Arminia gegen VfB Stuttgart II 4:1 – Alltag macht auch Spaß

Arminia gegen VfB Stuttgart II 4:1 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Es ist Sonntag Abend, es ist halb Acht, es ist die Bielefelder Alm und Block 3 sagt: „Dienstag war mehr Lametta.“. Natürlich war Dienstag mehr Lametta. Da war ein legendärer Pokalabend. Jetzt ist wieder Drittliga- Alltag angesagt. Wie er – bei allem Respekt vor den gastierenden Nachwuchs- Schwaben – grauer gar nicht sein kann: Eine zweite Mannschaft mit mehr Spielern auf dem Platz als Fans auf Block B.

Arminia gegen VfB

Die von uns, die schon halbwegs aus dem Pokaltraum aufgewacht waren, hatten schon Befürchtungen, ob Arminia wieder in den Alltag zurück finden würde. Nach dem Sieg im Pokal gegen Freiburg ging das ja doch ziemlich schief. Damals sah ein optimistisches Publikum eine pokalverkaterte Mannschaft. Heute ist das umgekehrt: Da sieht ein pokalverträumtes Publikum eine forsche Mannschaft.

„Am Ball bleiben!“, fordert Block 3, und das bleiben die Blauen die ersten Spielminuten nahezu ununterbrochen. „Voran, Arminia Bielefeeeeld, der Club der uns am Leben häääält“, singt Block 1 und hat recht: Arminia hält uns zumindest soweit am Leben, dass wir auf’n Sonntag Abend nicht faul auf dem Sofa rum lümmeln.

Zunächst sieht es so aus, wie es rund um den Jahreswechsel ausgesehen hat: Die Blauen im Ballbesitz, deutlich feldüberlegen, aber wenig Action im Stuttgarter Strafraum. Die Abwehr des Jung- VfB hält erstmal, trotz einer, nennen wir es mal, unkonventionellen Raumdeckung. Diese beschert Arminia dann dankenswerterweise den Dosenöffner, als ein Stuttgarter ziemlich ungeschickt in Grodowski reinrast und… Nun, Kania kann Elfmeter auch in der Liga. JAAAAAAAA!

Block 3 nimmt Kopfschmerztabletten gegen den Pokalkater. „’Nehmen wir mit’ nennt man das glaube ich“, so lautet der Kommentar zur Führung. Es kann natürlich auch daran liegen, dass der DSC das Spiel völlig im Griff hat. Unspektakulär. Ballstafetten über fünf bis 47 Stationen. Zwischen den Strafräumen. Ein bisschen fühlt es sich so an wie damals beim Heimsieg gegen Mainz in 2005, als das Match schon früh in der ersten Hälfte mit 2:0 entschieden war. Nach zwei versenkten Elfern von Nebojša Krupniković, den Rest des Spiels hat Arminia gegen Mainzer, die kaum einen Ball anstoppen konnten (muss am Training gelegen haben… unter Klopp, oder wie der hieß), locker runter gejoggt. Insgesamt findet das auch Block 3: „Wollen die verwalten oder noch ein Tor?“ – „Wissen die auch nicht.“.

Gegen Stuttgart II winkt also ein in Elfmetertoren gerechnet halb so interessanter Heimsieg wie vor 20 Jahren gegen Mainz. Aber nach einer halben Stunde machen es die Blauen interessant. Joel Grodowski vollendet einen sehenswerten Spielzug zum 2:0- JAAAAAAAAAA! Drum Freude auf den Rängen herrscht!

Dass die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart durchaus mit dem Ball umgehen kann, hat Arminia im Hinspiel schmerzhaft erfahren müssen. Heute deuten die Gäste ihr Können erst nach dem 2:0 an, als Kersken das erste Mal eingreift. Vorher hieß es auf Block 3 bei Stuttgarter Angriffsbemühungen: „Kannanich“. Undkonntameistenswirklichnich.

Und Joel Grodowski weiß mittlerweile auch in Bielefeld, wo das Tor steht. Zack ins lange Eck- JAAAAAAAAAAA! 3:0. Auf der Anzeigetafel steht übrigens „Jonny“ und nicht „Joel“. Der erste Jonny seit Kuster. Kann auch welche zwischendrin gegeben haben. Der Rundumbeobachter geht dem Spitznamen „Jonny“ aus dem Weg, nachdem er im Musikunterricht der Grundschule schwer durch das ständige Singen dieses Jonny-Liedes traumatisiert wurde:

Tja, ein entspannntes, von Berlin fantasierendes Publikum erlebt zum ersten Mal seit Anno Tabak eine 3:0- Pausenführung von Arminia Bielefeld. Und seit Anno Pief eine sehr unspektakuläre 3:0- Pausenführung von Arminia Bielefeld.

Halbzeit. „Es ist Leverkusen“ – „Scheiße!!“. 50mal gehört und einmal selbst gesagt. Tatsächlich kann man bei der Chemie- Werkself nicht von einem Gegner sprechen, der uns liegt. Aber auch da steht es beim Anstoß 0:0. Und wenn sie in Leverkusen auch „der Drittligist“ sagen, ist schon ein bisschen was gewonnen. Siehe Freiburg. Oder Bremen.

Es ist Wiederanpfiff und einmal mehr erlebt die Fußballwelt die Ambivalenz des Block 3. „Hoffentlich verkacken die das nicht noch“, heißt es vorne links bei Einberechnung der Variable „Arminia Bielefeld“. „Ich will hier auch mindestens ein Tor sehen, nicht immer nur von weitem“, heißt es hinten links bei Einberechnung der Variable „Arminia Bielefeld spielt jetzt auf die Süd“.

Der VfB ist jetzt etwas flotter unterwegs, die Verteidiger in dem blauen Hemd sind aber kaum gefordert. Die Tatsache, dass sich die schwarzweißblaue Viererkette nach den Gelbsperren von Lannert und Felix selbst aufstellte, fällt nicht ins Gewicht. Nach vorne schieben die Blauen erstmal eine etwas ruhigere Kugel… dann machen sie es schnell und liefern eine Runde Slapstick. Erst scheitert Schreck am Torwart, dann schießt Wörl mit dem zweiten Ball einen Verteidiger an, dann kommt Kania nicht mit dem dritten Ball am Torwart vorbei. Manchmal kommt er einfach nicht rein…

…findet auch Block 3 und kichert. Hach, wie komfortabel doch eine sichere 3:0- Führung mit einem Pokal- Halbfinalisten sein kann. Man stelle sich vor, was los gewesen wäre, hätte sich diese Inspektor- Clouseau- Szene beim Spiel gegen Cottbus ereignet… Heute kann Block 3 sogar ein „Macht mal 3:1, damit es wenigstens lustig wird“ vom Stapel lassen. Und auch, als Stuttgart den Gefallen tut, schmälert das die Stimmung nicht.

Im Gegenteil. Der VfB spielt im zweiten Durchgang deutlich besser, Kersken muss ein paar Mal retten. Arminia schaltet einen Gang zurück. „Oaaah, ist das langweilig“, meint Block 3 mit der 3:1- Führung eines Pokal- Halbfinalisten. Nassim Boujellab kommt bei Arminia ins Spiel und Block 3 ernennt ihn zum Holzmichl: „Jaaaa, er lebt noch, er lebt noch!“. Das zweitschlimmste musikalische Trauma. Nach dem Jonny- Pony.

Apropos Jonny… Grodowski WUMM! Pfosten… aber Jonny nimmt den Apraller auf, legt ihn rein und JAAAAAAAAAAAA! CORBOZ!

Schön: Das Profidebüt des 16jährigen Daniel Richter, der ein paar mutige Antritte hinlegt. Auch Justin Lukas darf aus der schwarzweißblauen Krabbelgruppe nochmal ran. Sieht vielversprechend aus! Auch schön: Arminia gewinnt 4:1.

Die Sorge des Pokalkaters auf dem Platz war unbegründet. Arminia hat die Rückkehr in den Liga- Alltag gemeistert. Und, um mal den Magenta- Kommentator beim Auswärtsspiel in München zu zitieren: „Irgendwie sollte das doch wichtiger sein“. Und das kann, mit der nächsten englischen Woche vor der Brust, tatsächlich nochmal wichtig werden.

Fotos zum Spiel

Empfehlung: Die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ mit jeder Menge schwarzweißblauer Lagerfeuergeschichten. Das Buch gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?

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