Arminia gegen Werder 2:3 – Form gut, Form unvollendet

Form gut, Form unvollendet – Arminia gegen Werder 2:3 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Es ist immer wieder schön, neue Gesichter zu begrüßen. Ihr wisst schon, Leute die sagen: „Ich will mir mal das Frauenspiel antun, aber da weiß man ja nie, in welcher Form die sind“. Richtig, so wie wie jede Fußballmannschaft im Allgemeinen und jede Arminia-Mannschaft im Speziellen. Und klar ist es auch schön, die normalen Arminia-Irren zu erleben: „Wo sind die Schiedsrichter? Da, wo ‚Schiedsricher‘ an der Tür steht?“. Nö. Da ist ein Wurmloch, dass Dich direkt von der Postheide nach Dementia major befördert, Hauptsonne des Sternbilds „Dämliche Frage“.

Arminia gegen Werder

Kommen wir zur Sache, tun uns das „Frauenspiel“ Arminia gegen Werder an und fragen uns, in welcher Form die Blauinnen sind. Da fällt als erstes auf: Vivien „Sparrenburg“ Brandt ist verletzt und so kommt Joyce Lee Braun zu ihrem Saisondebüt in Arminias Tor. Die Blauinnen spielen 5-4-1. Und so übernimmt der souveräne Tabellenführer der Zweiten Bundesliga Werder Bremen erstmal das Kommando auf der Postheide und hat die ersten Möglichkeiten, in die sich Arminias Mädels hineinwerfen und mit vereinten Kräften klären – hinten sind sie gut in Form, auch taktisch stehen sie gut.

Das Match hat keine großen Höhepunkte, ist aber spannend und intensiv. Die Damen von der Weser versuchen, Arminia spielerisch zu knacken. Arminia fängt alles ab, sorgt aber kaum für Entlastung. Schnittstellen und Raum sind da in der aufgerückten fischgrünen Defensive, bisher fehlt aber noch die Formvollendung.

Das Publikum ist voll dabei. In dieser besonderen Arminiapublikum-guckt-Arminia-Form. „Ich hab Dir 80mal gesagt, es wird Zeit für Winterr…SPIEL AB!…“ – „Nee, jetzt noch nicht, das mache ich…EY SCHIRIII…“ – „Beim SV Spexard, da sind sie…“ – Leeeeute! Etwas mehr Konzentration bitte, die Blauinnen spielen. Und ich komme bei so viel Gefasel gar nicht dazu, meine Einkaufsliste fertig zu schreiben.

Sarah Grünheid hat die erste Fette des Spiels: Sie nimmt einen langen Ball direkt per Kopf, aber die Bremer Torfrau rettet toll. Ein Spiel auf Augenhöhe. Hinten neutralisieren die Blauinnen den Gegner, auf dem Rest vom Feld haben sie das Messer zwischen den Zähnen. Auch ein Abseitspfiff hindert Sarah G. Nicht daran, die Kirsche mit voller Wucht in die Maschen zu knallen. Arminia passt auf, Arminia kämpft. Selbst Wuckel lässt ein zufriedenes „Sauber Mädels!“ hören. Na, wenn selbst die Wuckelmaschine angetan ist, kann auch das Publikum wieder Normalform erreichen. „Was ist grüüün und stinkt nach Fiiiiisch…“. „Arminiahaa…Bielefeheeeeld!“ Geht doch.

Halbzeit. Die Stadionzeitung auf die Wertmarke. Den Kuchen auch. Den Kaffee auch. Für die Kaffeetasse gibt es zwei Ocken Pfand in Münzen zurück, also kann ich nach fünf Kaffee in die nächste Wertmarke reinvestieren. Oder neu verhandeln. Und versuchen, Diskontanfragen wie „Kann ich eine Dauerbestellung machen, höhö?“ einzu ordnen. Ein Fall für den IWF, dieser Postheide-Kapitalismus. Im Ernst: Eigentlich ist das Wertmarkensystem auf der Postheide recht einfach, aber es macht einen Riesenspaß, es nicht zu verstehen.

Sieben Minuten sind im zweiten Durchgang gespielt, da belohnen sich die Blauinnen für ihre kämpferische Form. Sarah Grünheid knallt die Kirsche mit voller Wucht in die Maschen. Diesmal ist es kein Abseits, sondern das 1:0 für Arminia! Freude auf dem Platz, Freude an der Seite. Vor allem bei der (geschätzt) Vierjährigen neben dem Rundumbeobachter, die ankündigt, ihre Arminia-Fahne „richtig doll zu schleudern“. Man kann sich nicht früh genug in Form bringen.

Werder muss angreifen, unsere Mädels suchen immer wieder den Konter. Und da wechselt Werder-Trainer Kluge die Spielentscheidung ein. Sie heißt Cindy König und ist offenbar in der eigentlich so umfassenden Matchtaktik von Wuckel & Co. nicht vorgesehen. Deswegen wird sie übersehen und erzielt den Ausgleich. Jetzt wird es richtig spannend, denn es geht hin und her. Das Spiel steht auf Messers Schneide. Bitte einmal Phrasenschwein auf der Wertmarke abstreichen.

Joyce Lee Braun macht ein richtig gutes Spiel. Nicht wenige der Zugucker ernennen sie zum „Man [sic!] of the match“. Doch gegen den Distanzschuss in den Knick, den Cindy König (Spielentscheidungsform) abfeuert, ist sie machtlos. Der Spitzenreiter führt. Aber irgendwie ist es noch nicht vorbei,. Das fühlt Wuckel („Noch ist Zeit!“). Das fühlt das angespannte Publikum („Weg!“ – „Für wen weg?“ – „Was?“- „Ach, sei still…“).

Ein NW-Anhängsel schreibt über die Schlussphase „Als viele Zuschauer schon gedacht hatten, das Spiel würde seinen erwarteten Verlauf nehmen“. Das denkt das Publikum aber nicht, zumindest nicht viele. Arminia setzt dem Bundesliga-Absteiger nämlich weiter zu. Und belohnt sich. Wieder kann Sarah Grünheid ins Netz dreschen. Jubel auf und neben dem Hybridrasen. Das 2:2 ist der bis dahin verdiente Lohn für eine gute Form…

…wenn da nicht Cindy König wäre, die kurz vor Schluss den Siegtreffer erzielt. Sagen wir es ostwestfälisch: „Schade.“

Werder Bremen hat gezeigt, dass sie an die Tabellenspitze und vermutlich auch darüber hinaus gehören. Einfach dadurch, dass sie dieses Spiel dann doch gewinnen konnten. Und die Blauinnen hätten nach einer wirklich guten Leistung mindestens einen Punkt verdient gehabt. Weiß man denn jetzt, in welcher Form die sind?

VAR (Visuell aufmerksamer Rundumbeobachter):

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