Eintracht Braunschweig gegen Arminia 1:0 (2016)

Eintracht Braunschweig gegen Arminia 2016 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Die Rundumbeobachtungen zu Eintracht Braunschweig gegen Arminia beginnen dies Mal in einer schönen Innenstadt mit Fachwerkhäusern. Nein, noch nicht ganz in Braunschweig, trotz vergleichbarer Architektur. Die Rede ist vom lippischen Blomberg. Im Rahmen eines Stadtrundgangs während einer Familienfeier fiel vor dem historischen Stadttor der Satz: „Ach, auf der anderen Seite ist auch noch ein Tor? Das wusste ich gar nicht!“.

Und dem Rundumbeobachter, der eigentlich immer von sich behauptet, Fußball und reales Leben sauber trennen zu können, fielen prompt die letzten 30 Minuten des Duisburg-Spiels ein. Und der Gedanke, ob es in Braunschweig anders laufen werde. Schließlich treffen die beiden besten Abwehrreihen der Liga aufeinander. Gucken wir mal…

Eintracht Braunschweig gegen Arminia

Gesehen während der Bahnanreise: Pinnchen um den Hals und Likörchen kreist. Kegelclub-style, den man eigentlich nur von westfälischen Gladbach-Fans kennt. Aber die schwarzweißblauen Farben rechtfertigen sogar, dass das Likörchen „Bienenstich“ heißt und man sich noch nicht mal ausmalen möchte, wie es wohl schmeckt. Egal, Arminen sind Arminen! In Braunschweig ist der Freund und Helfer in Helm und Kampfanzug und schwer nervös. Weil Bielefeld-Hannoi und so. Oder so. In Shuttlebussen geht es zum Eintrachtstadion.

Eintracht Braunschweig gegen Arminia

Eine schicke Hütte haben sie in Braunschweig. Gäbe es den Begriff des Neoklassizismus auch in der Stadionarchitektur, würde das Eintrachtstadion darunter fallen. Die Kurve der Heimfans, 1995 renoviert, hat klassische Verstrebungen und Stützen, die an alte (und vergangene) britische Kurven erinnert. Die Haupttribüne hat eine in den Vereinsfarben gestaltete, moderne Außenfassade. Sicht vom 2007 renovierten Gästeblock: Nichts zu meckern! Sicher, Laufbahn ist doof. Ja, Akustik geht etwas verloren. Aber: Gibt man nicht die unbestreitbare Individualität des Eintrachtstadions auf, wenn man diese Punkte ändert? Schwierige Frage…

Eintracht Braunschweig gegen Arminia

Der Einlass ist gründlich, aber schnell erledigt. Verwunderung auf dem Herrenabort: Hat es durchs Dach geschneit? Dass es sich hierbei um Löschschaum handelt, nachdem eine Rauchbombe gezündet wurde, bekomme ich erst später erzählt. Demjenigen sei empfohlen, so etwas das nächste Mal auf die klassische Abortbombenweise zu machen. Ein Topf Chili reicht. Und falls ihm das nicht mannhaft genug ist, muss er noch eine Menge lernen über Abortkultur.

Bitte. Eintracht Braunschweig war der einzige Gegner in der bisherigen Saison, dem Arminia deutlich unterlegen war. Und der BTSV legt ein flinkes Tempo vor. Ob es in der 5. Minute Handspiel war oder nicht, war trotz freier Sicht nicht zu beurteilen. Auf jeden Fall lässt Linksverteidiger Reichel die DSC-Defensive stehen, schießt „cross“ und dann gibt es drei Möglichkeiten: a) Das hat der Reichel echt schlau gemacht; b) Da hat der Hesl sich derbe verschätzt; c) Beides.

Auf jeden Fall steht es 1:0 für Braunschweig. Der Gästeblock ergeht sich in typischen Arminia-Meinungen. „Dat gibt Klatsche!“ – nix dazwischen – „Dat gewinnen wir noch 3:1“. Die Blauen zeigen sich wenig geschockt und spielen engagiert. Eintracht steht allerdings defensiv sehr gut. Der ballführende Armine wird schon früh zu zweit angegangen, der Rest der Löwen stellt die Passwege zu. Ein einfaches, aber sehr erfolgreiches Rezept – beste Abwehr der Liga – mit der sich die Führung auch gut verteidigen lässt. Da Arminia – zweitbeste Abwehr der Liga – ja ähnlich spielt und ebenfalls hoch verteidigt, erinnert die Partie bald an die eingangs erwähnten Blomberger Stadttore.

Klar, das dabei der eine oder andere Stockfehler („Maaaan, stopp‘ doch wenigstens mal richtig an“) ebenso wenig ausbleibt wie der eine oder andere Fehlpass. Wenn man dann noch das letzte Drittel des Duisburg-Spiels im Hinterkopf hat, ist man schnell verleitet, die Blomberger Stadttore zu wörtlich zu nehmen. Reaktion im Gästeblock nach einem Fehlpass: „(ruhig) Wer war das? (gebrüllt) Wer war das??!!“ (wie Uwe Ochsenknecht im Bugtorpedoraum von U96). Ein paar Torschüsse geben die Blauen ab, der Fabi hat eine Kopfballchance.

Viel passiert noch nicht nach vorne. Auch beim BTSV nicht. Der Gastgeber lauert auf Konter. Weil er es kann. Technisch und mit der Führung in Rücken. Der DSC ist weiterhin engagiert. Die eingeblendeten Statistiken attestieren den Blauen ein 55:45 im Ballbesitz. Wenn es jemals eines Beweises bedurft hätte, wie sinnlos diese Kennziffer ist, dann ist es dieses Spiel. Kalt ist es und nass.

Der Support im Gästeblock ist ordentlich. Steh- und Sitzbereich gehen gut mit. Die schwarzweißblauen Schlachtenbummler lernen die Neuzugänge kennen – „Das da ist der Ryu. Der andere ist der Koreaner“ – und nehmen auch gleich eine Bewertung vor. „Der ist doof. Der da ist auch doof. Der andere da drüben spielt doof,…“. Um das mal zusammenzufassen: Von elf Arminen auf dem Platz sind 15 doof. Pünktlicher Pfiff zur Pause.

Halbzeit. Die LED-Banden machen Werbung. „Blau und gelb hat Tradition“. Nun, das ist bei Eintracht nicht überraschend. Das ist auch in Braunschweig nicht überraschend, wo blau und gelb lange Zeit Landesfarben waren. Doch die Werbung ist weder für den BTSV noch für die Welfenstadt, sondern für Edeka. Dort liebt man wohl nicht nur Lebensmittel, sondern erkennt die Chance, mit Farbengleichheit auf das Fußballpferd zu setzen. Ob es wohl mal auf der Alm vergleichbares gäbe, sollte Marktkauf sich mal schwarzweißblau einfärben? Unangenehmer Gedanke, noch unangenehmere Realität: Tradition sells.

Die Hausherren kommen mit mehr Schwung aus der Pause und erspielen sich ein paar Torchancen. Arminia ist lebendig, braucht aber ein bisschen, um in den Trott zu kommen. Zu loben ist Seung-Woo Ryu, der von Beginn an spielt und sehr viel Einsatz zeigt, obwohl das bei Kopfballduellen mit den samt und sonders größeren Braunschweigern manchmal unfreiwillig komisch aussieht. Ryu scheint das zu halten, was Affane versprochen hat. Ab der 57. Minute bekommen wir dann auch den letzten Winterneuzugang in Aktion zu sehen. Andreas Voglsammer kommt für den ebenso schlammigen wie abgekämpften Hemlein und belebt das Angriffsspiel.

Nach einem wunderbaren Angriff legt Ryu zurück auf Junglas. Warum mit Überlegung, wenn es auch mit Kabomms geht? Na ja, weil man dann nur die Latte trifft. Kurz darauf bringt Arminia die nächste Rückgabe auf die Kiste, doch die weiterhin sehr aufmerksame Braunschweiger Verteidigung bringt ein Abwehrbein zwischen Ball und Torlinie. Eine Flugeinlage von Fabi eiert neben die Kiste. Mit der Einwechslung von Michael Görlitz macht Nobbs auf und spielt Doppelspitze. Beim BTSV ist Publikumsliebling Domi Kumbela im Spiel.

Wenig später kommt auch ein Spieler namens Patrick Schönfeld in die Partie, den der Gästeblock mit Pfiffen begrüßt. Eintracht ist gefährlich, vor allem im schnellen Kombinationsspiel. Hesl entschärft einen Schuss von Boland. Auch Torschütze Reichel und Kumbela kommen in aussichtsreiche Positionen. Junglas macht den nächsten Kabomms und haut eine Braunschweiger Flanke ins Toraus. Kommentar vom Gästeblock: „Jetzt hätte er doch fast getroffen. Und sich zum Brot gemacht.“.

Apropos Brot- Zum Schluss erleben wir zwei brotige Platzverweise. Erst macht Behrendt die überflüssige Notbremse und kriegt die direkte Hosenkarte. Kurz darauf geht Kumbela überflüssigerweise Hesl an und sieht die Ampel. Beide Feldverweise gehen regeltechnisch in Ordnung und unterstreichen, was ich schon lange fordere: Beim Ballon d’Or gehört eine Extrakategorie: „Brotigster Platzverweis des Jahres“ eingeführt. Görlitz hat die letzte Chance des Spiels, doch Fabi ist bei seinem Schuss im Weg. Nö, gibt keine Ecke. Ende, Aus. Gut gespielt, aber gegen einen taktisch gut eingestellten Gegner die Dinger nicht gemacht. Abschied vom Gästeblock mit aufmunterndem Applaus.

Was lernen wir aus diesem Spiel? Arminia kann das Spiel machen. Eintracht Braunschweig kann clever spielen. Das Gesamtfazit zieht das Lied, das beim Verlassen des Stadions gespielt wird: „…dann schießen wir ein Tor mehr“. Zehn Punkte Vorsprung weiterhin, ein Spiel mehr vom Kalender genommen.

Für weitere Arminia-Erinnerungen ist die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ empfohlen. Da stehen viele Lagerfeuergeschichten drin, die sich mehr unterhalten als der eben beschriebene dunkelgraue Kick. Gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?

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