Arminia gegen KSC 1:0 – Die ersten Rundumbeobachtungen

Arminia gegen KSC 1:0

…und heute der erste Spielbericht! In der Aufstiegssaison 2012/2013 besiegte Arminia den späteren Drittligameister und Mitaufsteiger aus Karlsruhe mit 1:0. Tor von Klos, ach watt. Damals habe ich hin und her gegrübelt, wie ich den Text nennen sollte. Es sollte schließlich kein Spielbericht à la kicker oder NW werden. Das war weder meine Intention noch die von fankultur.com.

Natürlich sollte das Spiel im Mittelpunkt stehen, schließlich war es Anlass für den Text. Und Spaß sollte der Text machen. Und im Sinne von „Fankultur“ (ich definiere den Begriff sehr weit, tatsächlich als massen- und alltagskulturell) die Geschehnisse darstellen, die rund um das Spiel so passieren. Das Ergebnis hieß „Rundumbeobachtungen“. Später bekamen auf fankultur.com alle Blogs ihre eigenen Namen. Meiner hieß „Rundumbeobachtungen“ und so heißt er bis heute.

Damals ging ich davon aus, dass meine Texte auf einer bundesweiten Webseite auch bundesweit gelesen werden. So lesen sich diese ersten Rundumbeobachtungen auch. Arminia gegen KSC.

Arminia gegen KSC 1:0- Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Fans unterliegen manchmal zwanghaften Gedankengängen. Man ist zum Beispiel auf Reisen in Leipzig, besichtigt die Thomaskirche, sieht dort ein Schild („Sitzplätze 51 – 79“) und denkt nicht einmal eine Nanosekunde später: „Sitzen ist für’n A….!“. Oder man macht sich auf den Weg nach Bielefeld zum Spiel und sieht am Münsteraner Hauptbahnhof ein Schild, das „ofenfrische Brezeln“ für 65 Cent anpreist und denkt nicht einmal eine Nanosekunde später: „Wieso kostet eine Brezel auf der Alm einen Euro, und die ist noch nicht mal ofenfrisch?“.

Szene an der Stadionkasse: „Ich möchte bitte einen Platz, von dem ich gut sehen kann“ – „Hier gibt’s nur Stehplatzkarten“ – „Ja gut…Dann möchte ich bitte einen Stehplatz, von dem ich gut sehen kann“ – „Hmmmm…ich gebe Ihnen Block 1, da haben Sie eine gute Sicht von oben…“ – „Da habe ich einen guten Platz?“ – „Sie haben freie Platzwahl…Es sind Stehplatztribünen.“ –„[längerer Denkprozess] Gut. Dann einmal Arminia Bielefeld gegen den Karlsruher SC, bitte.“. Loriot live.

Arminia gegen KSC
(Bild von 2022)

8.000 Zuschauer sind auf die Alm gekommen, ein akzeptabler Besuch angesichts der Ferienzeit. Der KSC hat etwa 500 Fans mitgebracht. Das Spiel beginnen die Gäste sehr forsch und haben in der vierten Minute die erste dicke Chance. Vor allem der agile Cahanoglu fällt in den Reihen des KSC auf. Die Vorschusslorbeeren, mit der das Karlsruher Talent seit Saisonbeginn überschüttet wurde, sind ebenso wenig übertrieben wie die drei Mille Ablöse, die der KSC für ihn sehen will. Arminia kämpft, die Defensive ist aufmerksam, nach vorne passiert kaum etwas. Das gilt dann irgendwann auch für den KSC, bei leichtem Übergewicht.

Folge ist, dass sich beide Teams ab Mitte der ersten Halbzeit neutralisieren. Folgerichtig die Aussage eines Zuschauers auf Block 3: „Man, so gelangweilt habe ich mich beim Fußball das letzte Mal…vorgestern“. Wenigstens schafft es der Schiedsrichter, bei ein paar Zweikämpfen etwas unglücklich zu entscheiden und damit den Bielefelder Anhang gegen sich aufzubringen.

In der 32, Minute hat der KSC durch besagten Cahanoglu eine Riesenchance, im Gegenzug schnippt Fabian Klos den Ball am herausrasenden Orlishausen vorbei an den Innenpfosten und es steht 1:0 für Arminia. Ja, Fabian Klos! Gewachsen wie eine Tanne, der Kerl, und auf den ersten Blick wirkt er auch in etwa so beweglich. Doch es läuft bei ihm, fünf Tore in drei Spielen. Danach langweilt sich das Spiel in die Halbzeit.

Der Halbzeit-Conferencier auf der Alm heißt, Thomas „Schmitti“ Milse. Wer ihn noch nicht live erlebt hat: Er ist eine Kombination aus Kaffeefahrt-Animateur, Marktschreier und Stadionsprecher, und das alles auf ostwestfälisch. Ein wunderbarer Versprecher, als er auf das anstehende Pokalspiel gegen eine Möbelhaus-Werkself aus der Nachbarschaft hinweist: „Und dann am nächsten Sonntag das Pokalderby gegen den SC Paderborn 2007“. Ich will Schmitti nicht missen…

Die zweit Halbzeit beginnt genau wie die erste, etwas Langeweile, dann eine Riesenchance für Cahanoglu. Unfassbare Szenen in der 52. Minute: Die Rasenbewässerung geht an und sorgt für eine Spielunterbrechung. Tapfer versucht Arminias Patrick Schönfeld, eine Eskalation zu vermeiden und will den aus dem Erdreich aufgetauchten Sprinkler beruhigen – Folge ist eine heftige Dusche.

Die Ordner sind mit der Situation völlig überfordert („Sollen wir jetzt irgendwas machen??!“). Erst nach mehreren Minuten ist die Situation unter Kontrolle. Der traurige Höhepunkt des Tages! Wir in Bielefeld haben als erste dafür gesorgt, dass die Feuerdebatte nun eine Feuer- und Wasserdebatte ist! Wasser ist unkontrolliert auf das Spielfeld geflogen! Solche Szenen wollen wir nicht sehen! Kerner, übernehmen Sie!

Danach wird es spannend, zumindest für die Bielefelder Zuschauer. Der KSC hat den Rest der zweiten Halbzeit gefühlte 247 % Ballbesitz, Arminia schafft es nur selten – na ja, eigentlich gar nicht…-, sich zu befreien. Positiv hervorzuheben ist Arminias Kampfgeist: Tapfer werfen sich alle Spieler in alle Pässe und Schüsse des Gegners.

In der 80. Minute schaffen die Karlsruher die Fehlleistung des Tages und schießen aus zwei Metern am leeren Tor vorbei. Gerade, als die Alm danach kollektiv wieder atmen kann, sieht KSC-Spieler Martin Stoll den roten Karton. Er war kurz zuvor mit beiden Beinen Richtung Ball gerauscht, erwischt hat er Arminias Johannes Rahn.

Das Fazit des Spiels ziehen drei weibliche KSC-Fans mittleren Alters nachher im Zug Richtung Hamm: „Mer hän de Schangse, de anderet schieße desch Tor“. Stimmt schon. Aber das Glück ist mit den Dummen. Und weil Arminia Bielefeld bekanntlich oft und gerne mal die Dummen sind, ist das Glück heute mit ihnen.

Mann des Spiels: Derjenige welche, der die Rassenbewässerung programmiert. Vor wem auch immer er sich am Montag dafür rechtfertigen muss: Ich will nicht mit ihm tauschen…Aquatechnik ist kein Verbrechen!

Alle Jubiläumstexte im Wochenkalender.

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