Arminia gegen Werder Bremen 0:4 – Papier hat recht, ist aber auch nur Papier

Arminia gegen Werder Bremen 0:4 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Knapp zweieinhalb Jahre ist es her, dass Arminias Frauenteam das letzte Mal im Tempel auf Lohmanns Acker spielte. Knapp fünf Jahre ist es her, dass Arminias Frauenteam das letzte Mal gegen Werder Bremen spielte.

Heute ist es wieder die Alm, heute ist es wieder Werder Bremen. Und die Vorzeichen sind – wie es bei Arminia Bielefeld nun mal gern so ist- völlig andere als bei den eben genannten Ereignissen. Beim letzten Spiel auf der Alm kam etwa 400 Zuschauer auf die Westtribüne und durften erleben, wie die Blauinnen in einem furiosen, spannenden Spiel mit 3:2 gegen Borussia Mönchengladbach gewannen. Beim letzten Aufeinandertreffen mit den Frauen von der Weser spielte man gemeinsam in der Zweiten Bundesliga und man durfte erleben, wie die Blauinnen in einem eher unglücklichen Spiel mit 2:3 verloren.

Arminia gegen Werder

Heute ist Arminia Regionalligist. Die Werder- Frauen haben sich in der Bundesliga etabliert und letzte Woche ein mehr als respektables 3:3 beim Dauer- Titelfavorit VfL Wolfsburg geholt. Heute ist es die zweite Runde des DFB-Pokals. Und wer sich an das letzte Pokaljahr erinnert, der weiß, dass Klassenunterschiede im Frauenfußball tatsächlich Klassenunterschiede sind. Vom Papier her haben die Blauinnen keine Chance.

Aber trotzdem ist der Pokal eine tolle Gelegenheit, die schwarzweißblaue Frauenfußballmannschaft ins Licht zu rücken. Heute ist es die Osttribüne, es wurde tüchtig getrommelt… und es kamen mehr, viel mehr als 400 Zuschauende, doch dazu später. Die Stimmung ist von Anfang an gut, die Ost ist laut, der Einzug der Teams hat Gänsehautentzün… -atmosphäre. Während Bremen anstößt, arrangiert man sich auf der Osttribüne. Die Platzwahl funktioniert erstaunlich gut, nur gelegentliches Aufstehen, wenn Russo oder Becker vom Profiteam in die Sitzreihe wollen oder auch mal die ganze weibliche U13 an einem vorbei wuselt.

Die Werder- Frauen übernehmen von Anfang an das Kommando. Vor allem über den linken Flügel tragen die Gäste schnelle Angriffe vor. Allerdings stehen die Blauinnen taktisch geschickt im Raum und gehen keinem Zweikampf aus dem Weg. Und wenn mal ein Ball durchkommt, ist Tor-Lisa zur Stelle. Eine harte Nuss für die Bremerinnen, die in irgendetwas ähnlichem wie Grün spielen. Frage auf der Osttribüne: „Wie sehen denn die Bremer Trikots aus? Spielen die in Schlafanzügen?“.

Tolle Stimmung auf der Osttribüne! Vom Weserkollektiv ausgehend werden die Chants aufgenommen, die Lautstärke und Leidenschaft des Publikums verleiht den Blauinnen sichtlich Mut… allerdings nicht unbedingt für eigene Offensivaktionen. Da fehlt die letzte Präzision. Und ein überfälliger SchiRi- Pfiff, als Pia Schmidt durchzubrechen versucht und von der letzten Frau im Schlafanzug zu Fall gebracht wird.

Defensiv ist es klasse, was Arminia abliefert. Die schwarzweißblaue Abwehr, die in den ersten beiden Saisonspielen nicht unbedingt durch Stabilität auffiel, macht den Job richtig gut. Vor allem die Abseitsfalle funktioniert. Oder Werders lange Pässe funktionieren nicht. Was auch immer es sei- gut für Blauinnens! Nach einer halben Stunde stehen die Bremerinnen gefühlt bei 25 gehobenen Fahnen. Und bei 25 Ecken, die die Blauinnen mit vereinten Kräften klären können…

…bis eben zur 30. Minute. Dann kommt ein Schuss aufs Tor, den Tor-Lisa noch rausfischen kann. Eine Bremerin rammt das Knie in unsere tapfere Pfostensteherin, eine andere Bremerin räumt ab. Tja. Gerammte Lisas und vom letzten Schlafanzug gefoulte Pias scheinen schwieriger zu beurteilen zu sein als 25 Abseitsstellungen. Nicht falsch verstehen: Die Bremer Führung ist absolut verdient und über das ganze Spiel hat die SchiRi einen ordentlichen Job gemacht. Aber es ist doch mal wieder interessant zu sehen, wie richtungsentscheidend Fehltritte der Unparteiischen sein können.

Tja, wat nu… es gegen den Bundesligisten defensiv anzugehen ist nachvollziehbar. Und die schwarzweißblaue Abwehr steht immer noch wie eine Eins (oder eine Drei oder eine Vier oder eine Elf, je nachdem, wie viele gebraucht werden). Aber es steht 0:1 und Bielefelder Angriffe bleiben Mangelware. Und kurz vor der Halbzeit spielt Werder einen Konter zuEnde, bei dem auch die tapferen Abwehrspielerinnen nicht mehr hinterher kommen. Da siehste Klassenunterschied. Dennoch fühlt sich das 0:2 zur Pause doch ein bisschen hoch an.

Halbzeit. 1.811 Zuschauer bevölkern die Osttribüne. Euch allen herzliche Anerkennung! Ihr habt einen historischen Moment entstehen lassen- den Rekordbesuch eines Spiels der ersten Frauenmannschaft von Arminia Bielefeld! Genial! DANKE!

Der Zuschauerschnitt auf der Postheide liegt bei etwa 120 zahlenden Gästen. Wenn auf der Alm 1.811 sind, ist das die fünfzehnkommaeinsfache Menge. Daraus folgt, dass nicht wenige von Euch zum ersten Mal die Blauinnen live gesehen haben. Und Ihr „Neuen“ werdet gerade bei den sportlich ziemlich eindeutigen Vorzeichen gemerkt haben, wie gut man mit den Mädels – neudeutsch gesagt – „connecten“ kann. Euch sei gesagt: Dieses Pokalspiel ist kein einmaliges Event!

Klar wisst Ihr, was jetzt kommt: Der Rundumbeobachter sagt: „Kommt auf die Postheide!“. Ja, genau das sage ich. Nicht, weil es die Blauinnen verdient haben (obwohl es so ist). Nein, weil IHR es Euch verdient habt! Die wunderbare Atmosphäre dieses Pokalnachmittags, die wir alle zusammen erzeugt haben, die „Connection“ mit unserem sympathischen Frauenteam, bekommt Ihr alle zwei Wochen in Windflöte. Und wenn es dort fünfzehnkommaeinsmal kleiner ist als heute… nun, Ihr habt die Chance, aktiv etwas daran zu ändern. Gönnt es den Mädels- und gönnt es Euch!

Was gönnen denn die Mädels uns und sich in der zweiten Hälfte? Nun, am Anfang macht es ein bisschen den Eindruck, als würde Arminia nun etwas mutiger nach vorne spielen. Allerdings kann Werder die Angriffe gut unterbinden. Zumindest gehen die Blauinnen jetzt auch bissiger in die Zweikämpfe. Die Bremerinnen stehen da nicht zurück- und so gibt es eine Menge Spielunterbrechungen. Hey, Osttribüne, will denn keiner „Der hat schon Gelb“ brüllen? Nein, die Osttribüne feuert Arminia an. Stimmung ist immer noch klasse, trotz der ziemlich eindeutigen sportlichen Situation.

So im dritten Viertel des Spiels schaltet Werder einen Gang zurück. Die Blauinnen befinden sich in einer Art Orientierungsphase. Angefeuert vom „Bie-le-feld! Bie-le-feld!“ der Osttribüne versuchen sie, sich nach vorne zu kämpfen. Jocy Hampel versucht viel auf eigene Faust. Aber die letzten Bälle landen bei den Damen in Schlafanzug- Grün. Immerhin verhindert Tor- Lisa die frühzeitige Klatsche.

Klar, das Spiel hält, was vor dem Anpfiff auf dem Papier stand. Und man kann den Blauinnen keinen Vorwurf machen. Taktisch ist es eine sehr disziplinierte Leistungen. Was gemacht werden kann, machen die Mädels. Nur manchmal wünscht man sich ein bisschen mehr Mut beim Spiel nach vorne oder etwas mehr Kratz und Biss, wie es zum Beispiel die eingewechselte Jana Leuchtmann in der Schlussviertelstunde versucht und sich in jeden Pass und jeden Zweikampf wirft.

Na ja, und mit den beiden letzten Aktionen des Spiels macht Werder dann auch das dritte und das vierte. Das, was auf dem Papier stand, ist auch eingetreten.

Recht hat es gehabt, das Papier. Vom Papier her hatten die Blauinnen keine Chance. Vom Spiel her auch. Aber das ist nicht schlimm. Teuer verkauft haben sie sich, Siege müssen gegen andere eingefahren werden und werden sie auch. Aus schwarzweißblauer Sicht bleibt die Erinnerung an einen Nachmittag, an dem Arminias Publikum seiner Frauenmannschaft eine tolle Kulisse geboten hat. Und die Hoffnung, dass nachhaltige Effekte davon mit auf den Alltag an der Postheide genommen werden.

Hier ist der Spielplan der Blauinnen. Die Postheide freut sich auf Euch! Und wer jetzt herumdruckst und sagt, „Neee, das ist so weit weg und Windflöte kenne ich doch gar nicht so…“ – Der Rundumbeobachter hat für Euch herausgesucht, wie Ihr von der Alm aus mit dem Auto, mit Öffis, mit dem Fahrrad und zu Fuß zur Postheide kommt. Wie gesagt, gönnt Euch die Postheide! Wer mehr Inspiration oder Information braucht, hier entlang. Göööööönnt Euch!

Mehr Fotos

Für zeitloses Lesevergnügen ist die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ empfohlen. Da stehen viele Lagerfeuergeschichten drin, auch über die Blauinnen. Die Fibel gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?

Teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Reddit
Telegram
WhatsApp
Email

Auch cool:

Cookie Consent mit Real Cookie Banner