SSV Rhade gegen Arminia 1:4 – Zehn Minuten Saturierung

SSV Rhade gegen Arminia 1:4 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Das letzte Saisonspiel der Regionalliga West führt die Blauinnen nach Rhade. Rhade liegt westlich von Lembeck und nördlich von Deuten und ist ein Stadtteil von Dorsten im nördlichen Ruhrgebiet. Die Banner für das Stadtteilfest am Pfingstmontag hängen noch, das hübsche Örtchen döst am Sonntag vor sich hin.

SSV Rhade gegen Arminia

Arminias Gastgeber ist der SSV Rhade von 1925. Der Sportpark Risthaus, Heimat des Spiel- und Sportvereins, liegt im Grünen zwischen Äckern, Waldstücken und Einfamilienhaus- Quartieren. Im großzügigen Vereinsheim liegen die Umkleidekabinen und ein großer Raum mit Theke, der sicher schon die eine oder andere fröhliche Vereinsfeier gesehen hat.

SSV Rhade gegen Arminia

Nebendran liegen Tennisplätze, ein Naturrasenplatz sowie der – laut Webseite des Clubs – FIFA- geprüfte Kunstrasenplatz, auf dem sich heute die Blauinnen mit den Damen aus Rhade messen. Bänke stehen hinter dem Spielfeldrand, an einer Geraden steht ein Überdachungsgestell- offenbar noch im Bau. Es könnte der sexiest Tribüne alive tatsächlich Konkurrenz machen. Alles herrlich grün, echt gemütlich, mit freundlichen und fröhlichen Gastgebern.

Die Gastgeber sind mit der Saison ihres gerade aufgestiegenen Frauenteams zufrieden – Rhade hat den Klassenerhalt geschafft. Könnte aber noch ein bisschen klettern. „Wir können noch saturieren“, erklärt der nette Herr an der Blechkasse am Eingang. Wat!? Saturieren. Heißt laut Wörterbuch „bewirken, dass jemandes Verlangen, etwas Bestimmtes zu bekommen, gestillt ist“. Auf das heutige Spiel gemünzt heißt das: Rhade will gewinnen.

Die Blauinnen haben in ihren letzten beiden Partien fünf Tore erzielt. Das an sich ist respektabel, allerdings nur, wenn man dabei verschweigt, dass sie auch zehn Tore gefangen haben. So steht der tabellarische Saisonabschluss der schwarzweißblauen Frauen schon vor dem Spiel in Rhade fest: Es wird Platz sechs, komme, was wolle. Natürlich wollen auch die Blauinnen noch saturieren, aber das Westfalenpokalfinale steht noch an.

Wie also die vermeintliche Generalprobe für Mecklenbeck angehen? Nun, zunächst sind nach längerer Zeit mal wieder Marie Bärenwaldt, Lena Meynert, Tor- Charly und Anna Lena Meier in der Startelf der Blauinnen. Das Spiel ist ausgeglichen. Beide Teams bissig und zweikampfstark. Arminia mit zwei Distanzschüssen und zwei Ecken. Rhade mit schnellem Spiel nach vorne, bemüht, die optimistischen Defensivpässe der Blauinnen für sich zu nutzen.

Das erste fußballkulturelle Highlight des Spiels ist die Wasserflasche, die eine Rhadener Spielerin am Spielfeldrand platziert. Nicht so’n hipper Kunststoffscheiß wie in der TV-Werbung, nee, eine schnöde Glasflasche mit Drehverschluss, die garantiert aus einem brauen oder mintgrünen Kasten stammt, der im Supermarkt Dorsten Süd erstanden wurde.

Das erste echte sportliche Highlight ist mehr und mehr auf Seiten der Gastgeberinnen zu erwarten. Der SSV presst höher und höher, Arminia verteidigt optimistischer und optimistischer. Und dann passiert es. Nach einer Ecke befördert Rhade eine für Tor- Charly echt fiese Bogenlampe ins Netz.

Und nun? Rhade saturiert. Und die Blauinnen saturieren vor sich hin. In der Chemie bedeutet saturieren „bewirken, dass eine Substanz nicht weiter aufnahmefähig für andere Substanzen ist“. Das trifft Arminias Spiel über weite Strecken der ersten Halbzeit ziemlich genau. „Die könnten noch eine Stunde weiterspielen…“, lamentiert der Spielfeldrand nach etwa 32 Minuten. Schlechte Nachrichten für Dich: Die spielen noch eine Stunde weiter.

Erst im letzten Viertel des ersten Durchgangs kommen die Blauinnen ein bisschen mehr rein. Jupi und Marie Bärenwaldt hauen Hereingaben knapp am Tor vorbei. Sonst sind es ziemlich gebrauchte 45 Minuten für unsere Mädels. Obwohl die Meinungen im schwarzweißblau orientierten Spielfeldrand da durchaus auseinander gehen: „Sind die beiden drin, liegen wir hier in Führung.“. Entbehrt nicht einer gewissen Logik…

Halbzeit. Zum ersten Mal in Rhade, da fragen sich natürlich alle: Wie ist das kulinarische Angebot und in welchem Ambiente wird es dargeboten? Zum FIFA- geprüften Kunstrasenplatz gehört eine Hütte. Dort wird frischer Kuchen (Bienenstich! Mjam!) und nicht ganz so frischer Kaffee angeboten. In der Halbzeit gibt es außerdem richtig leckere Bratwurst von der Propan- Paula, die man dann auf den Bänken vor der Hütte unter Sonnenschirmen wegschnabibbeln kann. Echt schön hier.

SSV Rhade gegen Arminia

Jocy Hampel und Emmy Klingen sind jetzt im Spiel. Und was macht die Emmy? Nach Wiederanpfiff gleich mal einnetzen. Sammy Kühne spielt von links rein, und Arminias Alex- Morgan- Gedächtnis- Stirnband schiebt ein.

Sammy Kühne wird die Blauinnen nach dem Pokalfinale verlassen. Dass dies ein herber Verlust ist, zeigt sich in den zwei nächsten Szenen. Erst wird Sammy steil in den Strafraum geschickt und schiebt den Ball rein. Dann wird Sammy steil in den Strafraum geschickt und hebt den Ball rein. 55 Minuten gespielt.

Dat sind die Blauinnen. Mal sind sie überlegen, treffen das Tor nicht und verlieren erst den Faden und dann das Spiel. Oder sie hauen die Gegnerinnen durch die nächste Wand. Oder sie spielen 45 Minuten Grütze und lesen dann innerhalb von zehn Minuten die Messe wie heute. Deswegen sind die Blauinnen eine Zuguck- Empfehlung. Man kriegt immer was geboten.

Das 1:3 zieht den Gastgeberinnen etwas den Zahn. Trotzdem spielt der SSV Rhade weiter mit. Eine muntere Partie, die auch dem schwarzweißblauen Spielfeldrand- Mob gefällt. Lass’ne Runde auf den Mülleimer trommeln.

Als Pam Jahn in der 75. Minute das 4:1 macht, ist die Sache endgültig durch. Und kaum stellt der schlaue Rundumbeobachter dies am Spielfeldrand fest, kommt es vor dem Bielefelder Tor zu einer Szene, bei der der Ball herumflippert und (grob geschätzt) viermal das Aluminium, achtmal eine Rhadenerin, dreimal Tor- Charly und fünfmal irgendwelche Körperteile von diversen Arminia- Verteidigerinnen. Um das mal metaphorisch zu visualisieren, gäbe es reichlich Videos von Fußball- Slapstick. Hier reden wir aber von den Blauinnen, und die hätten in dieser Slapstick- Szene nicht irgendeinen schnöden CR7, sondern die Meister des Slapsticks selbst stolz gemacht.

Einen haut Rhade noch ans Aluminium, dann rollt die Partie locker aus. 4:1! Auswärtssieg!

Arminia hat Biss gezeigt und ein Spiel gedreht, das in vielerlei Hinsicht schwierig war: Starker Gegner, das Pokalfinale am Horizont, in der Liga nix mehr zu holen. Die Stimmung nach Schlusspfiff ist gelöst und fröhlich. Die Blauinnen haben sich vor der großen Saturierung schonmal saturiert. Sollte noch ein kleines bisschen mehr Hoffnung für Mecklenbeck machen!

Mehr Fotos zum Spiel

Für zeitloses Lesevergnügen ist die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ empfohlen. Da stehen viele Lagerfeuergeschichten drin, auch über die Blauinnen. Die Fibel gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?

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