Arminia gegen Ulm 0:2 – Nichts und mehr nichts

Arminia gegen Ulm – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Jetzt kommt 2024 also zum ersten Mal auf die Alm. Arminia gegen Ulm. Englische Woche, und das heißt: Sich nach der Plackerei, wenn man die Nerverei eigentlich an den Haken hängen möchte, die größten Nervensägen von allen reinziehen, nämlich die Stürmer in dem blauen Hemd, die Kicker aus Westfalen.

Arminia gegen Ulm

Was selbstverständlich nicht heißen soll und heißen kann, dass wir nicht mit aller gebotenen Ernsthaftigkeit dabei sind. In der Linie 4 Richtung schwarzweißblauem Tempel: „Nee, danke. Ich bleib’ stehen.“ – „Aber der Sitz ist doch frei…“ – „Ich habe Stehplatz und übe jetzt schon mal.“ Das ist Einstellung, so wollen wir das!

Arminia gegen Ulm

Trotz aller Ernsthaftigkeit ist die Stimmung auf den Rängen zu Beginn etwas müde am Wochentag. Und die Aufstellung Arminias taugt spontan nicht als Wachmacher. Sowas ähnliches wie 4-3-3, kein nomineller Stürmer auf der Wiese, auch nicht die Statue- Legende- Fußballgott- Charline- Hartmann. Welcher Pumuckl hat unsere sportliche Leitung denn da gezwickt?

Jedenfalls fliegen in den ersten Minuten zwei vielversprechende Flanken in den Strafraum der Gäste aus dem Schwäbischen, die Fabi von der Bank eher schlecht reinköpfen kann. Dann folgt die furchtbarste Ecke seit dem Warnpömpel in Bremen Buntentor. Der Corner Kick der Blauen kommt nicht einmal in die Nähe des Ulmer Strafraums. „Ecken… könnse nich’“, fasst Block 3 den Standard zusammen.

Könnse auch defensiv nich’. Nach der mäßigen Derby- Leistung habe ich noch ironisch von der Kategorie „Gegentor wie üblich“ gesprochen. Jetzt hat Ulm Ecke und was dann passiert, fällt völlig unironisch in diese Kategorie. Oder mit den Worten von Block 3: „Komplett verschlafen mal wieder, ey“. Es steht 0:1.

Im folgenden Akt des Spiels kontrolliert Arminia das Spielgeschehen. Sagt zumindest der hauseigene Spielbericht. Nun ist „Kontrollieren“ eine Sache der Definition. Wenn ich vor einem dicken Stein sitze und aufpasse, dass der nicht wegläuft, „kontrolliere“ ich streng genommen den dicken Stein. Wenn eine Fußballmannschaft fast ausschließlich den Ball in den eigenen Reihen hin und her spielt, „kontrolliert“ sie streng genommen das Spielgeschehen. Und investiert so viel wie ich beim Kontrollieren des dicken Steins.

Und das ist nicht gerade produktiv, wenn man 0:1 im Rückstand ist und die Teams aus dem Tabellenkeller mehr und mehr gute Laune kriegen. „Man eeey“, sagt Block 3 zur fortdauernden Spielkontrolle, „Dauert zu lange, macht mal was!“. Wobei der Optimismus noch da ist. „Der hätte sich gefährlich senken können“, analysiert Block 3 einen katastrophalen Freistoß von halbrechts, der irgendwo an den Logenfenstern von Block A landet und sich selbst der angesprochene dicke Stein nicht mehr gesenkt hätte.

Jedenfalls spielt Arminia viel quer, viel zurück und kaum bis gar nix nach vorne. Lassen wir Block 3 die dargebotenen fußballerischen Bemühungen zusammenfassen: „Wo willste hinspielen…Da nich’“. Stimmt. „Immer diese langen Bälle, die nix bringen“. Stimmt auch. „Haste gesehn?“. Was? Den dicken Stein? Star Wars im Kino? Den Knall? Das Portemonnaie, das durchgesagt wird? Eine Torchance für den DSC auf jeden Fall nicht.

So schleppt sich die erste Halbzeit auf ihre Zielgerade. Es passiert… nichts. „Ich erwarte von einem Spieler…“ setzt Block zu einer Jobbeschreibung an, die allerdings nicht folgt. Was erwarte ich von einem Spieler? Nun ja, mehr als nichts. Aber was weiß ich schon, ich kontrolliere dicke Steine. Und selbst da muss ich zugeben, dass da mehr Bewegung gesehen habe als im Spiel der Blauen. Wenigstens kämpft die Alm. „Deutscher Sportclub Allez!“ kommt trotzig laut kurz vor der Pause. Zur Pause selbst gibt es Pfiffe.

Halbzeit. Deutsch: „Verzeihen Sie bitte, würden Sie zur Seite gehen, ich müsste mich einmal frisch machen, bitte.“. Ostwestfälisch: „Ey, pissen.“

„Muss sich was ändern“, stellt Block 3 bei Wiederanpfiff fest und es fällt mal so gar nicht schwer, dem zuzustimmen. Boujellab und Fußballgott- Statue- Fabi sind jetzt im Spiel. Und tatsächlich: Arminia hat jetzt mehr Schwung im Spiel nach vorne.

Die Alm wird lauter. Und auch Block 3 setzt wieder vermehrt auf Vertrauen . „Der wollte den Pass so machen!“ – und Optimismus – „“Ey, durch die Beine ausgespielt, das wäre ein Tor wert gewesen!“ (obwohl der dazugehörige Trick an der Mittellinie passierte). Viel läuft über Neuzugang Momuluh, dem allerdings noch ein bisschen die Bindung in Pass- und Laufwege fehlt. „Er setzt sich immer gut durch, aber dann…“, sagt Block 3 dazu.

Wir haben noch gar nicht über den SSV Ulm gesprochen. Die haben tapfere Fans dabei, die im ostwestfälischen Wetter „Oberkörper frei“ machen. „Spitzen- Spatzen“ salbaderte Magenta TV während des Spiels in Münster über die Kicker von der Donau. „Ulm hat Panik“, salbadert Block 3. Na ja, äh… nö. Ham die nich. „Die tun doch selber nix zum Spiel.“ Das ist richtig. Und das Dumme (und Bedenkliche!) ist: Das Nichts Tun reicht für Arminia.

Arminia tut in Hälfte zwei weitaus mehr als nichts bzw. in der ersten Halbzeit. „Mehr als nichts“ ist relativ. Heute ist es „Mehr nichts“. Denn all zu sehr täuschen sollte man sich nicht in der zweiten Halbzeit des Spiels. Mehr Schwung ist da, mehr Wucht auch, der Einsatz stimmt ebenfalls. Mehr Druck? Ja. Mehr Effektivität? Nicht wirklich. In der 71. Minute schießt Mizuta knapp neben der Ulmer Kiste vorbei. Man denkt darüber nach und kann sich zumindest bewusst an keinen Torschuss in den 70 Minuten zuvor erinnern.

Zwei dicke Chancen haben die Blauen aber noch. Bei beiden reagiert der Ulmer Schlussmann fantastisch. Der heißt übrigens Ortag. Fügt ein „e“ zu diesem Namen hinzu, würfelt ein bisschen mit den Buchstaben herum und Ihr habt einen anderen Torwart. Wer isses? Na? Naaa?

Schluss mit der Blödelei, das Spiel neigt sich dem Ende zu und es riecht höchstens ein Viertel nach Ausgleich. Es herrschen tapferes Anfeuern und Frust auf Block 3. „40 Jahre gehe ich auf die Alm und habe noch niiiiiie einen Sieg gesehen… außer damals im Schnee, mit Kamper“. An einen Sieg mit Kamper im Schnee kann ich mich spontan nicht erinnern, Aber weder Schnee noch Kamper hätten dieses Spiel gegen Ulm noch drehen können. Dass Ulm ein zweites Mal im Spiel was tut und einen weiteren Eintrag in der Kategorie „Gentor wie üblich“ in der Nachspielzeit vornimmt, ist da fast schon wumpe.

Pfiffe gibt es zum Schlusspfiff. Zum zweiten Mal heute.

Nun, rotieren ist in einer englischen Woche nicht die beste Idee, vor allem, wenn die Elf auf dem Platz dann nicht weiß, was sie mit sich anfangen soll. Die Rückrunde startet mit nix Zählbarem aus drei Spielen. Wat sacht Block 3? „Allmählich mal punkten“. Ich bitte darum.

Fotos zum Spiel

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