Arminia gegen SGS Essen II – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Interessante Szene im Vereinsheim/Cafeteria/Thekenraum und sie hat mal nix mit Wertmarken zu tun: Der SchiRi kommt rein und bittet hektisch um Tempotücher. „Meinem Linienrichter läuft heftig die Nase, das ist nur so ein Jüngelchen…“. Greift sich etwa zwei Paletten Servietten und ab.
Aachen ist ausgefallen, Arminia gegen SGS Essen II ist also die April-Premiere für die Blauinnen. Die Bauernregel sagt bekanntlich: Der April macht, was er will. Beim Wetter auf der Postheide tut er das definitiv. Von Sonnenschein, Regen, Hagel ist alles dabei. Ähnlich Hin und her sind die ersten Minuten des Spiels.
Der LiRi mit der Laufnase hat eine Statur wie Mara-Lotta Finger und verlegt erstmal eine schneidige Blauinnen-Grätsche außerhalb des Strafraums. Das Foul, zugegeben, war so tief im Strafraum wie damals Jacques Cousteau im Pazifik, aber vielleicht guckt Jüngelchen ja mit der laufenen Nase…Sein Chef übrigens auch. Begrenzt schlaue Frage seinerseits: „Will den Freistoß irgendwer schießen?“. Unbegrenzt zynische Antwort blauinnenseits: „Nää, keiner.“.
Schon bald wird klar: Das wird kein Spaziergang heute. Die Zwote aus Schönebeck macht im Mittelfeld das, was der April mit dem Fußballwetter macht: Was man will. Über die Flügel stoßen die Essenerinnen oft gefährlich vor und die schwarzweißblaue Defensive um Hausi-Sandra und Tor-Lisa müssen alles reinhauen, was sie haben.
„Lotta, mach Dich breit!“, brüllt Tor-Lisa, als Essen mal wieder einen Freistoß kriegt. Jetzt ist Mara-Lotta Finger nicht unbedingt für das Attribut „breit“ berühmt…sagen wir mal, sie hat eine Statur wie ein LiRi mit Laufnase. Oder noch anders: Es ist einfacher, beim Freistoß ein Tor zu treffen als eine Lotta, wie breit auch immer. Bemerkenswert, weil die Essenerinnen genau das trotzdem schaffen.
Die Blauinnen machen übrigens auch, was sie wollen und das ist: Über rechts spielen. Der linke Flügel ist völlig verwaist, der erste Angriff über links nach 35 Minuten gilt dem abgestellten Kaffee des Rundumbeobachters und geht knapp vorbei. Am Kaffee. Der zweite ist schon besser: Leonie Heitlindemann kann einen langen Ball auf halblinks erlaufen und ihn in den Kaff…äh…Kasten stochern. Das Tor kam aus (zu diesem Zeitpunkt tatsächlich) heiterem Himmel.
Kurzer Exkurs: Frau Schneider kann fliegen. Glaubt Ihr nich’? Hier ist das Beweisfoto aus Menden:
SuperFrauSchneider. Die von ihrem Trainer „Schneiderchen“ geheißen wird. SuperFrauSchneiderchen. Und kurz vor der Halbzeit muss sich die berechtigte Frage stellen: Is it a plane? Is it a bird? Is it a Fruchtfliege? No, it’s SuperFrauSchneiderchen. Ich mache einfach mal den Miraculix vor der Akropolis und sage „Staunt, Freunde, staunt!“ (Ab Minute 47:20). Traumtor! Schneiderchenscher Geniestreich!
Halbzeit. 2:0. Warum über links fast nur Kaffees gekillt wurden? Weil im wechselhaften Wetter der Wirbelwind Jupi fehlt. Die ist international mit dem Kosovo unterwegs. War die deutsche Frauennationalmannschaft übrigens auch, und zwar in Ostwestfalen. Wer was Positives vom Samstag sehen möchte: Hier sind Fotos vom 3:0 gegen Portugal.
Apropos positiv: Zu Gast ist eine ukrainische Familie, die aus einer Dortmunder Notunterkunft von Aktiven der Frauenfußballabteilung auf die Postheide eingeladen wurde. Wie unendlich wertvoll solche Gesten sind, zeigt die Freude des jüngsten Familienmitgliedes am Spiel, an der Atmosphäre und am Arminia-Schal.
Kurz zurück zu Hälfte Eins: Da hatten die Blauinnen die erste Ecke. Die brachte nix ein, aber Arminia beendete den ersten Abschnitt mit zwei Toren im Rücken. In der zweiten Halbzeit hat Essen die erste Ecke.
Die bringt nix ein. Das heißt im Umkehrschluss doch wohl nicht, dass…
…doch. Ein paar Zeigerumdrehungen sind in der zweiten Runde gespielt, als die Schönebecker Damen auf 2:1 verkürzen. Danach hat die SGS ordnetlich Auftrieb…schwierige Phase für die Blauinnen, die zwar kämpfen, aber kaum nach vorne kommen.
Wer beim Hinspiel war, wird sich erinnern an Brüllofix, den Gästetrainer. „ClickClickBumm“ und so. Heute erweitert er sein Vokabular um weitere Anweisungen. Zu „„ClickClickBumm“ gesellt sich zum Beispiel „Quatschquatsch“. Oder ein ebenso lautes wie gutturales „Rutsche!“. Wahrscheinlich alles Taktik. Wenn ich „Rutsche“ sage, dreht Ihr Euch alle um Euch selbst, bis Euch schlecht wird. Bei zweimal „Click“ und dreimal „Quatsch“ spielt Ihr über rechts, dröhnt den Ball auf den Biergarten, zieht Euch die Stollen aus den Töppen und baut daraus einen Turm. Die Postheide hat eine eher pragmatische Sicht aus die Wirkung der codierten Kommandos: „Hören die das hier vorne überhaupt?“
Die Mannschaftskapitänin der SGS ist da weitaus weniger kryptisch. „Weiter, Essen!“ brüllt sie über den Platz. Und das ist ein Kommando, das kapiere selbst ich. Weiter, Essen bis zwei Wertmarken voll sind, yeah!
Folge des Schönebecker Drucks ist das 2:2. Auch hier ein Umkehrschluss der ersten Halbzeit. Für Arminia erzielt SuperFrauSchneiderchen das zweite Tor, für Essen…Rambo. Eigentlich Rambow, aber das „W“ ist bei Schönis Durchsage stumm. Rambo(w) ist übrigens nicht verantwortlich für die drei gelben Karten der SGS.
SuperFrauSchneiderchen gegen Rambo – klingt wie ProSiebens Sonntag Abend am Sonntag Nachmittag. Das Actionheldinnen-Duell endet 1:1, der Rest vom Spiel 2:2. Ein gerechtes bis glückliches Unentschieden, die über Ostern gleich zweimal ran müssen. Am Samstag Nachholspiel in Bochum, am Ostermontag zu SpoHo Köln. Und Köln isser Rundumbeobachter mit dabei, das wird prima. Und wer sich diese Spielansetzungen ausdenkt, legt auch ein Länderspiel parallel zuzr Bundesliga. Ob wir die Fahrt nach Aachen wohl auf einen Donnerstag Abend nachholen dürfen? Irgendwie sowas, gell!?
Das Wort des Tages ist „ Schneiderchenscher Geniestreich“. Dreimal hintereinander fehlerfrei aufsagen, bitte! Am besten nach vier Pilsetten.