Wenn Fans einen Fußballer lieben, lieben sie ihn für seine Bodenständigkeit und für seinen ehrlichen, beinharten Einsatz für den Verein. Frank Lehmkuhl, FOCUS-Sportredakteur und selbst Fan von Fortuna Düsseldorf, hat nun ein Buch über einen solchen Fußballer geschrieben. „Lumpis Weg“ erzählt, so der Untertitel, „die einzigartige Geschichte des Düsseldorfer Fußballers Andreas Lambertz“. Und die Geschichte des Andreas Lambertz ist „einzigartig“.
Als einziger Balltreter im deutschen Fußball spielte der „Düsseldorfer des Jahres 2007“ in den vier höchsten deutschen Spielklassen für einen einzigen Verein und erzielte in jeder Spielklasse mindestens ein Tor. Er zerreißt sich auf dem Platz und gibt alles für seine Fortuna trotz des einen oder anderen spielerischen Defizits und ist dabei ein Mensch ohne Allüren. Frank Lehmkuhl beobachtete Lambertz, sammelte Medienberichte, sprach mit Weggefährten und natürlich auch mit Lambertz selbst. So entstand, wie der Autor selbst im Vorwort schreibt, ein „buntes Karrieremosaik“.
Lumpis Weg – ein Mosaik
Der Begriff „Mosaik“ ist treffend, denn „Lumpis Weg“ ist keine klassische Biographie. Typische biographische Elemente, etwa wie er seine heutige Ehefrau kennengelernt hat, finden sich kaum im Buch. Andreas Lambertz wird eingepasst in die Rahmenbedingungen, die er in seinem Sportlerleben vorfand, mit denen er sich arrangieren musste und an denen er wuchs. Zu jedem Abschnitt von Lambertz‘ Karriere, von den Anfängen als Sechsjähriger bei der SG Orken-Noithausen bis hin zum Bundesliga-Abstieg mit der Fortuna im Jahre 2013 beschreibt Lehmkuhl detailliert die Bedingungen, die Lambertz vorfindet, lässt Trainer, Vereinsverantwortliche und Mannschaftskameraden zu Wort kommen und beschreibt abschließend, wie Lambertz in dieser Situation zurechtkommt, wie sie ihn beeinflußt und was sie aus ihm macht.
Den breitesten Raum nimmt dabei die Zeit bei Fortuna Düsseldorf ein, sieben von insgesamt zwölf Kapiteln. Alle Abschnitte der Vereinsgenese, an der Andreas Lambertz teilgenommen hat, werden dargestellt, beginnend mit der Fast-Insolvenz und der Gestrandetenexistenz in der Oberliga. Die Erläuterungen sind detailliert und interessant. Auch wird der Aufbau der ersten Kapitel beibehalten. Gegen Ende eines Kapitels wird Lambertz‘ (sportliche) Entwicklung beschrieben- Wie er sich in die jeweilige Mannschaft fügt, wie er sein lauf- und kampfintensives Spiel durchzieht oder welche Bedeutung Mitspieler und Verantwortliche für ihn haben. Allerdings überwiegt die Darstellung des Vereins und „Lumpi“ rückt als eigentliches Subjekt des Buches in den Hintergrund.
Den Kapiteln selbst sind kurze Stellungnahmen von anderen Fußball-Aktiven vorangestellt, die in ihren Vereinen einen vergleichbaren Kultstatus genießen, zum Beispiel Fabian Boll, Klaus Fischer oder Lars Ricken. Sie betonen – durchaus zu Recht – einheillig die Vorbild- und Identifikationsfunktion, die Andreas Lambertz durch Vereinstreue und Einsatz auf dem Rasen den Fans gegenüber hat. Frank Lehmkuhl hat eine locker-flockige Schreibe, die zu lesen sehr viel Freude macht. Informativ sind die Bilder, die im Text und in zwei farbigen Blöcken daherkommen und Lambertz im Training, auf dem Platz oder privat mit Familie zeigen.
Im letzten Kapitel vergleicht Lehmkuhl Andreas Lambertz einerseits mit Talenten, die es nicht geschafft haben, andererseits mit Nationalspielern (Müller, Özil, Schweinsteiger), die im Gegensatz zu Lambertz die komplette Leistungsförderung der deutschen Fußballlandschaft genießen durften. Damit stellt Lehmkuhl Lambertz‘ „Einzigartigkeit“ auch außerhalb des Zusammenhangs mit Fortuna Düsseldorf nochmal heraus.
Andreas Lambertz scheint ein netter, aber unspektakulärer Kerl zu sein. Er ist kein Paul Gascoigne, keine Hope Solo, die nicht nur wegen ihrer sportlichen Erfolge sondern auch wegen ihres Celebrity-Status für Biographien in Frage kamen. Anders als viele „ewige Talente“ hat er sich im Profifußball durchgesetzt. Auch ohne Leistungsförderung hat er es zum gestandenen Profi gebracht, bei einem Verein, der ihn mitgetragen und den er mitgestaltet hat. „Lumpi“ ist eine Symbolfigur für die Rückkehr der Fortuna in den Profifußball.
Die „einzigartige Geschichte“ des Andreas Lambertz hängt mit der „einzigartigen Geschichte“ der jüngeren Düsseldorfer Fortuna zusammen, beide bedingen sich. Führt man sich das alles vor Augen, ist die Darstellung des „Karrieremosaiks“ eine sinnvolle und gute Idee, die Frank Lehmkuhl in einem unterhaltsamen Stil darstellt. Allerdings geht der „rote Faden“ des Mosaiks manchmal vor lauter Fortuna etwas verloren. Für Außenstehende ist „Lumpis Weg“ sehr interessant. Ob Fortunen etwas neues erfahren, müssen sie selbst beurteilen. Lesenswert ist das Buch auf jeden Fall.
Lumpis Weg
Frank Lehmkuhl
Delius Klasing
208 Seiten
19,90 €