Fortuna Köln gegen Arminia 2:0 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Es ist Oktober und es ist der dritte Spieltag. Erst der dritte? Woher kommen dann bitte diese ganzen anderen Rundumbeobachtungen von 2024/2025 über die Blauinnen? Nun, als der Rest der Regionalliga West den dritten Spieltag austrug, hatten die Damen von Arminia Bielefeld etwas besseres vor.
Also geht es am Feiertag in die Kölner Südstadt, um das Spiel bei Fortuna Köln nachzuholen. Der Jean- Löring- Sportpark liegt neben dem berühmten Südstadion. Der Rundumbeobachter kennt ihn schon, sieht ihn heute aber zum ersten Mal im Hellen. Hinter dem einen Tor stehen immer noch die Trecker. AmKunstrasenplatz ist man immer noch so schön nah dran am Geschehen, dass man sich vor Querschlägern wegducken muss und die Bälle direkt vor einem in die Bande krachen. Der entsprechende Dialog am Spielfeldrand: „Boing!“ – „…Boing?“ – „Boing.“. Ostwestfälisches Plappern im Rheinland.
Es ist also das sechste Ligaspiel der Blauinnen, das eigentlich das dritte ist. Die Mädels kommen also mit 13 Punkten aus fünf Spielen nach Köln, bei einem Sieg winkt die alleinige Tabellenspitze. Nach einem Platz an der Sonne sieht es aber erstmal nicht aus. Fortuna Köln setzt Arminia sofort unter Druck. Wenn die Blauinnen in der ersten Viertelstunde dreimal über die Mittellinie sind, ist das eine optimistische Schätzung.
Immerhin schaffen sie es erstmal, die spielerisch starken Kölnerinnen weg zu verteidigen. Der optimistische Teil des Spielfeldrandes spekuliert auf ein allmähliches Hereinfinden in die Partie. Der Rest befürchtet das Gegentor.
Defensiv könnte das mit dem Hereinfinden sogar klappen. Könnte. Irrealis. Denn es passiert genau das, was dann nicht passieren sollte. Mit einem furchtbaren Fehlpass wird die Fortuna zu einem Lauf auf Tor-Lisa und einem platzierten Schuss in die Maschen eingeladen. „Dreck…“, sagt der vormals optimistische Teil des Spielfeldrandes. „Hat sich angekündigt“, sagt der Rest.
„Ratlos“ ist ein sehr passender Begriff. Es steht 0:1, jetzt gilt es für Blauinnens… Nach vorne passiert allerdings kaum etwas. Zwar löst sich Arminia aus der Kölner Umklammerung, wenn die Mädels nach dem Rückstand aber zweimal in Strafraumnähe sind, ist das eine optimistische Schätzung. Einmal immerhin, als Anna Czekalla eine Hereingabe von Hannah Wehmeyer knapp verpasst.
„Nach vorne Angebote”, fordert Leonie Heitlindemann. Das hätte was, die gab es bis hierhin kaum. „Alle mehr machen!“, brüllt Lisa Lösch. Auch etwas, das man als grundsätzliches Konzept stehen lassen kann. Allerdings häufen sich nur die Stockfehler und Fehlpässe. Schade, das konnten sie nur ein paar Tage vorher noch besser.
Okay, Fortuna Köln, seit längerem schon ein Spitzenteam in der Regionalliga West, ist ein anderes paar Schuhe als SpoHo Köln. Und ein Gegner, der den Blauinnen ähnlich wenig liegt wie die U20 der SGS Essen. Ob das, mit der Tabellenspitze im Fadenkreuz, eine Rolle spielen sollte, sei dahingestellt. Im Großen und ganzen ist es aber heute wie bei Rundumbeobachters letztem stockfinsteren und hundekalten Besuch bei Fortuna Köln. Der Unterschied besteht in der Erkenntnis, dass man keine Finsternis braucht, um sich verfroren zu fühlen.
Was macht der Spielfeldrand so? Telefoniert. Oder versucht, zu telefonieren. „Schläft wohl noch…“. Hm. Eine angesichts des Spielverlaufs nicht zu verachtende Alternative. Fortuna hat die Blauinnen im Griff und bleibt gefährlich. Die Damen aus Köln-Süd entdecken jede Schnittstelle, jeden freien Raum und wissen, was sie damit anzufangen haben. Erst fehlt eine Fußspitze, dann ein Stück Aluminium und dann ein paar Zentimeter am 2:0. So ist der knappe Rückstand zur Pause sogar ein bisschen schmeichelhaft.
Halbzeit. Da der Rundumbeobachter schon befürchtete, dass das muckelige Vereinsheim der Fortuna zur Halbzeit überfüllt sein wird, geht er es vor dem Spiel besuchen, auch wenn noch kein Schnitzelbrötchen, sondern bloß ein Kaffee und ein Snickers dabei herausspringen. Vorteil: Fotos vom muckeligen Vereinsheim. Nachteil: Kein Schnitzelbrötchen in der Pause.
„Das haben wir in der ersten Halbzeit verloren“, gibt Grit Bender nach dem Spiel zu Protokoll, „Die zweite Hälfte hat uns gehört“. Das ist richtig insofern, als dass die Blauinnen in Durchgang zwei deutlich mehr Engagement an den Tag legen und deutlich mehr Ballbesitz haben.
Viel präziser wird das schwarzweißblaue Angriffsspiel aber nicht. Bei den Blauinnen sind die nach oben geöffneten Hände mit Ball am Fuß eine oft gesehene Geste. Leonie Heitlindemanns Forderung nach mehr Angeboten vorne wird jetzt zwar besser nachgekommen, viel kommt aber nicht rum. Natürlich ärgern sich die Mädels. Das „Uooooh“ bei Fehlpässen wird genauso oft gehört wie die nach oben geöffneten Arme gesehen. Gibt so Tage.
Die Schiedsrichterin, bis dahin mit einer in be8ide Richtungen großzügigen Auslegung der Abseitsregel, hat nun auch ihre zwei Minuten Ruhm. Sie übersieht ein Trikothalten der letzten Frau bei Jocy Hampel. Jocy merkt das an (so drücken wir es mal aus) und sieht Gelb.
Und dann setzt sich eine Kölnerin im Strafraum durch, dreht sich einmal und feuert einen satten Schuss in die Maschen. Tor-Lisa streckt sich vergeblich. 2:0. Zu allem Überfluss verletzt sich Leonie Heitlindemann. Hoffentlich nicht der nächste Veteraninnen- Ausfall. Wenn man gestützt auf zwei Betreuer, das eine Bein nicht belastet, vom Platz geführt wird, bedeutet das allerdings selten etwas Gutes. Alles Gute, Leonie!
Wenn es schon keine spielerischen Highlights gibt, dann wenigstens ein nostalgisches. Mara- Lotta Finger, „Pippilotta“, wie man sie damals bei Arminia nannte, ist nun bei Fortuna Köln und wird eingewechselt. Schön, Dich mal wiederzusehen!
Wenn in der 72. Spielminute das 2:0 fällt, spricht man oft von der Vorentscheidung. Aber bei der folgenden Restspielzeit spricht man auch von „Crunchtime“. Und wenn man von den Blauinnen spricht, spricht man von den Blauinnen und weiß, dass sie sich von einem Moment auf den anderen steigern können und innerhalb einer Viertelstunde durchaus in der Lage sind, drei Tore zu erzielen. Gerne auch gegen Kölnerinnen.
Aber heute soll es einfach nicht sein. Lisa Löschs Freistoß ist der gefühlt erste Torschuss der Blauinnen im Spiel. Es gibt noch zwei recht ordentliche Flanken, die Kiki Lazic knapp verpasst. Verloren. Gibt so Tage, Gibt so Spiele. Boing! Boing? Boing.
Kopf hoch, Haken dran und weiter machen. Nicht an Tabellenführungen denken. Am Sonntag kommt Alemannia Aachen auf die Postheide. Ein Gegner, der Arminia weitaus mehr liegt. Lasst rollen, gönnt Euch, freut Euch.
Für zeitloses Lesevergnügen ist die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ empfohlen. Da stehen viele Lagerfeuergeschichten drin, auch über die Blauinnen. Die Fibel gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?