Arminia gegen RW Essen 1:2 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
„Neuer Tag und neues Spiel, der Sieg ist unser Ziel“, singt die Südtribüne, als das Gastspiel von Rot- Weiss Essen bei Arminia zehn Minuten alt ist. Der Sieg war übrigens schon unser Ziel zehn Minuten zuvor bei Anstoß.

Oder eine Stunde zuvor beim Almauftrieb. Oder tags zuvor in der Pressekonferenz. Eine zehnte Spielminute ist potenziell ein guter Zeitpunkt, mit der Realisierung unseres Ziels „Sieg“ zu beginnen. Allerdings tun die Blauen das nicht so richtig. Rot- Weiss Essen auch nicht. Es ist so ein leichtes, harmloses Hin und Her, in dem Arminia öfter den Ball und Essen die forscheren Vorstöße hat. Torwart Golz (Jakob, nicht der gute alte Richard) von RWE fängt einen Schuss unseres Winterschlusseinkaufs Grodowski ab.

Ein paar Worte zu Joel „Johnny“ Grodowski, da auf dem Spielfeld halbe bis keine Sachen passieren: Er spielt „jetzt in den richtigen Farben“ (Zitat Sebi Wiese), versucht viel, muss noch Bindung finden… ach ja, und er ist der zweite Joel im Kader. Perspektivspieler. Vielleicht.

Etwas mehr als eine Viertelstunde ist rum. „Rot! Weiss! Essen! F*icken und Vergessen!“, trommelt die Süd. Gute Gelegenheit, Hagen Rethers Klassiker an Block 3 los zu werden: „Kennt Ihr den: Wenn das Essen sein soll, wie sieht dann Kotzen aus?!“. Jaaaaaa, Kotzen ist eine Gemeinde im Brandenburgischen, ich weiß. Und es ist schöner als Essen, weiß ich auch. Für die pointenresistenten Schlaumeier den Witz also nochmal: „Wenn das Bielefeld ist, wie sieht dann Gütersloh aus?!“. Viel komischer,’ne!?

Jedenfalls kotzt uns Essen einen rein und wir brechen ins Essen. Die schwarzweißblaue Defensive kriegt eine Flanke von rechts nicht weg geklärt, ein Rot- Weisser hält die Quante rein und die Gäste führen. Block 3 hadert: „Verdient ist relativ… erste Torchance, gleich drin.“ – „Macht Arminia doch immer so.“ Tja… Es scheint mal wieder so zu sein, als genüge es, die Blauen laufen zu lassen und sie mit einem glücklichen Treffer auszuknipsen. Das hat man offenbar doch nicht im letzten Jahr ablegen können.

Vom Eingang zu Block 3 ließ sich gut ausmachen, dass das 0:1 auch kein Abseits war (die Umstehenden hatten kurze entsprechende Beratungen). Ja, der Rundumbeobachter ist mal wieder für die erste Halbzeit im Eingang steckengeblieben. Wie es da ist, gibt es hier oder hier oder hier in ausführlicher Kurzweil zu lesen. Lassen wir das mit den Episoden aus dem Eingang heute mal. Okay, bis auf die: „Wo sind die anderen?“ [steht allein im Eingang, sieht sich suchend um]. Die anderen. Das ist genau so relativ wie die Essener Führung. Genau genommen ist die ganze Tribüne voller „Anderer“.

Oder die: „Die Ecke für Essen nehme ich noch mit.“ – „Es gibt Einwurf. Für Arminia.“ – „Okay, dann gehe ich jetzt Pipi- Ohne Brille is’ doof.“

Tatsächlich ist es für das Spielgeschehen weniger relevant, ob es Einwurf für Essen, Ecke für den DSC oder alles dazwischen gibt oder ob man Pipi geht. Als sich Arminias Angriffsbemühungen schließlich auf Querpässe zwischen Kersken und seinen Vorderleuten reduzieren, gibt es die ersten Pfiffe. Und auch Block 3 muss ganze Lastwagen voller Aberglaube bemühen. „Da fliegen zwei Tauben! Dann gibt es gleich ein Tor. Es gibt immer ein Tor, wenn zwei Tauben da fliegen.“ Jajaja… letztens sah ich 17 Tauben über den Jahnplatz fliegen und der Bus war trotzdem nicht pünktlich.

Ein Tor fällt natürlich auch nicht. Letztens habe ich eine Doku über Schrebergärten gesehen und gelernt, dass bei einem Schrebergarten ordnungs-, satzungs- und vorschriftsgemäß ein Drittel des Grundstücks Anbaufläche sein müssen. Das hätte Rot- Weiß Essen auch mit dem eigenen Verteidigungsdrittel des Spielfelds machen können. Schön umgraben, Radieschen pflanzen, gießen, ernten und verkaufen. Kein Armine hätte ihnen die Beete zertrampelt.

„Kein Biss!“, sagt Block 3 zur Pause, nachdem vorher „Mach!“, „Schieß den Ball nach vorne!“ und „Da geht’s laaaaang!“ so erfolgreich waren wie die Taubenbeschwörung.

Halbzeit. Wieso sieht das RWE-Logo auf der Anzeigetafel eigentlich so zerfleddert aus? Auf Photoshop versucht, das Logo aus einem Bild herauszuschneiden und das hat dann nur so halb geklappt? Nicht schlimm, ich kenne das. Vollstes Mitgefühl!

Neue Halbzeit, neues Glück und wiedereinmal die faszinierende Fähigkeit von Block 3, nicht nur gleichzeitig optimistisch und fatalistisch zu sein, sondern auch beides gegeneinander zu relativieren. „Rückstand? Egal!“ – „Na ja, so egal ist das jetzt auch nicht…

Arminia ist leicht energischer unterwegs. Gelegentlich trampeln die Blauen nun doch durch die Essener Radieschen- Saat. Der Einsatz stimmt. Nur gilt das, was eigentlich bei den die Blauinnen zu beobachten ist, heute auch für die Kerls: Einsatz und Bemühen, gut und schön, nur klappen muss es. Sonst geht der Faden verloren. Und so isses dann auch. Nach ein paar mehr oder weniger elegnt vorgetragenen Angriffen (Block 3: „Was macht Ihr da!?“) bricht Essen durch und erzielt das 0:2. Und Block 3 bringt den Klassiker: „Beim nächsten Spiel komm’ ich nich’, ey“.

Bei Rot- Weiss Essen wird Kaito Mizuta eingewechselt. „Der darf gerne das 1:4 schießen, gönne ich ihm“, hatte man in der Linie 4 zum Spiel noch gewitzelt. Hö. Höhö. Sarenren Bazee, Kania und Biankadi kommen als neue Sturmreihe bei Arminia aufs Feld und da wird das schwarzweißblaue Spiel tatsächlich besser und zwingender.

Die Alm stimmt das Gänsehautentzündungs- „Immer dabei“ an. Und nach ein paar guten Chancen bugsiert Bazee die Pille tatsächlich über die Linie. Komischer Torjubel. Zeit wäre genug, um noch aufzuholen. Aber irgendwie glaubt keiner mehr daran. Oder ist bei diesem Spiel so träge geworden, dass keine Lust mehr vorhanden ist, daran zu glauben. War dann auch nicht nötig. Nach der Auftaktpleite gegen Cottbus geht auch das zweite Heimspiel in 2025 verloren.

Arminia hat im eigenen Spielbericht eine hübsche Formulierung: „Es sollte vorerst aber nicht für den erhofften Ausgleich reichen.“ Die Phrase bezieht sich auf die erste Viertelstunde der zweiten Halbzeit, lässt sich aber auch weiter gefasst verstehen. Es soll vorerst aber nicht für irgendwas Erhofftes vielleicht aber auch trotzdem aber warum auch nicht. Und genauso fühlt sich Arminia derzeit auch an. Bitte etwas mehr Konzept und Präzision rein. Nicht nur in Spielberichtsphrasen!
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