumbeobachter):

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