Westfalia Herne gegen Arminia 0:5 – Der Mond und die Flut

Westfalia Herne gegen Arminia 0:5 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Der ICE nach Bochum ist pünktlich. Der ICE nach Bochum ist nahezu menschenleer.

Westfalia Herne gegen Arminia

Der Hauptbahnhof Bochum ist fast genauso menschenleer. Der Hauptbahnhof Bochum ist frei von Polizei (wie sich später herausstellen sollte, war alles, was bei der Polizei alleine stehen konnte, in Wanne- Eickel). Der Hauptbahnhof Bochum riecht nicht nach Pfefferspray (nicht, dass er ohne besser riecht, aber immerhin). Der Hauptbahnhof Bochum ist auch betretbar ohne Nadelöhr mit quetschenden Menschenmassen.

Die Straßenbahn nach Wanne- Eickel lässt den Rundumbeobachter mehrfach heftigst grinsen. Draußen verkündet ein Plakat den „Letzten Zahnarzt vor der A40“. Drinnen verkündet eine weibliche Stimme: „Ich bestell’ zwei Hochzeitskleider. Eins für mich, eins zum Weiterverkaufen“.

Der Umgang mit Tickets bei Westfalia Herne ist zeitlos. Digital bestellt, analog entwertet.

Der Mondpalast ist eigentlich die Heimstätte des Namensvetters DSC Wanne-Eickel. Westfalia Herne ist nach hierhin ausgewichen, da hier zumindest die Käfighaltung von Gästefans möglich ist. Na ja, Ihr habt das Hickhack alle mitgekriegt, werte Lesende. Der Mondpalast heißt so, weil…

Der Mondpalast ist eine Multifunktions- Bundesjugendspiele- Sportanlage. Nicht ganz so Oldschool wie das Schloss Strünkede, die eigentliche Heimstätte von Westfalia Herne, geht aber als gemütlich durch. Kurven mit Wellenbrechern, eine Quoten-Haupttribüne.

Oldschool ist aber der Support der Gastgeber. Das ganze Programm, das sich der Strünkede- Tourist wünscht, ist dabei. „West! West! Westfalia!“, „Deutscher Meister ’59, nur damit es jeder weiß!“ und natürlich das kehlige „Heeeerne, Heeeerne, Heeeerne!“. Und „Wenn wir wollen, schlagen wir Euch tot!“ habe ich bestimmt schon 30 Jahre nicht mehr hören dürfen.

Der Mond ist bekanntlich für die Flut verantwortlich. Und wenn wir wollen, fluten wir Euch den Mondpalast mit 1.000+ Arminen. Der Rundumbeobachter findet sich in einer lustigen Gästeblock- Ecke wieder. „Nach vorne!“, „Wieso immer noch 0:0, höhöhö“ heißt es, als der Ball zum Anstoß zurecht gelegt wird. Hier gefällt es.

Fassen wir den Tag bisher zusammen: Ein pünktlicher, leerer Fernverkehrszug, ein entspannter Hauptbahnhof Bochum, eine lustige Straßenbahnfahrt, ein gemütliches Stadion, Kartenabriss wie 1988, fröhliche Arminia- Mitreisende. Das kann auf dem Platz eigentlich nur schiefgehen.

Mal gucken, ob der Mond auch für eine Torflut sorgt. Ist nicht sogar Vollmond zur Zeit? Beim Spiel könnte man es annehmen, denn das meiste bis alles spielt sich drüben vor der anderen Stadionkurve ab. Vor dem Tor, auf das Arminia spielt. Vor unserem Käfig kriegen wir nur einmal aufgewühltes Spielfeld zu sehen. „Wasn das fürn Rasen!“, schimpft die lustige Gästeblock- Ecke, „Is’ ja wie in Saarbrücken hier.“ Ach Saarbrücken… nichts ist schlimmer als der Morast in Recklinghausen ein paar Kilometer weiter.

Arminia belagert den Herner Strafraum, die Gastgeber werfen sich in jeden Versuch. Bis Mael Corboz voll hinter einen Querschläger haut und ins Netz trifft. „Wenn der den richtig trifft, ist der Ball in Schalke“, stellt die lustige Gästeblock- Ecke fest. Hätte auch was, denen mal die Jahreshauptversammlung durcheinander bringen. 1:0- Führung nehme ich aber auch.

„Heeerne, Heeerne!“ da drüben. Und hier: „ARMINIJAHAAAA!“ – „Schrei nicht so, wir sind doch nicht beim Fußball hier.“. FLATSCH! – „Meeein Gott, zu blöd zum Bier festhalten“. Lustige Ecke.

Arminia dominiert. Kersken ist in der ersten Hälfte exakt dreimal am Ball. Viermal, wenn Auftischten vor einem langen Abschlag mitzählt. Alle anderen Stürmer im heute weißen Hemd sind öfter am Ball, es gibt ein paar Eckenfestivals, aber die Torflut lässt auf sich warten. FLATSCH! – „Meeein Gott, zu blöd zum Bier festhalten“.

Halbzeit. Lustige Ecke! „Ich hab’ ein Gratis-Ticket für’s Freibad gekriegt und dankend abgelehnt.“ Eine originelle Darstellung des Zustandes des Gäste- Aborts, der geflutet ist. Hoffentlich mit Wasser. Muss diese Mond- Anziehungskraft sein.

Seitenwechsel ist was Schönes. Jetzt haben wir das Spiel, in dem sich an Ballbesitzverhältnis und Spielrichtung auch nach der Pause nichts ändert, direkt vor unserer lustigen Ecke. FLATSCH! – „Meeein Gott, zu blöd zum Bier festhalten“ Die lustige Ecke wird mit Bier geflutet. Seid Ihr nervös hier, oder wie!? Vollmond oder was!? Ein normales Pokalspiel läuft so, dass der Klassenhöhere irgendwann trifft und dann das Ding unauffällig nach Hause wippt. Ein normales Arminia- Westfalenpokalspiel fällt eigentlich auch nicht mit Wettläufen zum Mond auf.

Gerade, als die lustige Gästeblock- Ecke ein erstes „Kannst Du besser“ hören lässt, fummelt sich Stefano Russo durch ganz Herne und trifft zum 2:0. Ding ist durch.

Die lustige Gästeblock- Ecke kann sich nun auch mit wesentlichen Dingen befassen. Etwa den skurillen Aufwärm- Methoden der heimischen Einwechselspieler. „Heute nur mit Gummi“.

Aber im Mondpalast wollen wir ja Flut. Macht der Corboz dann.

Es folgen die ersten Torchancen von Westfalia Herne, die Kersken ein paar Mal fordern. Aber bei Arminia sind Isi Young und Merv Biankadi im Spiel und die wollen mitfluten. Merv merkt, dass er mal wieder im Ruhrpott ist und versenkt technisch sehenswert.

„Ich hab’ gesagt, Corboz heute mit einem Dreierpack“, frohlockt die lustige Gästeblock- Ecke. War aber nur ein Doppelpack. Der Spielstand scheint zu irritieren. „Wie steht’s überhaupt?“, fragt die lustige Gästeblock- Ecke. Mitgeteilt wird es nicht. Die Sprecherkabine ist zwar besetzt, glänzt aber nicht mit einer Flut an Worten. Falls auch die Mitlesenden nicht nachgekommen sind: Es steht 4:0 für Arminia.

Westfalia Herne trifft die Latte. Die lustige Gästeblock- Ecke übt sich in Überheblichkeit. „Hau die Ecke mal direkt rein, so isses langweilig.“. Das 5:0 ist dann das erste Tor von Daniel Subu im Profi- Dress. Und dem gönnen wir’s! Ein Ball geht noch an den Pfosten, dann liegt das Halbfinale des Westfalenpokals eingepackt im Mannschaftsbus.

Mann, was haben wir geflutet. Den Gästeblock, das Gästeklo, die Tribüne mit Bier, Westfalia Herne mit Toren. Es ist wirklich Vollmond! Ganz viel Glück für Heeeerne!

Fotos zum Spiel

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