FSV Gütersloh gegen Arminia 2:0 – Warum wir samstags aufstehen (pt.2)

FSV Gütersloh gegen Arminia 2:0 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Also. Wir sind samstags aufgestanden und haben uns Arminia im Doppelpack vorgenommen. Oder wie es im Fleischpalast zu Rheda-Wiedenbrück heißt: „Erst im großen, dann im kleinen Stadion.“ FSV Gütersloh gegen Arminia. Ja. Erstmal hinkommen zum kleinen Stadion. Mit dem Zug von Bielefeld nach Rheda-Wiedenbrück ist jetzt nicht der Akt. Aber dann heißt es: 40 Minuten Fußmarsch über eine Strecke, die so aussieht:

FSV Gütersloh gegen Arminia

„Tönnies-Arena“ ist ausnahmsweise mal ein authentischer Name unter den vielen Hier-könnte-ihre-Werbung-stehen-Sportplätzen. Es liegt zwischen Verwaltungsgebäude, Fuhrpark und Werksverkauf des Oberschalkers. Der dort beheimatete FSV Gütersloh 2009 ist ebenfalls eine Gründung des königsblauen Kotelett-Barons. Und ja, Ihr habt richtig gelesen: Werksverkauf. Ein Restaurant. Quasi ein Outlet Center für Schnitzel.

Kalt ist es geworden. Und windig. Kalt ist auch das Licht, das aus ein paar Lampentürmen auf das Spielfeld und die beiden Tribünen fällt. Eine sympathische Frauenstimme sagt: „Willkommen zum, oder wie man in OWL sagt, zu dem Derby oder Stadtduell…“. Noch nicht mal eine Sekunde ist gespielt, und schon muss der Rundumbeobachter eingreifen. Was ist an der Sprachwendung „zu dem“ ostwestfälisch? Was ist der Unterschied zu „zum“? Und das mit „Derby“ und „Stadtduell“ (Gütersloh spielt gegen Bielefeld in Rheda) wackelt auch ein bisschen.

Für die Blauinnen und den FSV hat es auf jeden Fall Derby-Charakter. Schließlich haben einige unserer Stürmerinnen in dem blauen (heute: weißen) Hemd eine Gütersloher Vergangenheit. Und so beginnt ein ausgeglichenes, intensives Spiel, in dem sich beide Formationen nichts schenken. Alldieweil arrangiert sich der ob der Doppelbelastung erfreulich zahlreiche Gästeblock und fängt an, sich zu Hause zu fühlen. „Der Tee ist Minze. Minze, nicht Pfefferminze. Nein, das schreibst Du NICHT auf!“. Doch.

So langsam aber sicher schält sich auf dem Spielfeld eine gewisse Bielefelder Überlegenheit heraus. Genta Fetaj rackert und probiert viel, Sandra Hausberger, Tommy Grünheid und Grit Bender stehen hinten sicher und Bella (Wuckel: „Anna“) Jäger, die nach einer Gelbsperre wieder dabei ist, rast auf der rechten Seite auf und ab. Sie bereitet auch zwei dicke Chancen der Blauinnen vor, die Sophia Thiemann leider nicht veredelt. Dafür veredelt Gästeblock sich den Aufenthalt. Mit Futtern. „Ach, wolltest Du auch eine Wurst? Hätte ich Dir eine mitbringen sollen?…gnnnhihchhhhh…“.

Der FSV bricht ein paar mal gefährlich durch, aber die Blauinnen sind hinten aufmerksam. Sie selber spielen mit ordentlichem Tempo, allerdings fehlt eine kreative Idee, um die taktisch gut stehenden Gütersloherinnen (Rheda-Wiedenbrückerinnen? Fleichpalast-Hofdamen?) zu überwinden. Gästeblock nimmt das Tempo des DSC auf. Wir haben die Lautstärkehoheit. Und Fahnen. „Ich seh’ nix mehr!“. „HAAAAAND! Ach nee…GESIIIICHT!“. Hach, Stadion ist was Schönes. Wirklich große Highlights gibt es bis zur Pause nicht mehr.

Halbzeit. „So scheiße ist das hier gar nicht“, lautet das allgemeine Zwischenfazit. Natürlich ist das Spiel gemeint, aber auch das Ambiente ist ganz knuffig. Es gibt Käsebrötchen (meine entsprechende Idee scheint sich durchzusetzen) und Bratwurst (lustig: NICHT von Tönnies). Und der Betreiber hat nicht nur für alle Fälle vorgesorgt (etwa Blitzschlag), sondern kümmert sich auch selbst um die Heizung auf dem Abort.

Schnell wird in der zweiten Hälfte klar, dass der FSV den Plan „Derbysieg“ für eine verdammt gute Idee hält. Ein Fernschuss knallt an den Pfosten. Kurz darauf knall Sarah Grünheid in die gegenüber liegende Bande und den in solchen Fällen nicht besonders zu empfehlenden Asphaltboden. Aber SG21 kriegste nicht so schnell kaputt, sie spielt weiter. Weiterhin gut: Der schwarzweißblaue Support.

Gütersloh wird zwingender. Und Gästeblock hat so seine Befürchtungen. „Die machen wieder einen zu wenig!“ Was spontan nach einem argumentativen Fehlgriff klingt, ergibt bei näherer Betrachtung tiefen Sinn: Sie machen kein Tor zu viel, aber den in dieser Saison üblichen Julian-Börner-style Klops, der dann ein Gegentor zur unliebsamen Folge hat. Also: Sie machen einen zu wenig. q.e.d.

Was machen sie gerade? Sich einen indirekten Freistoß im Strafraum fangen. Gefährliche Situation. „Beim Elfmeterschießen gegen Duisburg habe ich gerufen: Den hast Du! Und sie hat ihn gehabt. Soll ich’s nochmal rufen?“ – „Ja, bitte.“ – „JOYCE, DEN HAST DUUU!“. Hat sie nicht. 1:0 für Gütersloh.

Es sind tatsächlich Heimfans zu hören. Die Gruppe mit den Trommeln, die da völlig von Gesellschaft und Sinn befreit hinter dem Tor hockt, sehe ich ja jetzt erst. Und auf der anderen Seite der Tribüne sitzen auch noch welche, na guck. Genta Fetaj lässt die Chance zum Ausgleich liegen. Das Gegentor zeigt sichtlich Wirkung bei den Blauinnen. Nicht aber beim Gästeblock, der immer noch die Stimmungshoheit hat. „Die Glücksfahne ist zum ersten Mal dabei.“ – „Dann wissen wir, woran es gelegen hat, wenn sie verlieren.“ Klassiker. Keine Glücksfahne? Na ja, das 0:2 fällt erstmal unglücklich. Einer zu wenig. Und die Glücksfahne schafft es nicht mehr, sich als solche zu erweisen. Arminia verliert beim FSV Gütersloh 2009 mit 0:2.

Da gleichzeitig der 1.FC Saarbrücken gewonnen hat, ist Arminia nun zum ersten Mal in dieser Saison auf einem Abstiegsplatz. Und die Derbyniederlage hat sichtbar weh getan. Vielleicht hat dieser seelische Hieb etwas positives, nämlich ein Aufwachen und eine Konterreaktion – am Sonntag gegen eben dieses Saarbrücken auf der Postheide. Oder…darüber denken wir nicht nach. Und die Blauinnen hoffentlich auch nicht.

VAR (Visuell aufmerksamer Rundumbeobachter):

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