Wo ist Kalle? – Arminia gegen Bochum 2:0

Arminia gegen Bochum 2:0 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Ein komplett unterschätztes Problem unserer Zeit ist, dass die Namen aussterben, die sich toll anhören, wenn man sie durch ein Fußballstadion brüllt. Zum Beispiel der Name Kalle. Noch zu Stefan Krämers Zeiten hieß gefühlt jeder zweite Arminia-Gucker auf Block 3 Kalle und bekam gefühlt jeweils 32 mal pro Spiel einen personifizierten Brüller über alle Köpfe hinweg. Irgendwann hörte das dann mehr und mehr auf und der Name Kalle war gleich der Rotbauch-Unke und des Phantom-Tores vom Aussterben bedroht. Da ist es umso schöner, dass heute auf Block J ein Kalle vermisst wird. „Ist Kalle noch nicht da?“ – „…glaub nich’…[schaut sich intensiv um] Nö.“.

Arminia gegen Bochum

Ach ja, Arminia spielt zum ersten Mal in 2020. Arminia gegen Bochum. In der Startviertelstunde kann das Publikum in aller Ruhe nach Kalle suchen, denn die ersten 15 Minuten gestalten sich, sagen wir mal, eeeetwas zäääääh. Folgende Highlights sind zu vermelden: VfL-Schnapper Riemann haut unter Gelächter einen Abschlag auf die Osttribüne, Reinhold Yabo legt einen Sprint ohne Foul und Muskelfaserriss hin und SchiRi Kempter verteilt ohne Not gelbe Karten wie die Volunteers die Halbvier. Tja, zu früh mit dem Verwarnen angefangen, dann konsequent bei der falschen Linie geblieben. So wirste SchiRi. Oder Bundesverkehrsminister.„Is‘ das schick“, meint Block J. Nä. „Wo ist Kalle?“ – „Keine Ahnung.“

Dann gibt es Freistoß für Arminia. Die Kugel fliegt auf den langen Pfosten, wird zurückgelegt, Vogi rammt dat Dingen dem giftgrün gekleideten Schnapper in die Maschen. JAAAAAAAAAAAA! Und ich hab mich vorher noch so über den zurück gepfiffenen Vorteil aufgeregt…“So geht Spitzenreiter“, stellt Block J so treffend wie Vogi fest, „Nichts passiert, die erste Chance ist drin. „Kallääää!…Kalle hört nicht.“. Kalle ist unauffindbar. Sonst hört auch keiner. Keiner heißt mehr Kalle.

Das Spiel ist nicht unbedingt der Brüller. Bochum ist bei Pieper, Nilsson und Co. so gut aufgehoben wie das Baby im Kinderwagen, bei Arminia laufen nach der Winterpause noch nicht alle Pass- und Laufwege rund. Auffällig bei den Blauen ist Marcel Hartel, der überall auf dem Platz zu finden ist. „Nächster Standard, nächstes Tor“, sagt der offen tabellenführende Block J, als eben Hartel sich die Murmel zu einem neuerlichen Freistoß zurecht legt, und malt sich den folgenden Treffer durch Klos aus: „Dann kommt er angeflogen…wuuuusch [Fluggeräusch]“. Ist aber dann nicht so. „Hey, KALLÄÄÄÄ!“, brüllt Block J. Aber Kalle ist nicht da.

Halbzeit. „Kalläää! KALLÄÄÄÄÄÄÄÄÄ!“. Kalle ist irgendwo da drin (siehe Foto). In einem Gewühl zwischen Block, Treppe, Versorgungsständen, Toiletten und vermutlich ein paar transuniversalen Wurmlöchern. Armes Kalle.

Arminia spielt nicht spektakulär, aber sicher und souverän. Wie ein Spitzenteam, wie ein Spitzenreiter. Und jetzt ziehen sie auch das Tempo an. Das goutiert das Publikum. Wenigstens die Süd vergisst vor lauter Spitzenreiter-Sein nicht, dass es das Spiel gegen den VfL Darius Diabang ist, zeigt zu Beginn der zweiten Hälfte ein Banner und lässt den einen oder anderen Schmähgesang mit Gegnerbezug hören.

Clauss schießt von rechts, der giftgrüne Schnapper hält. Vogi und nochmal Clauss schießen drüber, Edi, der für Yabo gekommen ist, setzt die Nuss knapp neben den Pfosten. Yabo ist übrigens der neue Hartherz. „Maaaaann, Yabo, ey!“, nöhlt Block J zu einem Zeitpunkt, als Ray schon längst am Glühweinstand ist. Dass Hartherz in diesem Moment (zum ersten und letzten Mal) den Bochumern einen Querschläger in den Lauf legt, ist egal. Doofer Hartherz ist soooo 2019…

Auf Block J wird weiterhin nach Kalle gebrüllt, doch der ist genauso wenig vorhanden wie Bochumer Torchancen. Die Blauen hingegen gehen mittlerweile ziemlich lässig mit ihren Chancen um. Vogi und Klos starten Sololäufe, die sie über den Kasten semmeln. Zum Ärger von Block J, der gerne das 2:0 gesehen hätte. Ein Bochumer Ausgleich aus heiterem Himmel wird befürchtet, aber nicht so laut wie sonst. Armine sein ist ein gutes Gefühl in diesen Tagen!

Dann kommt die Szene des Spiels und die Bewerbung des Manuel R. Für den Titel „Dümmster giftgrüner Schnapper im westlichen Spiralarm der Galaxis“ (wenigstens hat er heute mal nicht die Stutzen bis über die Knie gerollt). Er führt einen Abstoß trotz eines zeitgleichen Spielerwechsels schnell aus, wird zurückgepfiffen, erklärt deutlich sein Unverständnis, wird verwarnt, spendet dieser Verwarnung Szenenapplaus und kriegt Gelb-Rot.

„Schnapper“ nennen sie ihn ja in Bochum. Was schnappt der überhaupt? Bälle? ….mmmmmmmmmmmmmmmmm…Na ja. Luft kann es, wie die Szene zeigt, jedenfalls nicht sein. Der VfL kann nicht mehr wechseln und Feldspieler Janelt wird die zweifelhafte Ehre zuteil, das giftgrüne Schnapperhemd überziehen zu dürfen.

Klar, was jetzt kommt: Alle fordern „Draufhauen!“. Macht Arminia aber nicht. Das sorgt zwar für etwas Unmut auf Block J, ist aber genau die Effektivität eines Spitzenreiters. Nicht einfach nur dölmern und riskieren, dem Gegner in der Nachspielzeit den Ball geben, sondern einfach warten und sicher sein, bis die Chance oder Fabi Klos oder beides da ist. Und NA SICHAAAAAAAAAA ist die Chance und Fabi und beides da! Die ostwestfälische Antwort auf den Kampfstern Galactica erzielt das 2:0 und legt den Dreier ins Fach. D! S! C! D! ! S! C! D! S! C! D ! S! C! D!S!C! DSCDSCDSC!

Ach ja, Kalle blieb über den Schlusspfiff hinaus verschollen. Vielleicht stirbt er doch aus. *schnüff*

VAR (Visuell aufmerksamer Rundumbeobachter):

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