SGS Essen U20 gegen Arminia 2:2 – Playstation, Dreiecke, lecker

SGS Essen U20 gegen Arminia – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Wie klein die Welt doch ist…vor allem in der Regionalliga. Okay, deswegen heißt sie „Regionalliga“ und nicht „Globalliga“, aber es ist doch schon bemerkenswert, wenn einen das Leben als schwarzweißblauer Fußballreisender schon zum dritten Mal auf den Nebenplatz der Ardelhütte in Essen-Schönebeck führt, zum zweiten Mal für SGS Essen U20 gegen Arminia.

Essen U20 gegen Arminia

Wobei, das ist nicht sofort klar. Selbst bei den Unparteiischen herrscht Unklarheit. Sie fragen die anwesenden Ostwestfalen, die den Blauinnen beim Aufwärmen neben dem Hauptplatz zugucken: „Habt Ihr abgeklärt, wo Ihr spielt?“….???…Wat!? Das dürfen wir uns aussuchen? Okay, aaaaalso…Nein. Wird wieder der Nebenplatz. Zum zweiten Mal bei der U20 des Schönebecker Bundesligavereins, das heißt auch zum zweiten Mal Heimtrainer live. Im Vergleich zum ersten Mal hat der rhetorisch deutlich mehr drauf als Click, Tick, Klatsch und Bumm (obwohl das auch reichlich oft gebrüllt wird).

Essen U20 gegen Arminia

Das Spiel hat erstmal keine heißen Strafraumszenen. Nach etwa 15 Minuten hat jede Seite einen (ungefährlicher) Distanzschuss in der Chronik stehen. „Bockt jetzt schon mehr als die 90 Minuten Videoanalyse von unserem Recklinghausen-Spiel“, teilt Heimtrainer der interessierten Zuschauerschar mit. Nun gut, wir Arminen können Spiele, die nicht bocken, beurteilen.

Essen U20 gegen Arminia

Und das hier gebotene Aufeinandertreffen bockt eigentlich ganz gut. Beide Teams sind taktisch diszipliniert und suchen den schnellen Weg nach vorne, was sich auf dem Kunstrasen zwar neutralisiert, aber ein nettes Tempo hat. Bei der SGS liegt das bestimmt an den taktischen Anweisungen ihres Übungsleiters. „Stellt Euch vor! Stellt Euch vor!“. Okay. Ich stelle mir jetzt also was vor, und zwar dass Jana ein Tor für die Blauinnen erzielt…Mist, hält die Torfrau. Falsch verstanden? Gut, dann brauche ich eine neue Anweisung vom Heimtrainer. „Guck hier! Das ist kein Playstation-Controller in meiner Hand!“. Nein, Monsieur, das ist kein Playstation-Controller in Ihrer Hand. Das ist ein Ball. Schön, dass der Unterschied auffällt.

Lisa Lösch schießt…an die Latte, wuaaargh! Die Blauinnen kommen jetzt immer mehr ins Rollen. Der Druck auf die U20 des Bundesligisten, oder kurz „Weiß“ (deren Trainer) wächst und sie fangen an, eine nicklige Linie zu fahren. Taktische Marschroute von der Seitenlinie: „Fenster beobachten, Fenster beobachten.“. Mach‘ iiiich…

*fensterbeobacht*

….ach nee, das Fenster zu beobachten ist langweilig. Und auch das Spiel schaltet um in den Modus „Zäh und ohne Highlights“. Also ein Modus, den die Blauinnen meist durch ein Tor beenden. Aber nooooiiin, wieder ans Gestänge, aaaaaarrrgggh! „Weiß“ wird ruppiger. Zum offensichtlichen Gefallen des weißen Trainers. „Lasst sie heulen!“. Der schaltet jetzt übrigens in den Motivator-Modus um. „Joschi!… Julia! … Rieke!… Julia! …Juki!…Rieke!… Juki!…Joschi! Rieke!… Julia! …Juki!…Rieke! [die restlichen sieben sind egal, ne]… Juki!…Joschi!“

Die Blauinnen suchen die Lücke und finden sie bis zur Pause nicht. Und „Weiß“? „Sucht Dreiecke, immer die richtigen Dreiecke suchen!“. Wie muss ich mir das vorstellen? Ich stehe vor eine Kiste voller Dreiecke und greife mir…welche? Ich finde rechtwinklige ja am coolsten. Aber sind es die richtigen?

Halbzeit. Das, liebe Lesende, ist Lukas. Lukas ist Trainer, und zwar von der U17 der Blauinnen. Und die sind letzten Samstag in die Juniorinnen-Bundesliga aufgestiegen! GLÜCKWUNSCH! Läuft bei Arminias Nachwuchs!

Sensationell ist übrigens die Frikadelle, die im Kiosk der Ardelhütte gereicht wird. Ganz frisch! So, wie Arminia aus der Kabine kommt. Zart und geschmeidig, wie der Heber an die Latte kurz nach Wiederanpfiff. Die will man sich reinhauen wie Leonie Heitlindemann den Abstauber. Tore sind toll. Dabei Frikadelle essen auch!

Doch die Freude über die Führung währt nicht lange. Kurz nach dem 0:1 bekommen die Schönebeckerinnen respektive „Weiß“ einen Freistoß von rechts. Der kommt flach rein, die Blauinnen können nur kurz klären, gegen den Flachschuss aus dem Rückraum ist Tor-Lisa machtlos. Das Gegentor bringt Arminia etwas durcheinander. Wieder sind es nur wenige Minuten, bis die SGS über links durchbrechen kann und das 2:1 erzielt.

Kopf hoch, Girls in Blue (oder heute in orange)! Ein paar Minuten vergehen, in denen Arminia wieder zu sich finden muss. Aber dann kämpfen sie sich wieder rein. Wieder ein Schuss ans Gebälk, mnnnnnrrrgh! Aber auch die SGS („Weiß“) hat Schwung. „Immer online sein!“, johlt Heimtrainer. Ja, wirklich. Nicht nur einmal. „Vorstellen“ sollen sie sich auch. Und: „Wenn Du den Ball ruhig spielst, kommt da Backspin rein und dann wird’s lecker.“ Der Himmel ist bedeckt und grau. Ein Sonnenstich isses schonmal nicht bei dem…

Dann soll sich „Weiß“ wieder „vorstellen“. Machen die auch. Es wird ruppig, die SchiRi lässt viel durchgehen. Beispiel: Ellbogencheck gegen eine Blauin. Die Blauin: „Beim nächsten Mal pack‘ ich mir die!“. Nächster Ellbogencheck gegen die selbe Blauin. Die Blauin packt sich die mit einem entschlossen Tritt auf die Fußsohle. Nix davon gepfiffen.

Aber auch spielerisch geht es hin und her, nun wird es ein völlig wildes Spiel. Und nicht die Latte, knapp drunter, JAAAAA! Emmy Klingen haut den Ball aus 20 Metern zum Ausgleich ins Geflecht. Die Mannschaften spielen und kämpfen, die Schlussphase ist schnell, spannend und völlig offen. Heimtrainer dreht endgültig durch mit nicht zitierfähigen Worten. Endstand ist 2:2.

Ein verdienter Punkt für beide Teams. Nützen tut es beiden wenig, obwohl die anderen Teams in höheren Tabellenregionen Federn gelassen haben. Das Spiel hätte gerade in der Schlussphase in beide Richtungen kippen können. Ob man jetzt froh ist, dass es nicht zugunsten der SGS oder geknickt, weil es nicht zugunsten der Blauinnen gekippt ist, ist müßig zu überlegen.

Applaus gibt es für Tom Rerucha. Nicht nur weil er nicht so ist wie sein heutiges Gegenüber, sondern vielmehr auch die Größe hat, diesen rumgeifernden Derrwisch vor und nach dem Spiel sportlich fair und freundschaftlich zu umarmen.

Eigentlich stelle ich keine Aktiven bloß. Wer allerdings seine eigenen Spielerinnen anbrüllt, eine gegnerische Spielerin als laut als „F***e“ bezeichnet, vor dem Match mit seinen vier gelben Karten flext und sich zwischendrin umdreht, um pseudolustige Bemerkungen zur gegnerischen Trainerbank oder in Richtung Spielfeldrand zu machen, der hat nicht anderes verdient, als dass man seine Stilblüten der ihnen gebührenden Lächerlichkeit preisgibt.

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Für zeitloses Lesevergnügen ist die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ empfohlen. Da stehen viele Lagerfeuergeschichten drin, auch über die Blauinnen. Die Fibel gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?

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