Arminia gegen SC Freiburg 3:1 – Elfmeter entschieden

Arminia gegen SC Freiburg 3:1 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Seit 2005, seit 2006, aber spätestens seit 2015 wissen wir: Wenn die Alm zum Flutlicht- Pokalspiel ruft (zumindest im DFB- Pokal), wenn der Tempel knallvoll ist, wenn es eine Choreo gibt, dann kommt etwas ganz Besonderes.

Es ist nicht so, dass wir etwas Besonderes erwarten. Es ist so, dass wir etwas Besonderes fühlen. Etwas, das noch weiter über den eh schon intensiven Alm- Roar hinausgeht. Wo selbst die „Der hat schon Gelb“- Witzchen einen nervösen Unterton kriegen. Block 3 sammelt Choreo- Reste ein und verkündet mit Schnappatmung: „Das … schmeiße … ich, wenn … die … zur Ecke kommen… hichhichhechel…“.

Arminia gegen SC Freiburg

Sebi Wiese bittet darum, die Eingänge zur Südtribüne frei zu machen. Im Gegensatz zum Hannover– und zum Köpenick– Spiel ist der Rundumbeobachter ausnahmsweise mal nicht betroffen- der hat sich rechtzeitig auf den Block gewurstelt, hihi. Dann erzählt Sebi Wiese noch, dass es heute einen Videou Ässistänt Räffärie gibt. „Na toll,“ findet Block 3, „Wie ich uns kenne, scheißt der uns wieder richtig rein.“

Arminia kickt nach drüben, auf die Nordtribüne. Ginter und Günter spielen auf die Süd. Und Block 3 hat erstmal keine Gelegenheit, die eifrig zurecht geknüllten Choreo- Reste auf Freiburger Standard- Spezialisten zu feuern. Denn Ecken hat Arminia. Und auch das erste „OOOOUH!“ gehört den Blauen, als Freiburg bei einem Schuss noch ein Bein dazwischen kriegt. Die Stimmung groovt sich ein.

Und dann leisten sich die Blauen ihren einzigen dummen Moment im ganzen Spiel. „Hau ihn doch weg“, brüllt Block 3, als Großer am eigenen Strafraum vor zwei Freiburgern etwas zögerlich mit dem Ball am Fuß ist. Und den Ball verliert… „HAU IHN WÄÄÄÄÄCH!“. Großer haut einen Freiburger wech. Nix zu rütteln am Elfmeter für Freiburg.

Endlose Momente vergehen. „Mann, Du Arsch… [dann Blick zum Nebenmann] Du auch!“. Lersken wird vom SchiRi eingeparkt. „Den hälta!“. „Komm, Kersken, komm…!“. Pfiff- Schuss- JAAAAAAAAAA! Kopfball- JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!

Es ist der erste entscheidende Moment des Spiels. Sowohl sportlich – Es wäre schwer geworden, ein 0:1 gegen die spielstarken Badener aufzuholen, als auch für die Stimmung. Die Alm feiert den gehaltenen Elfer in brutaler Lautstärke und ist von da an richtig wach.

Gesänge von der Süd, „BIE- LE- FELD! BIE- LE- FELD!“ von der West. Gebrüll, Mitfiebern. Arminia über rechts außen, da hinten, vor der Nord. Ball auf Lannert, der schießt… Torwart Müller fliegt, das Netz vibriert. Stimme überschlägt sich, um den Hals fallen, rechts ein paar Leute den Zaun hoch. Abklatschen. Hüpfen, schreien. Arminia führt. Durch das nächste Hammertor.

Mannomann, Chris Lannert. Spart sich wie Becker sein Debüt- Tor im schwarzweißblauen Dress für besondere Momente im DFB-Pokal auf. Sein Tor gibt Arminia nochmal eine Fuhre Kohle unter den Kessel. Köpfe sind oben, die Pässe kommen an, die Blauen gehen forsch zur Sache. Und die Ränge brüllen. Block 3 vergisst vor lauter „BIE- LE- FELD! BIE- LE- FELD!“ sogar, den tatsächlich ersten Eckenschützen der Freiburger mit zerknüllter Pappe weg zu feuern. Na ja, die Bewaffnung ist eh beim 1:0 geflogen.

Und dann kommt er tatsächlich, der Moment, in dem der VAR reinscheißt. Nicht bei Arminia. Der VAR scheißt grundsätzlich rein, aber das ist ein anderes Thema. „HAND!“, brüllt Block 3, der die Szene am anderen Ende der Alm natürlich genau gesehen hat. Corboz beschwert sich beim SchiRi, un der Kapitän dürfte es besser gesehen haben. Der SchiRi sieht nicht, der hört. Einflüsterungen aus dem Keller unter dem Vereinsheim von SpoHo Köln. Dann läuft er an die Mittellinie vor die Ost und sieht. Oder guckt. „Wenn er schon gucken geht, dann macht er Elfer“, bibbert Block 3. Die Anzeigetafel hilft nicht wirklich weiter…

SchiRi dreht sich um, macht das VAR- Winkewinke und zeigt Richtung Punkt. JUBEL! Und da sind sie wieder, die endlosen Momente vor der Ausführung eines Strafstoßes, die besonders schwer zu ertragen sind, wenn die eigene Mannschaft das Tor auf dem Fuß hat „Bittebittebitte…“, wimmert Block 3, krallt sich in den Zaun. Oder die Jacke des Nebenmanns. „Mach ihn rein… gibt sonst zuviel Nachspielzeit“ (Man muss es erleben, nicht verstehen).

PFIFF! Kania. Müller nach rechts, Ball nach links, … JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA! ZAUN HOCH! HÄNDE NACH OBEN! KOMMT AN MEINEN HALS!

Der zweite Elfmeter des Abends stellt die Weichen. Sportlich und für die Stimmung. Und so lang ist die Nachspielzeit dann gar nicht.

Halbzeit. Mal die Jacke auf Block 3 ablegen. Kann man so machen. Nicht, dass den Leuten auf Block 3 nicht zu trauen ist, aber eine weiße Jacke in den Dreck, der sich darunter über eine Saison ansammelt…

„DEUTSCHER… SPORTCLUUUUUB, ALLEZALLEZALLEZ ALLEEEEEEEEEZ, ALLEZALLEZALLEZ ALLEEEEEEEEEZ,ALLEZALLEZALLEZ ALLEEEEEEEEEZ, DEUTSCHER…“. Die Alm ist mit Wiederanpfiff wieder auf Flugzeuglärmstufe. Auf dem Platz gehören die ersten Minuten der zweiten Dreiviertelstunde den Gästen, die den Bielefelder Strafraum umkreisen. Ohne die Blauen ernsthaft in Gefahr zu bringen, geschweige denn den Adrenalinpegel auf Block 3. Nach zehn Minuten hat Arminia die Sache wieder im Griff. Und die Ränge stimmen den Gänsehautentzündungsklassiker an. Immer dabei, ob nah oder weit, in Ewigkeit!

Mannschaft und Tribüne tragen sich an diesem Abend gegenseitig. Und so hört man während der Freiburger Drangphase nur ganz vereinzelt sowas wie „Befreit Euch!“. Und der Anschlusstreffer der Breisgauer hat ebenfalls kaum Schreckmoment. Nur eine Stimme irgendwo hinten sagt „Scheiße.“. „Wat!? Der Gregoritsch ist jetzt in Freiburg??“ Scheint so…

Normalerweise ist es ja so, dass nun zum lauten Brüllen so eine unterschwellige Nervosität hinzu kommt, etwa „Wir sind so nah dran ander Sensation, bitte nicht mehr verdaddeln“. Heute nicht, oder kaum. Die Alm ist auf Vollgas, die Blauen spielen weiter. Der SC Freiburg spielt gut, aber Arminia ist heute einfach besser. Beispiel ist das Wiedersehen mit Hochgeschwindigkeitsballstreichler Ritsu Doan, der es heute mit Hochgeschwindigkeitsballgranatwerfer Louis Oppie zu tun hat. Hat in den ersten Minuten des Spiels noch Oppie (erfolgreich) Doans Kreise gestört, ist es mehr und mehr der Japaner, der den immer offensiver spielenden Oppie entschärfen muss.

Die Vernunft sagt: Das kann noch kippen. Das Gefühl sagt: Blödsinn, ey! Corboz und Kania scheitern am eingewechselten Torwart Atubolu. Dazwischen wird jeder gewonnene Zweikampf, jede geklärte Aktion, aber auch jeder schnelle Pass nach vorne gefeiert. Die Alm donnert!

Platz, Konter, ÄÄÄÄÄYYYYY! Vorteil, Corboz, schön auf Oppie, „OPPPIIIE“ … Der Rest ist einfach nur Tier. Nur, dass dies Tier nicht zu 80 Prozent aus Wasser besteht sondern zu 95 Prozent aus Endorphin. „Ey, beim 3:1 habe ich so viel Bier ab bekommen, das war der ganze Block“, schnappt der Rundumbeobachter nach dem Spiel auf – „Nee, das ist doch schon auf mir gelandet.“

„Ein Ball, ein Schuss, ein Schrei, ein Tor, BIEEEELEFELD VOR!“

„ARMINIAAAAAAAA, DU SPIELST SO SCHÖN, DRUM LASS UNS AUF DIE ALM JETZT GEHN!“

„BERLIN! BERLIN! WIR FAHREN NACH BERLIN!“

„WIR SIND IMMER DABEI, OB NAH ODER WEIT, IN EWIGKEEEEIT!“

Ja, es wartet ein schweres Auswärtsspiel in Dresden. Aber lasst uns einfach mal diesen Moment, diesen Abend genießen.

Fotos zum Spiel

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