Arminia gegen Viktoria Köln 2:0 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
„Wir sind besser als am 5. Spieltag“, sagt Mitch Kniat. Hohe Latte, das war ein 3:1 in Aue. „Da waren wir schon besser als am ersten Spieltag“, sagt der Coach. Das war der Last- Minute- Auftaktsieg in Cottbus. Tatsächlich ist Arminia vor dem Spiel gegen Viktoria Köln seit neun Spielen ungeschlagen. Okay, da ist auch der Westfalenpokal mit dabei, aber der Aufwärtstrend, den Kniat ausmacht, scheint es irgendwie zu geben. 17 Punkte aus sieben Ligaspielen sind auch eine Ansage.

Aber können wir das realisieren? Können wir nach einer durchwachsenen Drittligasaison und den beiden Abstiegsjahren zuvor überhaupt mit einer Erfolgsserie umgehen? Ist das überhaupt eine? Zumal solche Kicks wie in Essen mit dabei waren? Der Fußball unspektakulär, aber wohl irgendwie effektiv ist? Fragen über Fragen…

So spielt nun also eine Arminia, die besser als in Aue und Cottbus ist, trotzdem Schnarchnummern wie in Peckeloh dabei hat, gegen Viktoria Köln. Ist Block 3 erfolgsunsicher? Ist Block 3 grimmig? Nö. Block 3 wippt erstmal locker die Chants mit und beschäftigt sich mit der Stadionatmosphäre. „Das fühlt sich an wie 100 Leute“ – „Ist ja auch nicht immer Pokal und ausverkauft“.

Ausverkauft ist es nicht, die Stimmung ist aber trotzdem gut laut. Aber Viktoria Köln ist nicht so nett wie Union Berlin und spielt mit. Die Gäste vom Rhein spielen abwartend und lauern auf Fehler und Freiräume. Die Blauen umkurven das gut gestaffelte Verteidigungswerk der Gäste. Na ob das klappt? Oder springt nur Gulasch heraus? Block 3 weiß jedenfalls schon nach zehn Spielminuten: „Das fühlt sich wie ein 0:0 an.“

Zehn Minuten Vertrauensvorschuss. Ist ja schonmal was. Am besten, die Blauen rechtfertigen die zehn Minuten, indem sie die Dose zum Dreier mit einem Treffer aufmachen. Langer Pass dahinten vor der Nord auf Young – „Geh’ aus Tooor!“ – wird nach außen abgedrängt – „Muöaaarg!“ – Dribbelt und.. JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!

Warum einen Dosenöffner nehmen, wenn man den Deckel auch spektakulär auf sprengen kann? Isi Youngs freche Bude hebt die Laune auf Block 3 deutlich. „Geil. Was’ne Kiste! GEIL!“. Als Wörli dann noch aus 25 Metern einen knapp am Pfosten vorbei donnert, ist die Laune obenauf.

„Steht auf, wenn Ihr Arminen seid!“ – „ARMINIJAHAAA!“ – „BIELEFEHEEELD!“. Die Alm macht Lärm. Und Arminia macht auf dem Spielfeld… na ja, ein bisschen Chaos. Viele Stockfehler, in den Zweikämpfen tun sich die Blauen gegen die robusten Kölner recht schwer. Und Isaiah Young beweist, dass „irre Aktion im Fußball“ zwei verschiedene Bedeutungen hat. Erst das irre Tor, jetzt irre eigensinnige Dribbling, irre Pässe ins Seitenaus, irre Hackentricks zum Gegner. Irgendwer antizipiert da nicht. Entweder Isi oder der Rest der Mannschaft.

Viktoria Köln kann jedenfalls nicht so weitermachen, wenn man nicht mit leeren Händen ins Flughafenstadion (oder wie das heute heißen mag) zurückkehren will. Also legen die Gäste ihrerseite eine Schippe drauf und spielen durchaus ansehnlich und schnell nach vorne. Während Arminia, na ja… weiter chaotisiert. Aber nicht in Gefahr gerät. Wer jetzt auf Block 3 guckt, entdeckt, wie sich die Zuschauerschaft gegenseitig beäugt. Will denn keiner „Die betteln um den Ausgleich“ sagen? Ich nicht so wirklich. Sollten wir etwa Vertrauen in die schwarzweißblaue Defensive gewonnen haben? Wie dem auch sei, sie nimmt eine Führung mit in die Kabine.

Halbzeit. „Du machst es richtig“ – …bitte? – „Na, Du bist neben der gelben Treppe.“- Echt? Gar nicht drauf geachtet. Und das ist wahrscheinlich der Trick beim Bewegen auf Block 3. Einfach nicht darauf achten, wo man sich befindet und wohin man sich bewegt. Dann kommt man an.

Lasst uns über Sam Schreck sprechen, der heute ein bärenstarkes Spiel macht. Er spielt ja immer solide, fällt dabei aber kaum auf. Die beste Möglichkeit, um aufzufallen, ist das Toreschießen, und das wird ihm leider versagt durch Dudu. Auch diejenigen, die Dudu bisher für einen gelben VW. Käfer hielten, wissen nun, dass auch der Keeper von Viktoria Köln so heißt. Und sein Handwerk besser beherrscht als das schlechte Kino der 1970er Jahre.

Schuss! Großer! Knapp vorbei! “Wuohohohoho!“, macht Block 3, der sich mit Führung im Rücken und ein paar Torchancen vor der Nase sichtlich wohl fühlt. Auch, als das Spiel jetzt seine nächste Plitschiplätscherphase kriegt. Block 3s gesammelte Kommentare zu den schwarzweißblauen Attacke- Versuchen: „Jetztvielleichtmalrgendwiewas“ oder „Schneller geht nicht!?“

Young wird ausgewechselt. Lag er richtig und alle anderen haben nicht antizipiert? Lag er falsch, aber sein Tor gibt ihm recht? Irgendwie symbolisch dafür, dass man nicht so recht weiß, was man von Arminia halten soll, oder?

Nun, eigentlich nicht. Das ist schon recht sicher, was die Stürmer in dem blauen Hemd, die Kicker aus Westfalen da runter spielen. Übrigens: Auch Viktoria Köln macht ein gutes Spiel. Ein paar Mal dringen die Gäste gefährlich nach vorne durch… jetzt muss sich Kersken strecken und einen Kopfball über die Latte schnippen. Block 3 sieht das. Block 3 nimmt es aber nicht als Gefährdung des 1:0- Vorsprungs wahr. Obwohl ein Verlauf wie gegen Aachen durchaus drin ist. Vielleicht ist es dieser Moment, Jonas Kerskens Abwehr eines Kopfballs von Viktoria Köln, als wir angefangen haben, nach knapp drei Jahren wieder an eine positive Arminia zu glauben.

Zwei Aufreger, zwei Chancen von Mika Schroers, zweimal ein entgeistertes „Den MUSS er machen“ von Block 3. Kurz darauf holt sich Mika aber seinen Scorer- Punkt, in dem er einen Elfer für die Blauen rausholt. Der Rundumbeobachter hat während des Spiels übrigens gar nicht mitgekriegt, dass der Viktoria ein glasklarer Strafstoß verweigert wurde. Das Foul an Mika Schroers jetzt ist in Kenntnis der Fernsehbilder ist eindeutiger, als Block 3 ihn wahrnimmt („Das war niemals’n Elfmeter“). Was den Satiriker in mir etwas ärgert. Viktoria Köln bekommt einen klaren Strafstoß nicht, versucht dann verzweifelt, irgendwie einen zu schinden (was sie taten), nur um dann einen zweifelhaften Penylty gegen sich zu kriegen. Was für eine herrlich ironische Pointe wäre das gewesen. Schade eigentlich…

Jedenfalls: Elfmeter für Arminia. Die Momente zwischen Pfiff und Ausführung eines Strafstoßes gehören aus meiner Sicht zu den schlimmsten, die man im Stadion erlebt. Dieses Warten müssen auf Jubeln oder Scheitern, das in der heutigen Zeit durch das melodramatische Herumopfern der bestraften Mannschaft, das Verkünden des Todesurt… Regelwerks an den Torwart durch den Unparteiischen… Anspannung auf Block 3. „Nicht schießen, außer wenn Du Kapitän bist“, ruft Block 3 entsprechend quersinnig. Der macht es aber nicht, sondern Kania.

Ball zurechtlegen… auch sowas, was es nicht leichter erträglich macht. Pfiff, Spannung auf Maximum, Kania… JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!

2:0, das erleichtert. Unabhängig davon, welches mehr oder weniger souveräne Gefühl man vorher im Spiel hatte. „Die machen aus Scheiße Gold“, murrt eine Stimme auf Block 3, aber für sich allein. Oder wieso rechnet der Rest von Block 3 eifrig aus, ob man noch ein Tor zur Tabellenführung braucht?

Oder wiegt sich in der Sicherheit eines Zwei- Tore- Vorsprungs („Da passiert nix mehr“)? Warum werden die Kölner, die immer noch gefährlich Richtung Kersken marschieren, nicht mehr ernst genommen („Weeeech!“)? „Shalalalalalalaaaa, Aaaaarminiaaaa!“, die Alm feiert sich zum Sieg, die schwarzweißblaue Defensive arbeitet sich zum Sieg.

Können wir nach einer durchwachsenen Drittligasaison und den beiden Abstiegsjahren zuvor überhaupt mit einer Erfolgsserie umgehen? Ist das überhaupt eine? Zumal solche Kicks wie in Saarbrücken mit dabei waren? Der Fußball unspektakulär, aber wohl irgendwie effektiv ist? Fragen über Fragen…aber es scheint wohl so zu sein. „Glaubste immer noch, das geht 0:0 aus?“, fragt ein süffisanter Block 3 kurz vorm Schlusspfiff. Auch wenn das Match heute einige 0:0- Phasen hatte- Mit einem 2:0 fühlt sich ein 0:0 doch recht angenehm an.
Empfehlung: Die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ mit jeder Menge schwarzweißblauer Lagerfeuergeschichten. Das Buch gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?