SSV Rhade gegen Arminia 2:1 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Eine Regionalliga- Fahrt nach Dorsten, die einem vorkommt wie ein Loriot- Dialog: „Rhade? Da waren wir doch gerade.“ – „Liebling, wir waren in Köln.“ – „Ach, dann muss Köln wieder zu uns…“ – „Erst müssen wir nach Rhade.“
Im Ernst: Gefühlt ist es erst drei Wochen her, dass wir mit den Blauinnen zum letzten Spiel der Vorsaison im Sportpark Risthaus zu Rhade waren. Daher verweist der Rundumbeobachter auf seinen Text von Ende Mai zur Beschreibung der Sportanlage, gibt zu Protokoll, dass die kleine Überdachung jetzt fertig ist und mehr Regenschutz bietet als der ganze Bahnsteig von Lembeck und liefert noch das Bild nach vom „großen Raum mit Theke, der sicher schon die eine oder andere fröhliche Vereinsfeier gesehen hat.“ Voilà:
Mai ist es nicht mehr, sondern Oktober, das Wetter ist, wie jemand vom SSV sagt, „etwas kräftiger“. Und auch die sportliche Situation bei Arminias Frauen ist nach der verdienten ersten Saison- Niederlage bei Fortuna Köln nicht mehr ganz so frühsommerlich. Mal schauen, was das heute gibt.
Beide Mannschaften werfen sich mit viel Engagement in die Partie. Dabei haben die Blauinnen leicht mehr Ballbesitz und versuchen schnelle Kombinationen. Mehr als eine Chance von Anna Czekalla, die eine scharfe Hereingabe nicht mehr kontrolliert auf die Kiste kriegt, ist aber nicht drin.
Die Mädels vom SSV Rhade sind (in sportlich positivem Sinne) aber auch ein fieser Gegner. Sehr geschickt stellen sie die Räume zu und sind zudem ausgesprochen zweikampfstark. Aufmerksam unterbinden sie so ziemlich jeden schwarzweißblauen Angriffsversuch.
Wobei auch anzumerken ist, dass die Blauinnen bei ihren Angriffsversuchen auch schonmal kreativer waren. Irgendwann stellen sie auf lange Bälle um, um die dichte Staffelung zu überwinden. Allerdings strapazieren sie damit eher den Fahnenarm der Linienrichterin als die gegnerische Abwehr.
Rhade steht dicht wie die Terracotta- Armee, die ja, wie die Legende besagt, nur auf den richtigen Moment wartet, um dann hart zuzuschlagen. Nee, Moment, das war „Die Mumie 2“… in einem ähnlich schlechten Film wähnt sich der Spielfeldrand jedenfalls, als vor dem Strafraum von Tor-Lisa ein Zweikampf verloren geht und Rhade quasi nur noch ins leere Tor einschieben muss. Da war er, der richtige Moment… oder eben der falsche, aus Arminensicht.
Der Rückstand schockiert die Blauinnen nicht. Sie rennen engagiert weiter, sie passen engagiert weiter, sie langhubern engagiert weiter. Aber irgendwie fehlt die zündende Idee, um das mehrreihige Verteidigungssystem in Rot zu überwinden. Außerdem fehlt die Präzision ein bisschen. Und so spielen sich Arminias Attacken optisch und inhaltlich zwischen den Ausrufen „Maaaann…“ und „KommKommKomm“ ab. Und raus kommt nur Stückwerk: Hier ein Schuss, dort eine halbwegs passable Hereingabe.
Was folgerichtig passiert? Achtung, schlimmes Wortspiel: Ja nun Rhade mal. Mit dem Halbzeitpfiff ist es ein Fehlpass, der das 2:0 der Gastgeberinnen einleitet.
Halbzeit. Die Frauen- Regionalliga West mit der nächsten innovativen Fressversorgungsidee. Käsebrot ist ein gutes Brot, Käsebrot ist ein gutes Brot, Käsebrot ist ein gutes Brot,…
„Weiteeer!“, brüllt Pamela Jahn beim Wiederanstoß. Etwas, das man mehrfach interpretieren kann. Heißt „Weiteeer!“ weiter kämpfen, weiter gehen, weiter steigern? Oder heißt „Weiteeer!“ weiter so fruchtlos wie bisher?
Nun, leider letzteres. Inci Fenu ist im Spiel. Die Jung- Blauin gibt Arminias Angriffsspiel tatsächlich mehr Schwung, aber eine Inci allein kriegt keine Terracotta- Armee umgeschmissen. Auch die Mannschaftskameradinnen sind engagierter bei der Sache, spielerisch kommt aber kaum etwas dabei rum.
Dann kommt Jocy Hampel ins Spiel. Arminias bisher beste Saisontorschützin ist angeschlagen- und ihre Kreativität fehlte hier in Rhade bisher an allen Ecken und Enden. Und eine kleine Schüppe mehr Schwung kommt auch rein. Will heißen: Das Stockfehlerfestival ist nicht mehr ganz so arg.
„Was machen die da eigentlich?“, fragt der Spielfeldrand und versucht, das sportliche Bemühen der Blauinnen auf dem Platz zu verstehen. Es mangelt nicht an Einsatz, aber wo ist die schöne spielerische Linie des Saisonauftaktes?
Da ist sie! Endlich ein gut getimter langer Ball, endlich in den Raum, Jocy köpft ihn über die Torhüterin ein! Anschlusstreffer! Kommt, Blauinnen, eine Viertelstunde noch! Auf geht’s, Arminia, Kämpfen und Siegen! Hoffentlich bringt das Tor Motivation! Denn wenn heute noch etwas gehen soll, kann es nur noch über den gefürchteten Blauinnen- Kampfgeist gehen.
Und die Blauinnen hauen sich rein, kämpfen, beißen, fighten… aber ohne Torgefahr. Und nachdem Jocy Hampel heftig mit der Torfrau zusammenprallt und draußen behandelt werden muss, ist Arminia auch noch in Unterzahl.
Kämpfen, beißen, fighten, aber ohne Torgefahr. Dann wird auch noch Lisa Lösch weggetreten. Sieht nicht gut aus. Freistoß aus guter Position… aber nein, das nimmt die Schiedsrichterin zum Anlass, die Behandlung von Jocy Behandlung von Jocy sein zu lassen und pfeift nach 91 Minuten ab. Ungeschickter Move…
„Da pfeift die ab, mitten in unseren Angriff“, schimpfen Spielerinnen und Spielfeldrand nachher gleichermaßen. „Wenn die Fehler nicht passieren, ist das 1:0 gewonnen“, hadern Spielerinnen und Spielfeldrand gleichermaßen. Der Rundumbeobachter fürchtet, dass es nicht so einfach ist… Jedenfalls ist der Mai definitiv vorbei und es stehen ein paar kräftige Wolken am Frühsommerhimmel der Blauinnen. Aber immerhin gibt es nächsten Sonntag die Chance, entsprechende Stürme losbrechen zu lassen.
Für zeitloses Lesevergnügen ist die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ empfohlen. Da stehen viele Lagerfeuergeschichten drin, auch über die Blauinnen. Die Fibel gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?