Arminia gegen Aue 2:1 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Nach einer anstrengenden Arbeitswoche kann sich ein Freitag Abend nur gut entwickeln. Ein Heimspiel von Arminia gegen Aue sollte da sein Übriges tun. Also strömen die Massen zu den Stadionkassen.
Auf Block J wird sich erstmal orientiert. „Aue spielt auf unser Tor? Das ist Ortega? Den kenne ich nur in Gelb!“. Tego spielt heute in schwarz. Das ist nicht die gewohnte Farbe, aber immer noch besser als das Outfit der Gäste. „Elf Textmarker müsst Ihr sein“, stellt Block J treffend ob des Knallorange der sächsischen Fußballbekleidung fest. Paco Testroet setzt noch einen drauf und trägt Schuhe in textmarkergelb. Für die Farbkombination müsste man unseren gewesenen Aufstiegshelden eigentlich bei der UNO verpetzen.
Zu Beginn ist gehörig Dampf auf dem schwarzweißblauen Kessel. Das Match ist kaum im Gange, als Block J schon Gelegenheit hat, wahlweise auf Voglsammer oder auf Torwart Männel einzuteufeln. Vogi hat eine Chance vergeben – Mecker-Standardsituation – und Männel hat heute wohl einen guten Tag. Block J kann die Gelegenheit aber nicht nutzen, denn schon rollt der nächste Angriff. Da gibt es erst Entzückensrufe „Schonatoooo…[Jonathan]….Kloooos…[Clauss]“ und dann gibt es „JAAAAAAAAAA!“ und Torjubel. Vogi erzielt ein „sehenswertes Unterleibstor“, so zumindest der Arminia-Bericht zum Spiel. Wo Vogi überall Hände hat…und das noch se-hens-wert mitten aufm Spielfeld…
Woioioioi, sechs Minuten rum, die Blauen unterwegs wie ein getunter Güterzug…da kann man auf Block J ja schonmal ein 5:0 ankündigen. Allerdings bleibt es bei der Ankündigung. Beide Teams stehen gut gestaffelt und mehr als der lange Hafer fällt ihnen nicht als kreatives Mittel zur Attacke ein. So stellen es zumindest die beiden Trainer nach dem Spiel dar und haben wohl auch recht. Für das Tribünenpublikum sieht es so aus, als wäre der Spielstand für Arminia okay und Aue egal.
Arminen auf Tribünen haben meist ein gutes Bauchgefühl, aber nicht die analytische Professionalität von Fußballlehrern. Das Bauchgefühl sagt zur weiteren Entwicklung des Spiels: Ööööööööde! Und wie das dann oft so ist, gibt es parallele Entwicklungen auf Block J und man beginnt, auf andere Dinge zu achten als den nächsten Pass ins Seitenaus. Etwa, dass der SchiRi mit seiner Gestik Tänzer bei DJ Bobo hätte werden können. Oder, und die Frage gebe ich mal an die Leserschaft weiter, was ist DAS hier ???!?
„Deutscher! *klatschklatsch* Sport-Club! *klatschklatsch* Deutscher! *klatschklatsch* Sport-Club! *klatschklatsch*“ Stimmung ist okay bis gut. Fabi Klos kommt zum Boxenstopp an die Auswechselbank und wechselt auf Regenreifen. In himbeerlollyrot. Erzählen denen ihre Berater eigentlich nie was zur Schuhfarbe? Derweil hat es Aue auf Ray Yabo abgesehen, den sie innerhalb weniger Minuten ein paar Mal abräumen. Alles kein Problem für Block J. „Yabo hat Champions League gespielt, der weiß, wie’s läuft“ – Dienstags und mittwochs gegen Geld im Schlüsselfernsehen?
Das Spiel ist nicht dazu geeignet, große Spannung aufzubauen. Fabi hat eine dicke Chance und Jan Hochscheidt auch, bei der Tego fantastisch rettet. Die Alm nimmt es zur Kenntnis wie den Pausenpfiff.
Halbzeit. Bleiben wir heute mal oben und gucken mal, was uns da an Unterhaltungsprogramm präsentiert wird. Bei Sebi Wiese ist irgendeiner, der irgendwann mal eine Castingshow gewonnen hat. Gerry-Weber-News…hoffentlich mal Positive. Gerry Weber Open. Gewinnt eh Roger Federer. Im Gerry Weber-Stadion treten PUR auf…*BLÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄRG* Florian Silbereisens Schützenfest der Volksmusik heute ohne Bild. Allmählich verstehe ich, wieso in der Halbzeit nie einer aufpasst.
Die zweite Hälfte schließt nahtlos an die erste an. Bauchgefühl: Ööööööde. Es enwickelt sich zwar etwas mehr Auer Druck, aber keine ernsthafte Gefahr für Tego, Börner und Konsorten. Block J macht Block J-Sachen. Etwa die Sitzschale saubermachen. „Wenn wir hier Veltins hätten, würde ich das einfach zum Putzen drüber kippen.“ Stimmt. Das kann man mit dem kleinen Regionalbier, das auf der Alm ausgeschenkt wird, nicht machen. Viel einzigartiger, viel wertvoller und geschmacklich viiiel einzigartiger als Veltins.
Keine Entwicklung im Spiel. Die Wahrnehmung der Tribünengucker richtet sich nun wieder mehr auf das überschaubare Geschehen auf dem Platz. In der Tat ist dieses Geschehen SO überschaubar, dass ein Prietl-Tackling ins Seitenaus groß gefeiert wird – und das ist nun wirklich nichts besonderes. Hämisch beklatscht wird ein Auer Pass in eine Raum-Zeit-Krümmung. Laut kommentiert werden ein Clauss-Kabinettstückchen, das klappt, ein Lucoqui-Kabinettstückchen, das nicht klappt und gefragt: „Wie…Staude ist im Spiel?“ Dem sturhartnäckigkämpferischen ostwestfälischen Wesen wird eine gewisse Bräsigkeit nachgesagt- Dass wir uns nicht intensiv mit unserem Sportclub auseinandersetzen können, kann uns aber niemand vorwerfen.
Dimitrij Nazarov (dat olle Preussen-Vieh) köpft frei über Tegos Kiste….Uuuuuuui…oder na ja…Aber dann feiert die Alm, bräsig oder nicht. Tego schlägt lang ab, Fabi rast durch die Auer Abwehr wie die Dampfwalze durch die Sandburg und…als wir uns alle geherzt haben subsumiert Sebi Wiese: „Unsere Legende schlägt wieder zu!“. Fabi weiß nicht nur, wo das Tor steht, er weiß auch, wie man es trifft. Als die Feiercombo auf Block J gerade „Ein Leben laaaang, Schwarzweißblau ein Leben laaaang“ singt, fällt das 2:1 für Aue. Und das sorgt für einen Schlussakkord mit ordentlich Almroar und lauten Chants. Ernsthaft in Gefahr gerät Arminia nicht mehr.
Der verlängerte Fabi stimmt das Allez-Ladiho an. Kein Herzinfarkt-Fußball sondern der Beweis dafür, dass sich gleich gewählte Taktiken neutralisieren. Wie an anderer Stelle geschrieben: Die entscheidenden Kleinigkeiten haben dafür gesorgt, dass sich der Abend zu einem Dreier entwickelte.
Das Bielefelder Glückshormon gibt einen Pfiff drauf und plant schon mal für die nächste Saison.
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