Torso mit Tor gegen Rumpf mit Herz – Dortmund gegen Arminia 1:0

Dortmund gegen Arminia – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Dortmund gegen Arminia. Hallo Dortmund. Tach. Taschencheck. „Do you speak english?“. Meinetwegen. Fummeln.Abtasten. „You have a pen?“ – „I have several pens“ (falls einer zum Notizen machen verloren geht). „Du kannst schon Deutsch, oder?“ – „Ja klar..“ – „Der Kollege hier ist international unterwegs“. Borussia Dortmund angeblich auch.

Dortmund gegen Arminia

Die lustige Eingangsszene überstanden und den Block gesucht. Oder wie es jemand durch den Betonbau blökt: „Scheiß Treppen im Scheiß-Stadion!“. Ohne den einen oder anderen schwarzgelben Farbklecks könnte man tatsächlich meinen, man wäre in einem Parkhaus. Nur ohne Benzingestank.

Dann ist der Block gefunden, jetzt wird der Platz gesucht. Bei Sitzplätzen hat der Rundumbeobachter ein bewährtes Schema: Im Umkreis von 300 Metern vom eigentlichen Platz dort hinsetzen, wo man die Haxen strecken kann. Klappt immer, so auch heute.

Aber wir sind ja nicht zum Treppensteigen und Hinsetzen hier, sondern für Arminia. Und da sind gefühlt Fünf Viertel der Besatzung in Quarantäne. *Heul* Was wird der BVB wohl mit unserer armen Rumpf-Elf machen? Oh,Moment, bei den Schwarzgelben sind ja gefühlt Neun Achtel der Crew in heimischer Isolation. *Grunz* Jetzt ziehen unsere tapferen Arminen den Dortmundern aber sowas von die Hose runter. Das ist in etwa das, was im Vorfeld zu hören und lesen war. Kürzt man die Ausfälle auf beiden Seiten raus, kommt man zu folgendem Ergebnis: Dortmund ist ein Spitzenteam, Arminia ist krasser Außenseiter. Also alles wie auch unter Normalbedingungen.

Die schwarzweißblaue Rumpfelf spielt die ersten Minuten sehr tapfer. Wimmer macht gut Alarm, Hack und Lasme ziehen auch gut an. Beides gilt auch für die ostwestfälische Anhängerschaft, die von Minute eins an Stimmung macht. Aus allen Ecken der Gästeecke werden Chants angestimmt und vom Rest aufgenommen. Jeder Steilpass wird gefeiert, egal, wo er landet. Auch, als der BVB „den Pfosten erzittern lässt“, wie Arminias Homepage pathetisiert.

Und da sind Arminias erste Halbchancen. Eine flache Hereingabe von rechts wird verpasst. Okugawa und Lasme scheitern an…wem? Weiß Gästeblock das? „Wer steht bei Dortmund im Tor?“ – „Irgendso’n Arschloch.“ Tja, wir sehen die Fernsehbilder nicht. Nur die nervige Drohne, die sie macht.

Und dann fällt halt das 1:0 für den BVB. Da ist die schnelle Kombination, die zur Spielentscheidung führt. Es ist die einzige Szene, in der Dortmund tatsächlich einen Tacken schneller ist als unsere Blauen. Der Spielverlauf gab einen 1:0-Sieg nicht unbedingt her, der Spielzug zum 1:0 schon. Und das ist eben der Unterschied. Der DSC versucht solche Kombis dreißigmal und es klappt nie, der BVB einmal und es klappt einmal.

Der Rückstand schockt die Stimmung in der Gästeecke nur kurz. Klar sind irgendwo Stimmen zu hören, die sich über „Alibipässe“ beschweren und wenn Gruevs Standards erfolgreich wären, hätte bestimmnt auch irgendwo jemand aus der SturHartnäckigKämpferisch-Fraktion „Gruev für Kramer“ gefordert, aber schon kurz nach dem Gegentor stehen wieder alle und brüllen einen Wechselgesang durchs Westfalenstadion. „AR-MINI-JAHAAA!“ – „BIE-LE-FEHEEELD!“.

Waaaaaat!? VAR für uns? Ein SchiRi aus der Zwayer-Brandt-Brych-und-der-der-damals-in-der-Oberliga-gegen-Rheine-Kollenberg-vom-Platz-gestellt-hat-Gilde für uns? Wenn jetzt noch Hack eine Ecke einnickt und Lasme einen Schöpf-Freistoß per Direktabnahme versenkt, haben wir ein Disney-Drehbuch. Block 3 hätte „Der hat schon Gelb!“ gesagt.

Halbzeit. Schauen wir mal, was so in Dortmund für ein Käse über die Anzeigetafeln flimmert. BVB-Spieler radebrechen in die Kamera, wie gern sie Opel fahren. Top authentisch! Jungs, die direkt nachdem sie ihren ersten Profivertrag unterschreiben haben, erstmal einen Ferrari leasen, machen Werbung für …Opel. Was kommt als nächstes? Wird Aubameyang reaktiviert und macht Werbung für Fahrräder? „Jetzt mit Drei-Gang-Schaltung!“?

Im zweiten Durchgang das gleiche Bild. Arminia steht hinten gut. Im Spiel nach vorne fehlt es an Genauigkeit, Durchschlagskraft und technischer Genauigkeit. Einfach hoch rein oder mal WUMM-DRUFF hätte es heute durchaus tun können. Dortmund ist hinten alles andere als sattelfest und irgendein zweiter Ball wäre den Blauen dann schon vor die Füße gefallen. Das Offensivspiel ist heute ein Rückfall in finstere Hinrundenzeiten. Hoffentlich entwickelt es sich nicht zum generellen Problem.

Dann wird der nicht ostwestfälische Teil des Westfalenstadions laut: Haaland kommt ins Spiel. War vermutlich unter der Woche wieder in der Bravo Girl. Und ist bestimmt mit dem Opel zum Spiel gekommen. Bei uns kommt Fabi, den wir feiern. War vermutlich unter der Woche wieder in den Rundumbeobachtungen. In vielen sozialen Medien stritten sich Dortmunder und Ostwestfalen gestern über die Stimmung. Da heißt es zum Beispiel von Gastgeberseite: „Gegen so eine uninteressante Mannschaft bei einem zähen Spiel ist die Stimmung auch schwierig. Wenn richtige Clubs kommen, ist das Stadion wieder laut“. Sagt jemand aus einem Publikum, dem wir das „Osdtwestfalen Idioten“ selbst anstimmen mussten. Und: Kann man sich eigentlich naiver als Event-Fan outen als durch so eine Aussage?

Allerdings, liebe Arminen, sollten wir unsere Debatten über die schlechte Stimmung beim Spiel gegen Augsburg nicht vergessen. Es ist nun mal so, dass es ein Auswärtsmob zur Zeit einfach hat, lauter zu sein als die bunt zusammengewürfelten Heimblöcke. Was unseren Auftritt im Westfalenstadion aber nicht schmälern soll. Unsere Stimmung ist Bombe! Egal, wo angestimmt wird, alle steigen ein. Der Gänsehautentzündungsklassiker „Immer dabei“ wird minutenlang durchgesungen, ebenso „Du wirst nie untergehn!“. Geil, Leute! Einziger Wermutstropfen: Zum Ausgleich schreien wir die Jungs nicht mehr.

Die Rumpf-Elf hat leidenschaftlich gekämpft und alles reingehauen. Aber die Torso-Elf hat eben das Tor gemacht. Und das ist es eben. Überall herrschen jetzt die tragischen Heldengeschichten vor, mit einem Gegner, der Pfosten erzittern lässt und übermächtige Recken einwechselt gegen die kleinen, wild beißenden, schlussendlich aber edel unterlegenen Vasallen, vom „nicht belohnten Aufwand“, von „knapp geschlagen nach starkem Kampf“. Inwieweit diese Rhetorik im Kampf um den Klassenerhalt konstruktiv ist, sei mal dahingestellt.

Stimmt ja alles auch. Arminia hat sehr viel Einsatz gezeigt und der hoch gefeierte BVB war nicht besser als eben dieser eine Spielzug zum 1:0. Das blöde ist: Null Punkte sind Null Punkte. Immerhin ist die Tabellensituation nicht schlimmer geworden als letzte Woche. Was lernen wir aus all dem? Gegen Augsburg verloren zu haben wiegt schwerer.

Das Wort des Tages ist „Selbstvertrauen mitnehmen“. Wie auch immer man das macht. Du wirst nie untergehn. Scheißegal, was passiert, wir sind immer bei Dir.

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