Arminia gegen Bocholt 3:2 – Von perfekt hergestellten Abständen

Arminia gegen Bocholt 3:2 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Bei Arminia gegen Bocholt geht es um die Relegation! (Nee, da sind die Blauinnen drin, Borussia Bocholt auch) Spitzenspiel! (Ja. Die dominierenden Teams der Regionalliga West gegeneinander. Das passt.) Meisterschaft! (das auch) Anfangen jetzt! (Ja, ich mach ja…)

Im Kräftemessen der Spitzenteams wirft Borussia Bocholt eine Menge Kraft in die Startphase des Spiels. Die tapfere Anna Müller, heute im Tor der Blauinnen, muss in den ersten zehn Minuten gleich zweimal eingreifen. „Ouuuuuh“ im Publikum – Gegnerchancen ist man da, wo man gewöhnlich zweistellige Siege einfordert, in dieser Frequenz nicht gewohnt. Applaus bei den etwa 20 mitgereisten Bocholtern. Die haben ein tolles Transparent dabei:

Arminia gegen Bocholt

Bocholt steht geschickt und bietet ordentlich Stirn- gerade als man so in der 20. Minute denkt, dass Bocholt die ersten Breitseiten verschossen habe, fahren die den nächsten Konter durch irgendeine Schnittstelle und sorgen für das nächste „Ouuuuuh“. Arminias Mittel zum Zweck sind Distanzschüssen, die mehr (weit vorbei) oder weniger (zwei Glanztaten der Bocholter Torfrau) viel Abstand zum Ziel haben. Der Zweck erfüllt sich in der 35. Minute. Lisa Lösch haut einen Freistoß aus zentraler Position in den Winkel. Da hat der Voglsammer das also gelernt…Jubel auf und neben dem Feld.

Aber der nächste Bocholter Angriff sitzt dann auch. Wieder ein paar Pässe durch ein paar Schnittstellen, diesmal hat Anna Müller keine Chance. Anfeuerungsrufe von der Seitenlinie. Hier die Fans, drüben Wuckel. Im bisherigen Saisonverlauf waren die Blauinnen ja nicht unbedingt durch „Jeder schuss ein Treffer“ berühmt. Das war aber auch egal, denn wenn Du 30mal aufs Tor schießt und davon zehn sitzen, ist das ohne Tadel. Heute sind sie spitzenreiterinnenmäßig effektiv. Kurz vor der Halbzeit tankt sich Bella (Wuckel und Lisa Lösch: „Anna“, die anderen aber auch „Bella“) Jäger durch und schießt flach und trocken unten rechts ein. Wer Torwand-Witze hat, darf sie jetzt machen. Publikum? „Wie anner Torwand, unten rechts, höhöhö.“. Danke. Bitte.

Halbzeit. Lest nun das Protokoll eines Pausen-Geblödels zwischen einem Bielefelder und zwei (sehr netten) Bocholtern im Abstand zur Bratstation: „Stau hier, höhöhö?“ – „Nee, da ist der Wurststau, höhöhö“ – „Stau war auch auf der Autobahn. Wir sind um acht Uhr los, höhöhö…“ – „Seid Ihr mit dem Fahrrad da, oder was, höhöhö“ – „Nein, zu Fuuuuß, höhöhö“. Ich kenne Pferdeställe mit weniger „Höhöhö“.

Die erste Halbzeit war ein Spiel auf Augenhöhe. In die zweite Runde startet Arminia mit einer Menge Entschlossenheit. Bocholt hält engagiert dagegen- und so neutralisieren sich beiden Teams mit Höchstgeschwindigkeitsduellen und Zweikämpfen zwischen Mittellinie und Bocholter Strafraum. Gelegenheit für das Publikum, sich über den Männerbereich zu amüsieren (HSV) und zu ekeln (TuS Paderborn-Neuhaus). Smartphones sollten echt nur zum Livetickern da sein…

Daher ein paar Fakten zum Spiel in der realen Welt: Die Torschützin zum zwischenzeitlichen Bocholter Ausgleich heißt Alina Stallmann. Es war ihr 28. Saisontreffer. Das ist mehr als beachtlich und wäre Ligaspitzenwert, gäbe es da nicht Sarah Grünheid. Die hatte vor der Partie nochmal 14 Tore mehr geschossen und stellt in der 61. Minute diesen Abstand wieder her. Sie haut einen Abpraller in die Maschen und sorgt für befreiten Jubel – sogar ein kehliges „Ja Mann, Ja Mann!“ ist von der Seite zu vernehmen.

„Kompakter jetzt!“, brüllt Wuckel, „Kompakter stehen im Mittelfeld!“. Das machen die Blauinnen doch glatt. Und Bocholt stellt sich höher. Und so neutralisieren sich beiden Teams mit Höchstgeschwindigkeitsduellen und Zweikämpfen zwischen Mittellinie und Bielefelder Strafraum. Aber die Borussia gibt sich nicht geschlagen. Ein Kopfball aus kurzem Abstand muss eigentlich in Anna Müllers Tor, geht aber vorbei. „Höhö“…nee, sorry, „Oooouh!“. Auch die eine oder andere „Ansichtskarte, oouhhh“…neee, Mist…“Ansichtskarte, höhöhö“ gibt es jetzt nach diversen Trikot-Material-Überprüfungen auf beiden Seiten.

Foul vor dem Bielefelder Strafraum kurz vor Ende. Sagt zumindest der SchiRi. In Rücksprache mit seinem LiRi korrigiert er die Abstände und gibt Elfmeter für Borussia Bocholt. Ach guck, sowas geht auch ohne Headset, Videoanlage und Keller in Köln. Anyway, der Elfer sitzt, Bocholt hat den Ein-Tor-Abstand wieder hergestellt. Wuuuaaaah, das sieht nach dramatischen Schlusssekunden aus. „Bielefeld! Bielefeld!“ röhren die Zuschauer…

…und was machen die Blauinnen? Spielen es in Ruhe zu Ende. Ein hartes Stück Arbeit, das Arminia mit der besseren Effektivität für sich entscheiden konnte. Nach den zuletzt etwas wackligen Auftritten haben sie heute die Effektivität eines Spitzenreiters gezeigt! Super, Ladies!

Die Blauinnen haben – bei einem Nachholspiel – den alten Sechs-Punkte-Abstand auf Bocholt wieder hergestellt. Bekanntlich sind wir Arminen beim Tabellenrechnen leicht bis mittelschwer paranoid. Ich auch. Daher erkläre ich die DSC-Frauen noch nicht zur Regionalliga-Meisterin, da sie noch drei Spiele haben, um einen Abstand von 23 in der Tordifferenz zu versemmeln. Aber was bedeutet schon „Meisterschaft“, wenn erst eine Relegation über den Aufstieg und damit den Saisonerfolg entscheidet? Eine Relegation, für die die Blauinnen schon länger qualifiziert sind (Borussia Bocholt übrigens auch)? Es bedeutet, dass die Mädels sich freuen. Und auch das ist immer noch wesentlich.

Das Bielefelder Glückshormon hatte heute ordentlich Arbeit.

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