Here’s to you, Ms. Coulter! (2015)

Auf Ihr Wohl, Frau Coulter!

Auf Ihr Wohl…äh…wer!? Ann Coulter. Kennt Ihr nicht?! Also: Ann Coulter ist eine Kolumnistin aus den USA, die in allem, was sie für „liberal“ hält, den Untergang der stars and stripes erschnüffelt- schon lange vor Donald Trump. Natürlich hat sie auch eine Meinung zu „soccer“, oder sowas ähnliches wie eine Meinung. Diese hat sie 2014 während der WM in Brasilien kundgetan. Diese Kolumne war so merkwürdig, dass der Rundumbeobachter nicht daran vorbeigehen konnte. Erst habe ich das Original übersetzt, es folgt mein freundlicher Kommentar.

Coulter Nightmare

AMERIKAS NATIONALE LIEBLINGSBESCHÄFTIGUNG: FUSSBALL HASSEN

Über zehn Jahre lang habe ich mich zurückgehalten, etwas über Fußball zu schreiben – oder etwa so lang, wie ein durchschnittliches Fußballspiel dauert -, um niemanden zu beleidigen. Aber genug ist genug. Ein wachsendes Interesse an Fußball kann nur ein Zeichen des moralischen Verfalls der Nation sein.

Guten Tag, Ms. Coulter. Ich dachte, ich spreche Sie direkt an, damit keiner ihrer Landsleute in die Verlegenheit gerät, sich im Verlauf dieses Artikels mit Ihnen gleichgesetzt fühlen zu müssen. Als ich Ihre Kolumne las, war ich versucht, zurück zu polemisieren, wie die Huffington Post und ungezählte Social-Media-Teilnehmer. Aber: Nee, machen wir anders, wir sind ja nicht bei Oprah hier.

Ganz schön krude These, die Sie da voranstellen, Ms. Coulter! Rekapitulieren wir sie nochmal: Der moralische Verfall der USA hängt mit dem steigenden Interesse am Fußball zusammen. Der moralische Verfall der USA hängt mit dem steigenden Interesse am Fußball zusammen. Der moralische Verfall der USA hängt mit…nein, auch wenn man das mehrmals schreibt, bleibt es seltsam. Anyway, die Antithese ist feuerbereit. Los geht’s!

(1) Die Einzelleistung spielt keine große Rolle beim Fußball. In einem echten Sport vertändeln Spieler den Football, setzen den Korbwurf ans Brett und lassen Flugbälle fallen- alles vor Publikum. Wenn der Baseballspieler ausholt, steht er allein auf dem Mal. Aber es gibt auch den persönlichen Ruhm bei Home Runs, Touchdowns und Slamdunks. Beim Fußball ist die Schande auf die Mannschaft verteilt.

Treffer erzielt kaum jemand. Es gibt keine Helden, keine Versager, keine Verantwortung und kein zerbrechliches kindliches Gemüt wird zugrunde gerichtet. Es gibt einen Grund, warum man ewig besorgte Mütter „Soccer Moms“ nennt und nicht „Football Moms“. Gibt es im Fußball überhaupt so etwas wie wertvolle Spieler? Jeder rennt einfach nur das Feld rauf und runter und ab und zu mal geht ein Ball zufällig rein. Dann sollen wir ausrasten. Ich schlafe schon.

„Echter“ Sport wird also am Ruhm und an der Demütigung – daran vor allem – festgemacht. Ich könnte jetzt wertvolle Fußballer aufzählen und Ihnen die Begriffe „Fehlpass“, „Eigentor“ und „Golden Goal“ erklären. Ich könnte Ihnen auch ein paar „tragische Helden“ im Fußball nennen, als Antagonisten Ihrer Held-oder-Niete-Phantasterei. Viel interessanter finde ich aber Ihre Idee von Ruhm und Schande, die nicht auf einzelne, sondern auf das Team verteilt sind. Ich darf mal zitieren: „Wenn ein Team über Einzelleistungen hinauswächst und Teamgeist entwickelt, wird Hervorragendes wahr“. Ein Spruch aus dem heldenlosen Fußball?

Nein, von Joe Paterno, dem erfolgreichsten Coach in der Geschichte des US-College-Football. Wo zeigt sich jetzt der moralische Verfall? Dass man beim Basketball jede Minute einen Korb feiert, beim Fußball aber mitfiebern muss und sich dann um so mehr über ein Tor freut? Oder dass Kinder heulend und zertreten nach einem Straßenfootballspiel heimkommen, nach dem Fußball nur dreckig? Führen Sie das mit den Kindern doch bitte genauer aus, Ms. Coulter…

(2) Liberale Mütter lieben Fußball, denn es ist ein Sport, in dem es so wenig auf Athletik ankommt, dass Mädchen mit Jungen spielen können. Kein ernsthafter Sport ist gemischt, nicht mal im Kindergartenalter.

Tennis auch nicht? Segeln? Golf? Alle drei gibt es „mixed“, alle drei sind beliebt in den USA und können als „ernsthafter Sport“ gelten. Jetzt weiß ich natürlich nicht, wie amerikanische Kindergartenkids Segeln, Golfen oder Tennis spielen. Oder Basketball oder meinetwegen Football. Vermutlich strikt nach Jungs und Mädels getrennt.

(3) Kein anderer „Sport“ endet so oft mit torlosen Unentschieden wie Fußball. Hier eine Anzeigetafel am Freeway in Long Beach, Kalifornien, letzte Woche bei einem Weltmeisterschaftsspiel: „2. Halbzeit, noch 11 Minuten, Spielstand: 0:0“. Zwei Stunden später noch ein Weltmeisterschaftsspiel auf der selben Anzeigetafel: „Erste Halbzeit, noch 8 Minuten, Spielstand 0:0“. Wenn Michael Jackson seine chronische Schlaflosigkeit statt mit Propofol mit einer Aufzeichnung von Argentinien gegen Brasilien behandelt hätte, wäre er noch am Leben, wenn auch gelangweilt. Sogar im Football, und damit meine ich Football, gibt es einige wenige punktlose Unentschieden – und es ist um einiger schwerer zu punkten, wenn Dich ein halbes Dutzend 130-Kilo-Kanten zu zerschmettern versucht.

Argentinien gegen Brasilien ist selten was für schwache Gemüter, schon gar nicht für Michael Jackson. Was ist jetzt doof am Fußball? Die NullzuNulls, wo es doch viel einfacher ist, im Fußball als im Football zu punkten. Vergleich von Apfel und Birne. Wo ist der moralische Verfall der Nation? Hatten wir schon bei Punkt (1), oder? Action-Entertainment = Moralische Höhe. Spannung = Moralischer Dreck. Ä-Hääää….!?

(4) Die Aussicht entweder auf persönliche Demütigung oder schwere Verletzung ist erforderlich, damit eine Sportart als Sportart gelten kann. Die meisten Sportarten sind weitergedachte Kriegführung. Wie Lady Thatcher sagte, nachdem Deutschland England in irgendeinem wichtigen Fußballspiel geschlagen hatte: „Keine Sorge. Wir haben sie in diesem Jahrhundert immer noch zweimal in ihrem Nationalsport besiegt.“

In Baseball und Basketball droht immer eine persönliche Blamage. Im Eishockey gibt es drei oder vier Schlägereien pro Spiel- und es ist kein Strandspaziergang, mit einem Puck auf dem Eis zu sein, der mit 160 Sachen durch die Gegend fliegt. Nach einem Footballspiel transportieren Krankenwagen die Verwundeten ab. Nach einem Fußballspiel bekommt jeder Spieler einen Orden und eine Kiste Saft.

Stringentes Argumentieren geht anders, Ms. Coulter. Sie wollen belegen, dass Fußball KEIN Krieg ist und bringen ein Zitat, das Fußball mit Krieg vergleicht. Was haben Sie eigentlich immer mit Demütigung, Krieg, Schlacht, Massaker und Verletzungen als Kennzeichnungen von Sport? Ein Autorennen ist für Sie wohl auch nur ein Autorennen, wenn es mindestens drei Boliden und vier Streckenposten zerfetzt. Persönlich warte ich lieber auf Tore als auf Verletzte, aber jeder, wie er mag. Fassen wir Ihren Punkt (4) zusammen: Massaker geil zu finden ist moralisch wertvoller als zitternd auf den Ausgleich zu hoffen. Moralischer Verfall? Ernsthaft jetzt!?

(5) Man darf im Fußball die Hände nicht benutzen (damit erledigt sich außerdem die Gefahr, einen Flugball fangen zu müssen). Was uns Menschen von niederen Kreaturen unterscheidet ist, dass wir neben einer Seele opponierbare Daumen haben. Unsere Hände können Dinge festhalten. Tolle Idee: Lasst uns ein Spiel erfinden, wo wir sie nicht benutzen dürfen!

Ja! Eben! Darum geht es! Deswegen heißt es „FUSSball“! Verzeihung, nochmal für Sie, Ms. Coulter: „Association FOOTball“, kurz: „soccer“. Entweder haben Sie Fußball nicht begriffen oder sie wollen ihn nicht begreifen. Verfällt die amerikanische Moral jetzt, weil sich Ihre fellow citizens für eine Sportart interessieren, die Ihrer Meinung nach wider die menschliche Anatomie ist? Das Argument ist tatsächlich NOCH blöder als der Kindergarten, der nach Jungs und Mädels getrennt Basketball spielt. Kurze Frage: Wie ist das eigentlich beim Baseball? Kommt der Outfielder mit dem Fanghandschuh auf die Welt? Müsste ja so sein, wenn „richtige“ Sportarten der menschlichen Anatomie entsprechen. Reden wir aber mal über was Vernünftiges – Kommt jetzt endlich das mit den Straßenbahnen?

(6) Ich ärgere mich, dass uns Fußball aufgezwungen wird. Die selben Leute, die Amerikanern Fußball aufnötigen, verlangen auch, dass wir die HBO-Serie „Girls“, Straßenbahnen, Beyoncé und Hillary Clinton lieben. Die Anzahl von New York-Times-Artikeln, die behaupten, Fußball „hole auf“, wird nur von denen übertroffen, die meinen, Frauenbasketball sei faszinierend. Ich stelle dazu fest, dass man uns offenbar nicht endlos erzählen muss, wie aufregend American Football ist.

Natürlich nicht. American Football habt „Ihr“ ja erfunden und gezüchtet. Fußball braucht ein bisschen Publicity in den US von A. Und da haben Sie jetzt das Problem erkannt, Ms. Coulter. Interesse an Fußball wird aufgezwungen und damit der moralische Verfall. Lassen wir Ihren persönlichen Beef mit der New York Times außen vor und stellen wir Fußball in eine Reihe mit Ihren weiteren Verfallindikatoren. „Girls“ läuft bei uns auf ZDFneo, hab‘ ich nie geguckt, kann ich nicht beurteilen. Beyoncé…nun, Amerika hat auch Vanilla Ice und Mötley Crüe ohne schwere moralische Erschütterung überstanden. Und Hillary- Nun, die hat damals mehr Stimmen bekommen als Donald Trump, wenn auch nicht mehr Wahlmänner.

Es ist so, Ms. Coulter: Kein Amerikaner muss „Girls“ gucken. Kein Amerikaner muss Beyoncé hören. Kein Amerikaner muss Hillary Clinton gut finden. Kein Amerikaner muss sich für Frauenbasketball interessieren. Amerikaner können sich all dem – auch Fußball – aus freien Stücken verweigern. Haben sie aber nicht. Ist das ein Zeichen für moralischen Verfall oder für kulturellen Pluralismus, Ms. Coulter? Bei den Straßenbahnen („light trains“) haben Sie natürlich recht, die sind genauso ein moralischer Schund wie Fußball. Yeah. Die Aussage macht so viel Sinn wie eine Taucherbrille im Death Valley.

(7) Es ist fremdländisch. Tatsächlich ist das der genaue Grund, warum die Times Amerikaner ständig zur Fußballliebe nötigt. Eine Gruppe von Sportfans, bei der Fußball nicht „aufholt“, sind Afro-Amerikaner. Sie bleiben deutlich unbeeindruckt davon, dass Franzosen Fußball mögen.

Fremdländisch = Mies. Ich habe irgendwie schon drauf gewartet. Haben Sie ein Glück, Ms. Coulter, dass sich Afro-Amerikaner dem moralischen Verfall verweigern. Und den Franzosen. Oder wie jetzt? Einmal das „fremdländisch Sündige“ vertiefen, bitte…

(8) Fußball ist wie das metrische System, das die Liberalen anbeten, weil es auch europäisch ist. Das metrische System stammt aus der französischen Revolution, aus den kurzen Zeitabschnitten, in denen man mal nicht Massenmord mit der Guillotine beging. Obwohl man uns in den öffentlichen Schulen der Gehirnwäsche chinesischer Art aussetzt, Zentimeter und Celsius zu verwenden – Fragen Sie einen Amerikaner nach der Temperatur und er wird etwas sagen wie „70 Grad“.

Fragen Sie ihn, wie weit Boston von New York entfernt ist, und er wird sagen „Um die 200 Meilen“. Liberale werden dann wütend und erzählen uns, das metrische System sei „rationaler“ als die Maße, die jeder versteht. Das ist albern. Ein Zoll ist eine Daumenlänge, ein Fuß eine Fußlänge, ein Yard eine Gürtellänge. Da kann man sich leicht was drunter vorstellen. Wie stellt man sich 147,2 Zentimeter vor?

Mein Supermarkt ist 437 Gürtel bzw. 1312 Füße bzw. 15.748 Daumen weit weg. Ist anschaulich, zugegeben. Ich werde meinen nächsten Urlaub damit verbringen, das ganz genau nachzumessen. Was hat das metrische System jetzt mit Fußball zu tun? Ach ja, fremdländisch = mies, europäisch = richtig mies. Da sind die amerikanischen „Customary Units“ natürlich viel patriotischer, schließlich sind inches, yards, miles in England erfunden worden. Und das liegt bekanntlich in Wyoming.

Übrigens: Wenn Sie, Miss Coulter, Ahnung von Fußball hätten, hätten Sie jetzt übrigens ein Argument an der Hand gehabt. Jeder europäische Fußballfan, der nicht aus Wyoming kommt, hat sich nämlich schon mal die Frage gestellt, wieso die Mauer beim Freistoß ausgerechnet 9,15 m Abstand vom Ball hat. Antwort: Weil es 30 Fuß sind. Schade, Ms. Coulter, der Football ist Ihnen wohl runtergefallen und Sie sind gedemütigt, ne.

(9) Fußball „holt“ nicht „auf“. In dieser Woche verkündeten die Schlagzeilen „Rekordeinschaltquoten bei der WM“ und wir mussten – mal wieder – von der „wachsenden Beliebtheit des Fußball in den Vereinigten Staaten“ lesen. Das Spiel USA gegen Portugal war ein Blockbuster mit 18,2 Millionen Zuschauern auf ESPN. Das überbot das bisher meistgesehene Fußballspiel: Das Finale der Frauen-WM 1999 (USA gegen China) auf ABC (Beim Fußball sind Frauen- Spiele genauso spannend wie Männer-Spiele).

Der Alltag: Footballspiele in der Saison am Sonntag Abend haben im Schnitt über 20 Millionen Zuschauer, die Play-Offs der NFL haben 30 bis 40 Millionen Zuschauer, den Super Bowl sahen dieses Jahr 111,5 Millionen Zuschauer. Erinnern Sie sich noch, als die Medien uns vor ein paar Jahren Fußballstar David Beckham und seine immer kamerafreudige Ehefrau aufzwingen wollten? Ihre Ankunft in Amerika wurde rund um die Uhr in allen Nachrichten herausposaunt. Das hielt zwei Tage an. Die Quoten brachen ein. Keinen interessierte es.

Lese ich da etwa fortschrittliche Gedanken bei Ihnen, Ms. Coulter? Frauen-/Männer-Spiele sind gleich spannend? Keiner interessiert sich für Posh Spice? Kommen wir zu Ihren Zahlenvergleichen. Sie sind von 2014, das Finale der Frauen-WM 2015 (USA gegen Japan) setzte mit 26,7 Millionen Zuschauern noch einen drauf. Hat es eigentlich einen Grund, dass Sie hier nur die Quoten der NFL anführen und Ihren Lesern anders als zuvor Eishockey, Baseball und Basketball vorenthalten?

Ich rate mal: Im Schnitt schauten 23,3 Millionen Amerikaner die diesjährige Finalserie der NBA. 2,5 Millionen Amerikaner schauten ein Baseballspiel der MLB. Das Finale des Stanley Cups (Eishockey) verfolgten 3,2 Millionen am TV. Im Vergleich zu Fußball…Wir sehen mal davon ab, dass Ihre und auch meine Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind – Die TV-Reichweite der NFL ist weitaus größer als die sämtlicher anderen Sportarten, was auch an der Sportart selbst, vor allem aber an der Vermarktungsstrategie der NFL liegt.

Auf jeden Fall beweisen Ihre Zahlen nicht, dass Fußball nicht aufholt. „Aufholen“ ist ein Trend. Trends werden nicht am einzelnen Zeitpunkt, sondern am zeitlichen Verlauf nachgewiesen. Und der sagt über die in den USA meistgesehenen Fußballspiele folgendes: 19,4 Millionen sahen das Achtelfinale USA gegen Ghana bei der WM 2010. Das Finale des Turniers in Südafrika schauten 24,3 Millionen. Finale 2014: 26,5 Millionen. Finale 2015: siehe oben. Holt nicht auf, Ms. Coulter?

Wenn heute mehr „Amerikaner“ Fußball schauen, liegt es nur an den demographischen Effekten von Teddy Kennedys Einwanderungsgesetz 1965. Ich verspreche Ihnen: Kein Amerikaner, dessen Urgroßvater hier geboren ist, schaut Fußball. Man kann nur hoffen, dass neue Amerikaner, während sie Englisch lernen, mit der Zeit auch ihren Fußballfetisch ablegen.

Ist das Ihr Fazit, Ms. Coulter? Ich fasse zusammen: Richtiger Sport ist Brutalität, Action-Entertainment, Ruhm des Einzelnen, Demütigung des Einzelnen. Moral ist: Sowas toll finden. Fußball verkörpert das nicht. Wenn man also Fußball toll findet, sinkt die Moral. Fußball ist „unamerikanisch“, wird aufgezwungen, aber gottseidank lehnen Afro-Amerikaner und Fernsehzuschauer Fußball ab und deswegen ist die Nation am liebsten mit Fußball hassen beschäftigt (Um mal Ihre bis jetzt völlig im Nebel hängende Überschrift zu thematisieren).

Ich mache auch mal Fazit: Wenn man „amerikanische Moral“ und „amerikanische Tugenden“ im „amerikanischen Sport“ bei Google eingibt, findet man so einiges. Zum Beispiel: „Ernsthaftigkeit, Selbstbewusstsein, Athletik, Ausdauer, unermüdlicher Kampfgeist, Leidenschaft, Hitzköpfigkeit, Siegesbereitschaft“. Unterschreiben Sie so, nicht wahr, Ms. Coulter? Und jetzt sage ich Ihnen: Diese Tugenden wurden den Fußballweltmeisterinnen von 2015 zugeschrieben, zusammen mit ihren Vorgängerinnen von 1991 und 1999, von mehreren großen amerikanischen Medien. Dafür, dass Fußball unamerikanisch ist, hat er ein paar ganz schön amerikanische Eigenschaften. Wie das eklige Frikadellenbrötchen, dass in Deutschland entdeckt wurde, außen aus Weißmehl und innen aus Hackepeter mit Zwiebeln besteht und nichts mit dem moralisch einwandfreien amerikanischen Hamburger gemein hat. Nach Ihrer Logik ist das so, Ms. Coulter.

Heiliger Quaterback, haben Sie eine miese Sicht auf Ihre Landsleute. Sportfans, deren Moral sich auf dem Geifern nach Action, Blut, Demütigung und Helden gründet. Das müssen dieselben Leute sein, die Megan Rapinoe, Alex Morgan und Co. in 2015 und 2019 Konfettiparaden von Apollo-11-Ausmaßen in New York beschert haben. Und sind diese Damen nicht eigentlich auch „American sports heroes“ in Ihrem Sinn?

Denken Sie sich meinetwegen eine eigene Moral aus, das haben schon andere vor Ihnen getan. Teilen Sie Ihre Moral mit den Flachlappen, die Ihre Bücher zu Bestsellern machten. Und lassen Sie Ihre fellow Americans 30 Füße Abstand zwischen Ball und Freistoßmauer halten, 200 Meilen von Boston zu Cosmos New York fahren (mit der Straßenbahn), von den Dallas Mavericks rüber zu den Seattle Sounders schalten, oder Fußball einfach auch mal langweilig finden. Moral ist ein Hybrid, Ms. Coulter. Genau wie Geschichte, Kultur und Sport der Nation, die Sie zu verteidigen meinen. Dat machen die schon. Ohne SIE nötig zu haben.

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