TSG Hoffenheim gegen Arminia 2008 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
An diesem ersten Adventswochenende des Jahres 2008 passierte Historisches. Zum ersten Mal nicht nur in der Geschichte der Bundesliga, sondern in der Geschichte des Weltfußballs überhaupt trafen die TSG Hoffenheim und Arminia Bielefeld aufeinander. Jetzt kann man natürlich behaupten, dass es einschneidendere Ereignisse in der Ledertreter-Sage gab als Hoffenheim gegen Arminia, und man hat damit wohl auch recht. Zumindest war es damals nicht der Grund, warum der Rundumbeobachter sich Richtung Südwesten begab, um diese Partie zu sehen.
Der Grund war vielmehr das Carl-Benz-Stadion zu Mannheim. Klar wäre der dort heimische Waldhof deutlich lustiger gewesen als das mit Hopp-Millionen aufgepustete Software-Outlet aus dem badischen Nichts, aber die letzte Begegnung mit dem SVW war zu diesem Zeitpunkt schon sieben Jahre her und eine Neuauflage hat es auch in den 13 folgenden Jahren nicht gegeben. Also runter nach Mannheim, bevor ich das Carl-Benz nie zu sehen kriege.
Zunächst zu Mannheim selbst. Ja, es stimmt. Nein, nicht, dass alle wie Bülent Ceylan reden. Das stimmt zwar auch, aber das meine ich nicht. Die Straßennamen heißen tatsächlich „C3“ oder „E4“. Was ein bisschen nach Schiffe versenken klingt, hat Mannheim der quadratischen Planung seiner Bürgerstadt im Barock zu verdanken. Ein nettes Überbleibsel, obwohl „Melanchthonstraße“ auf einem Straßenschild ein bisschen weniger verhungert aussieht als „C3“. Vom barocken Prunk sind noch das Schloss und ein paar Fachwerkhäuser geblieben. Sonst ist Mannheim eine heimelige, aber unspektakuläre Stadt. Sehr nett damals: Der gerade eröffnete Weihnachtsmarkt rund um den Wasserturm, dessen Pizzaquadrate sehr viel besser und frischer schmeckten als ihre mumifizierten Kollegen von der Alm.
Aber wir wollten ja ins Carl-Benz-Stadion. Das Stadion des Emporkömmlings aus dem Kraichgau war nicht bundesligatauglich, also wich die TSG nach Mannheim aus. Interessant: Direkt neben der Heimstätte der Waldhöfer liegt das Stadion des VfR Mannheim. Ein Duell mit dem deutschen Meister von 1949, für den die Nationaltrainer Otto Nerz und Sepp Herberger die Töppen schnürten, gibt es bis heute nicht für unsere Blauen.
Das Carl-Benz-Stadion selbst ist wunderbar Oldschool, weit außerhalb der damals schon grassierenden Arenen-/VIP-Logen-/Event-/Cateringgastronomie-Gleichmacher-Seuche. Bei Waldhof-Spielen dürfte da auch eine geile Stimmung herrschen.
Das ist bei Hoffenheim nicht unbedingt so. Eine häufig rund um das Stadion rundumbeobachtete Konstellation: Opa, der Enkelchen mit ins Stadion nimmt, damit der oder die Kleine mal Bundesliga guckt. Nachher gibt es noch einen Schal als Erinnerungsstück. Auf dem Weihnachtsmarkt traf der Rundumbeobachter ein paar „Hoffenheim Supporters“, die sich beim gemeinsamen Pizzaquadrat ungefragt für ihren Club rechtfertigten: „Des isch halt net so richtig Tradition, abbä…“. Nun gut.
Fassen wir das so zusammen: Damals gingen die Leute zur TSG Hoffenheim, um Bundesliga und netten Ballsport (den Event) präsentiert zu bekommen. Wie es heute ist, vermag ich nicht zu beurteilen, denke aber, dass ein Bau neben einer Autobahn mitten in der badischen Prärie nicht gerade kulturfördernd ist. Na ja, eigentlich ist es mir ziemlich latte.
Guten Ballsport bekamen die TSG-Gucker jedenfalls schon die ganze Saison geboten. Der geldfressende Aufsteiger fräste seit dem ersten Spieltag alles weg, was ihm zu nahe kam und war an diesem 15. Spieltag Tabellenführer. Auch gegen die etwas schissig spielende Arminia rannten Rangnicks Mannen mit Hurra nach vorne. Schon nach fünf Minuten erzielte ein gewisser Vedad Ibisevic mit seinem 17.Saisontreffer die Führung. Weitere fünf Minuten später wurde Jonas Kamper von Carlos Eduardo im Mittelfeld gefoult. SchiRi, der gesamten schwarzweißblauen Verteidigung und Carlos Eduardo wardas egal. Der Brasilianer marschierte bis zum Strafraum durch und feuerte Dennis Eilhoff die Kirsche ins Nest.
Die von Frontzeck trainierte Arminia steckte im oberen Teil des Abstiegskampfes und kam mit zwölf Punkten und einem Sieg gegen Leverkusen in der Tasche nach Mannheim. Jonas Kamper hatte sich schon länger in die Startelf zurück gearbeitet und seitdem Dreck am Schuh. Lamey spielte hinten rechts, Tobi Rau für den verletzten Markus Schuler hinten links. Positiv in Erinnerung von diesem Adventsnachmittag: König Artur und Rübe Kauf, die solide das spielten, was sie damals immer spielten. Daniel Halfar war sehr agil.
Aber es stand nach 10 Minuten 0:2 und es passierte das, was in Arminia-Spielen mit einer verpennten Startviertelstunde immer passiert: Danach tat die TSG nicht mehr als nötig, das Spiel der Blauen nach vorne war gefällig, aber leider oft unkonzentriert, ungenau. Und zum Schluss gab es einen albernen Elfmeter zum 0:3.
Über 1.000 Ostwestfalen waren vor Ort – ziemlich geil! Das übersichtliche Gekicke des DSC tat dem starken Support keinen Abbruch, obwohl der Versuch des Chants „Herzliche Grüße aus Bielefeld“ furchtbar in die Hose ging. Auch ließen wir keinen Zweifel an unserer Meinung zum „Gastgeber“: „FUß-BALL-HU-RE HOF-FEN-HEIM!“ und „Dietmar Hopp, Du Hohn einer Sure.“.
Nicht falsch verstehen: „Hohn einer Sure“ soll keine Verballhornung des Koran bedeuten. Es ist ein Buchstabenverdreher für eine Beleidigung, von der sich jeder angesprochen fühlen darf, der sich davon angesprochen fühlt. So wie auffällig oft der hier Angesprochene….lassen wir das.
Damals ging das 0:3 in Ordnung. Hoppenhohn war gut im Zug. Seitdem ödet die TSG zwischen überlebter Relegation und Champions League in der badischen Prärie vor sich hin. Für Arminia ging es weiter mit Jörg-Berger-Tagesticket, Schuldensumpf, Führungschaos, Abstieg und…und dann…anyway, jetzt geht es wieder nach Hoffenheim.
