Aufstiegsgedanken-Rundumbeobachtungen DSC14/15-28
…schön, irre, geil, fantastissimo! Gänsehautentzündung! Wir sind zurück in der zweiten Liga, Aufsteiger Arminia! In Bielefeld singt man Trallala! Woran erkennt man einen Arminia-Blog? Dass er sich in bisher drei Jahren Existenz zweimal Aufstiegsgedanken macht. Aus alt mach‘ neu und bleib‘ dabei!, so hieß es vor zwei Jahren. Und ist Arminia dabei geblieben? Ist der DSC vielleicht sogar besser geworden?
Rundumbeobachter von 2023: Die Frage bleibt bis heute spannend. In jetzt 10 ½ Jahren Existenz sind noch einmal Aufstiegsgedanken dazu gekommen. Rechnet man die Blauinnen mit rein, sogar insgesamt vier.
Der sportliche Vergleich ist schnell gezogen. 2013 ist Arminia aufgestiegen. 2015 ist Arminia aufgestiegen, wurde Drittligameister und Pokalhalbfinalist. Zwar holte man in 2013 zwei Punkte mehr, aber das ist bei 38 Spielen marginal. Viel wesentlicher ist, dass vor zwei Jahren zehn Spieler 59 Ligatore erzielten. In dieser Saison erzielten 13 Spieler 75 Tore. Das spricht für die verbesserte sportliche Qualität. Ich muss nicht nochmal erklären, wie und warum in so ziemlich allen Mannschaftsteilen nachgebessert wurde, das ist haben wir alle gesehen.
Ebenso wie 2013 stimmt der Teamgeist. Das sieht man daran, wie schnell später Dazugekommene wie Dennis Mast, UlmUlmUlm oder Manuel Junglas integriert wurden und sich auch gern selbst integrierten. Und wie 2013 gilt auch 2015, dass Arminias Mannschaft enorm sympathisch ist. Wer „Alle aufm Zaun“ miterlebt hat, wer gesehen hat, wie dem sonst so „knallhart“ auftretenden Fabi im Interview nach dem Aufstieg die Augen schwammen, der hat die Jungs einfach lieb. Im Vergleich der Mannschaften 2013 und 2015 bleibt festzuhalten: Liebenswertes Team, sportlich besser. Passt!
Die ruhige und besonnene Art der Vereinsarbeit ist ebenfalls kontinuierlich weitergegangen. Die nachhaltige Arbeit des Präsidiums Zillies wird vom Präsidium Laufer weitergeführt. Die finanzielle Situation ist angesichts der sportlichen Glanzlichter in den Hintergrund gerückt, bleibt aber eine wesentliche Baustelle im Club. Die Stadiongesellschaft hilft ein ganzes Stück weiter, ebenso das Entgegenkommen von Gläubigern und natürlich das Engagement von Gerry Weber, dem ich an dieser Stelle ganz besonders danken möchte.
Auch Markus Uhlig und Samir Arabi leisten weiterhin erstklassige Arbeit. Als Arminia vor zehn Jahren der Club war, dem die Banken vertrauten, hat man eine tolle Ausgangssituation verdödelt. Jetzt, mit vielen Miesen an den Hacken und gezwungen, kleine und wohlüberlegte Schritte zu tun, gehen diese kleinen Schritte weiter und weiter in eine vielversprechende Richtung. Im Vergleich der Vereinsarbeit 2013 und 2015 bleibt festzuhalten: Weiter so!
Rundumbeobachter von 2023: Das dürfte eine wesentliche Lehre der Jahre 2014 und 2015 sein. Die ruhige und besonnene Art ist bestehen geblieben, hinzu kam das Bündnis Ostwestfalen. Was wir zur Zeit recht schmerzhaft lernen müssen ist, dass die kleinen Schritte manchmal auch durch Pfützen und über Steine gehen.
„Passt“ und „Weiter so!“- Wie passt der Abstieg da ins Bild? War er wirklich das „Trauma“, der „Umbruch“ (mal wieder) und das „Typisch Arminia“? Seit gestern wissen wir, dass die vor Jahresfrist vergeigte Relegation nicht nur gegen Arminia (obwohl sie an dem Tag wirklich scheiße gespielt haben), sondern vor allem für Darmstadt 98 spricht. Zugegeben, im Nachhinein ist es einfach, zu sagen, dass das Drittligajahr ein „sabbatical“ war, zumal die Pokaleinnahmen die finanziellen Einbußen größtenteils kompensiert haben dürften.
Sowohl Vereinsarbeit als auch sportliche Entwicklung sind durch den Abstieg nicht unterbrochen, sondern fortgesetzt worden, jeweils in eine positive Richtung.
Rundumbeobachter von 2023: Ich wage einfach mal zu behaupten, dass für Arminia unterm Strich mehr dabei rumgekommen ist als für Darmstadt. Aber unabhängig davon: So traumatisch das Darmstadt-Spiel war, es war der Moment, in dem wir uns auf uns konzentriert und zu uns gefunden haben. Die Saison 2014/2015 hat das eindrucksvoll gezeigt und die Zeit danach ebenfalls.
Und auch eine weitere positive Tendenz zeigte sich nach dem Abstieg: Zwangsläufig war Arminia mal wieder eine bundesweite Lachnummer. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Arminia im Pokalhalbfinale nicht nur die Mehrheit der Sympathien hatte, sondern diese auch über den Schlusspfiff hinaus behalten hat. Die Republik hielt mit einem Außenseiter, verabschiedete sich aber vom DSC Arminia Bielefeld. Aus der Lachnummer wurden die „Bielehelden“. Das ist ein weiterer wesentlicher Verdienst der Pokalsaison. Es ist wunderbar, sich „Arminia“ zu fühlen und dafür Anerkennung zu bekommen.
Rundumbeobachter von 2023: In der letzten Zeit haben sich die Blauen nicht unbedingt für die Festigung dessen angeboten, aber ich meine dennoch, dass die Wahrnehmung Arminias immer noch eine bessere, respektvollere ist als sie es noch 2014 war.
Sicherlich wartet die Leserschaft nun auf den Vergleich der Trainer 2013 und 2015. Nö. Mache ich nicht. Der Vergleich war von Anfang an überflüssig, jetzt ist er das endgültig. Ich komme lieber zu meinem Steckenpferdchen: Publikum, Fans und Umfeld. Und das beginnt tatsächlich mit einem allerletzten Zitat von Stefan Krämer, der 2013 sagte, es sei wichtig, die Zuschauer zurückzuholen. Das hat funktioniert, wie wir wissen. Doch mit Zurückholen allein ist es nicht getan, man muss die Zuschauer auch binden. Im Schnitt kamen über 4.000 Zuschauer mehr zu den Liga-Heimspielen als 2012/2013. Rechnet man den Pokal dazu, ist der Heimspielschnitt der Zweitligasaison 2013/2014 erreicht.
Viel haben wir diskutiert über „Eventfans“ und „Erfolgsfans“. Aber: Der „Eventie“, der nur zum Relegationsspiel und zum Pokalspiel gegen Gladbach kam, der hat zwei emotionale Extreme erlebt. Die werden ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen. Der kommt wieder. Der „Eventie“, der gegen Golfsburg auf die Alm kam und die Gänsehautentzündung miterlebt hat, kommt auch wieder. Auch die Entwicklung der Mitgliederzahlen spricht eine deutliche Sprache.
Natürlich ist unser Denken grundsätzlich dasselbe geblieben: Gezeter und Weltuntergang nach Niederlagen, Bundesliga 2017 nach Siegen, alles in Frage stellen, alles feiern…Ihr kennt das. Da unterscheiden sich 2013 und 2015 nicht groß. Und trotzdem war 2014/2015 eine neue Nuance im Arminia-Feeling. Marcus Uhlig hat es so zusammengefasst: Nach dem Abstieg gab es ein „Jetzt erst recht“-Gefühl, dass dann über die Saison, befeuert vom Pokal, eine Eigendynamik entwickelte. „Funky“ sind wir laut Arnd Zeigler geworden.
Jetzt gehe es darum, die Fröhlichkeit zu bewahren, so Uhlig weiter. Wir haben in dieser Saison gelernt, dass man Arminia nicht mit irgendwelchen Erwartungen verbinden muss, sondern sie einfach dafür liebhaben kann, dass sie Arminia ist. Nun gilt es zu hoffen, dass wir die Fröhlichkeit tatsächlich bewahren können. Wer die Sau rauslassen kann, muss sie auch wieder einfangen können. Diesbezüglich wird uns die nächste Saison öfter mal auf die Probe stellen. Die gute Arbeit wird sich auszahlen, früher oder später, trotz Rückschlägen, die es weiterhin geben wird.
Es geht voran. Schritt für Schritt. Wenn wir hinter die Zweikämpfe, Standards, Tore und Tabellen gucken, sollte uns das auch klar werden und bleiben. Und dann gewinnt „Typisch Arminia“ vielleicht auch mal eine andere, neue Qualität.
Rundumbeobachter von 2023: So gesehen habe ich damals gar nicht so falsch gelegen. Es geht voran, Schritt für Schritt. Auch wenn die Schritte über Steine, durch Pfützen oder auch mal voll vor die Mauer gehen.
Ja, es ist eine bessere Arminia als 2013. Es geht weiter voran. Schön, das miterleben zu können.
Rundumbeobachter von 2023: Arminia Bielefeld, nur Du bist das, was zählt! Am Wochenende geht es in die Realität des Zweitliga-Abstiegskampfes zurück. Ich hoffe, Ihr habt meine kleine Winterpausenversüßung genossen. Und wenn uns das Tagesgeschäft wieder bis ins Letzte fordert, nicht vergessen: Auf jedes Darmstadt folgt immer eine Gänsehautentzündung!