Kloß. Mit „ß“ – Arminia gegen St-Pauli 1:2

Arminia gegen St-Pauli 1:2 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Man kommt zur Alm, will unschuldig Arminia gegen St.Pauli gucken und das erste, was man hört, ist: „Sollten die nicht schon längst gestorben sein?“. Steht es schon so ernst um die Blauen? Oder was war der Zusammenhang? Am Eingang kriegt man nie, aber auch gar niehiemals den Anfang und das Ende mit. Aber das ist ja auch das Schöne daran. Sei’s drum. Zweiundzwanzigeinhalb sind da, niemand soll den Teutoburger Wald erobern und unser Herz schlägt nur für Dich…Keine Zeit mit Nostalgie verschwenden, es geht um was. Ran an die Kiezkicker!

Arminia gegen St-Pauli

Alle sind giftig, die Fans auf den Rängen und unsere schwarzweißblauen Edeltreter auf dem Grün. Beide beteiligten Arminengruppen legen ein gutes Tempo vor. Aber auch der Hamburger Stadteilclub hält dagegen. Auffällig ist Arminias linke Seite mit Lucoqui und Staude. Beide stehen in der Startelf und setzen alles daran, auch da zu bleiben. Lucoqui setzt sich links durch und Staude feuert Höllenmann in den Himmel. Wilder Jubel auf der Süd. Sieben Minuten durch, 1:0 für Arminia. „Die können ja Fußballspielen“, jauchzt Block 3. Ein Tor kann echt befreien.

Auch die Spielerköpfe werden freier. Der DSC spielt wacker nach vorne und passt hinten gut auf. Seit fünf Niederlagen – gefühlt 30 – in Folge kämpft Arminia, beißt Arminia, presst, gewinnt Zweikämpfe. Auch Philipp Klewin rettet wunderbar. Edu schießt, Fabi zwingt eher zufällig den Höllenhimmeldings zu einer guten Reaktion. Es läuft…und steht leider nur 1:0.

Das mit dem Zweikämpfe gewinnen ist heute übrigens so eine Sache. Beim Zweikämpfe gewinnen kommt es darauf an, sich den Ball durch regelkonformen Einsatz der eigenen Physis zu erobern. Die Spieler bringen zwei der drei Aspekte mit: Ball und Physis. Über den dritten Aspekt, die Regelentsprechung, entscheidet heute etwas, das aussieht wie Meister Propper. Dessen Regelauslegung ist in beide Seiten fraglich. „Guck Dir die Haare von den Augen!“, beschwert sich Block 3. Pff … Welche Haare, Meister Propper. Vor allem: Welche Augen? „Blindfiiisch!“. Danke. Bitte.

Kurz darauf landen Fabi und sein Kiez-Kontrahent in der Bande. Unser Presslufthammer kassiert eine fragwürdige Gelbe. Nun hat der SchiRi alle, wirklich alle gegen sich. „Meeein Gott, das war noch nicht mal’n Foul, so schüttele ich nicht mal Sand ab!“, wettert Block 3. Hin und her geht es auf dem Rasen, spannendes Spiel. Wieder kann Klewin den Schnapper machen.

Und dann gibt es Freistoß für St. Pauli statt Einwurf für Arminia (oder andersrum, kann auch sein). „Jungs, räumt mal einen ordentlich ab und guckt was dann passiert!“, schlägt Block 3 vor. Dann gibt’s Abstoß. Selbst Jeff rastet aus. Wäre es nicht sowieso viel lustiger ohne SchiRi? Mal so als Freund des Fußballsports gefragt. Egal, Arminia geht mit Führung in die Pause.

Halbzeit. Beim Bier- und Wurst holen gibt es drei Aspekte: Nahrung (fest, flüssig), Warteschlangen und Menschen ostwestfälischen Blutes. Und da geht es auch ohne Regeln und gelbe Karten. Man stelle sich vor, da würde ein SchiRi die Regelung übernehmen. Oder der SchiRi von heute. Keine zwei Minuten, und wir hätten Massenschlägerei. Unter Leuten, die sonst so friedlich Treppen hoch gehen, dass es Rückstau bis Dortmund gibt.

Beim FCSP kommt der Niederländer Henk Veerman in die Partie – Junge, was’n Vieh. Dagegen wirkt Salger wie ein Strich. Und an Salger ist es, mit dem „der Arsch reißt ein, was die Füße gebaut haben“ beginnt. Er begeht ein Foul im Strafraum, das selbst Meister Propper nicht übersehen oder nicht kapieren kann. Elfmeter, 1:1. Ernüchterung auf Block 3. „Es kann nicht schlimmer kommen“ – Uiuiui, sowas sollte man hier nie laut sagen.

Die Moral der Blauen ist angeknackst. Auch die Tribünen schlucken. Klewin fischt einen Freistoß aus dem Eck. Und dann ist es soweit: Die Abwehr wird ausgespielt, Möller Daehli kullert den Ball an Klewin vorbei, die Punkte sind erstmal flöten. Block 3 hat erstmal unsere Nummer Zwei im Verdacht, der nicht besonders akrobatisch beim Tor aussah, doch ihn trifft keine Schuld. Hinterher stellt sich heraus: Abseits. Da hat sich der Parteilose bisher auf dem Silbertablett als Hauptverdächtiger präsentiert, und ausgerechnet da kommen wir nicht auf ihn.

Kann aber auch an der Stimmung liegen. Das 1:2 ist ein Stimmungskiller. Die Süd ist still und traurig und bleibt das auch ein paar Minuten. Der Rundumbeobachter wird des Rundumbeobachtens gemahnt: „Schreibst Du wohl auf?“ – Was denn? Wir haben den schwarzweißblauen Kloß (mit „ß“, ihr Scherzkekse) im Hals.

Obwohl,…doch, das ist lustig: Es gibt eine Durchsage über einen verlorenen Autoschlüssel, dazu folgende Zeilen auf der Anzeigetafel: „Gefunden: Schlüssel zu Ford mit besonderem Anhänger“. Was für einen Anhänger der Ford wohl hat? Einen goldenen? Oder ein ganzes Güllefass? Toll, womit Leute so zur Alm fahren.

Vogi ist drin und hat eine Halbchance. Dass die Alm immer noch schluckt, mehr man daran, dass selbst dann kein Gepfeife und Gemecker kommt, als St. Pauli wechselt und der ausgewechselte Spieler über den Platz spaziert, dem SchiRi einen Abschiedskuss gibt, jedem Mannschaftskameraden ins Poesiealbum schreibt und das Internet durchliest, bis er runter ist. Die Blauen machen auf, der FCSP hat Konterchancen. Ein Heber an die Latte- tja, nicht jeder ist Hemlein.

Aber dann! In der Schlussphase schüttelt alles, was Arminia ist, die Trauer ab. Sie rennen wieder, sie kämpfen wieder. Sie brüllen wieder, sie feuern wieder an. Wir geben uns alle nicht geschlagen. Vor allem als Klewin mit vorne ist, Block 3 „Schieß ihm’ne Glatze“ brüllt, die Blauen mehrfach die Empty Goal-Chancen von St. Pauli vereiteln und die Pflaume nach vorne dreschen – die Alm kocht wieder. Leider vergeblich.

Arminia schließt den eigenen Webseitenbericht mit der Floskel, dass „Arminia in die Niederlage einwilligen“ musste. Nix da! Niemand muss in eine Niederlage einwilligen! Nicht akzeptieren! Messer zwischen die Zähne und Ingolstadt wieder zur reinen Eishockeystadt schießen!

Das Bielefelder Glückshormon ist mehr als offensichtlich zwischen 45. und 60. Minute weggepennt.

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