SønderjyskE gegen ÅlborgBK 2:0

SønderjyskE gegen ÅlborgBK 2:0 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Hjertelig velkommen i internationalen Rundumbeobachtungen von einem kleinen Trip ins südliche Dänemark und einem Ballsportbesuch in Haderslev und gucken SønderjyskE gegen ÅlborgBK!

SønderjyskE gegen ÅlborgBK 2:0

Dänemark ist randvoll mit schönen Landschaft und unglaublich sympathischen Leuten. Da für uns Arminen Dänen nur Distanzschüsse machen und den ganzen Tag „We have to fight weiter“ sagen, zunächst ein paar aussagekräftige Einblicke. Bang&Olufsen etwa ist eine bekannte dänische Marke. Offenbar designen die nicht nur Lautsprecher, sondern auch Nahverkehrszüge.

Überhaupt, der dänische Nahverkehr. Man vergleiche die dänische 2. Klasse im Bummelzug mit ihrem deutschen Pendant…Spätestens jetzt sollte einem Dänemark ans Herz wachsen.

Außerdem gibt es da noch enorm aussagekräftige Verkehrsschilder…

…und progressive Hochzeitsbräuche. Kutsche mit vier Schimmeln? Ist sowas von Resteuropa. Dänen machen das so:

Das Städtchen Haderslev liegt in Sønderjylland, deutsch: „Südjütland“, oder frei übersetzt: „Nordschleswig“. Die Zugehörigkeit von Haderslev, 60 Kilometer nördlich von Flensburg gelegen, war in der Tat etwas diffus, da sich dänische und schleswig-holsteinische Adelshäuser kreuz und quer paarten. Nach dem Krieg von 1864 gehörte Haderslev zu Preußen und hieß „Hadersleben“, 1920 votierten 60% der Bevölkerung für Dänemark. Haderslev erlebte im 17. Jahrhundert seinen Aufschwung als Handels-und Hafenstandort, ist Kreisstadt der „Haderslev Kommunen“, Textil-, Nahrungs- und Maschinenindustrie sind die Hauptwirtschaftszweige. Jedem Bielefelder doch spontan sympathisch.

Die Bauten der Innenstadt, im wesentlichen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, machen Haderslev zu einem wunderschönen Fleckchen Urbanität. Aber damit wir uns richtig verstehen, Es ist nicht etwa der Mariendom aus dem 13. Jahrhundert, der stolz auf dem höchsten Hügel der Stadt thront, sondern…

Haderslev Stadion!

Ein kompaktes Stadion, eng am Spielfeld. Die Haupttribüne ist überdacht und die einzige Traverse mit Sitzplätzen. Der Rest: Oldschool-Stehplatz. Insgesamt fasst die Hütte 8.500 Zuschauer.

Der Gastgeberclub heißt „SønderjyskE“ (sprich: „ßenderjüskjä“), das „E“ steht für „Elitesport“. Übersetzt: „Südjütländische Elitesportarten“, frei übersetzt: „Spielvereinigung Nordschleswig“. Der ambitionierte Name kommt daher, dass SønderjyskE eine Fusion von insgesamt fünf regionalen Vereinen ist, der insgesamt sechs Sportarten betreibt. Durch die Fusion erhofft man sich professionelle und ökonomische Vorteile, die jede Sportart mittelfristig in ihre jeweilige dänische Spitze bringen sollen. Das ist im sehr breitensportorientierten Dänemark durchaus keine Seltenheit. Hier freut man sich als Fußballfan darüber, wenn der eigene Club Eishockeymeister wird, was SønderjyskE ein paar Mal gelang. Beneidenswert, wenn man etwa daran denkt, wie viele Arminen noch nicht einmal wissen, dass der DSC eine Eiskunstlaufabteilung hat.

SønderjyskE hat jedenfalls ein großes Angebot an professionellem und Freizeitsport. Haderslev Stadion ist Teil eines großen „idræt center“ („Sportzentrum“) mit eigener Akademie.

Aber nun gehen wir Ballsport schauen. 1.572 Zuschauer kommen am nasskalten Abend ins Stadion. Die Fußballabteilung von SønderjyskE war 2009/2010 im zweiten Erstligajahr und steht im sicheren Mittelfeld der Tabelle. Zu Gast ist Ålborg Boldspilklub, deutsch: „Ballspielverein Ålborg“, kurz: ÅlborgBK, ganz kurz: ÅBK (sprich: „Ohbikoh“). In der Tabelle steht der Club vom Limfjord knapp über den Gastgebern, etwas zu wenig für die Ambition der Rot-schwarzen, der sicherlich auch den Lesern etwas geläufiger ist als SønderjyskE. Der dreifache Meister und CL-Teilnehmer hat mit Michael Jakobsen, Rasmus Würtz und dem Ex-Gladbacher Kasper Bøgellund drei Nationalspieler in der Startelf. Vor der Saison wechselte außerdem Kasper Risgård von ÅlborgBK zu Arminia.

Das Spiel – durchaus flott – ist geprägt von einer starken taktischen Disziplin. Ålborg ist technisch besser, tut aber insgesamt zu wenig. SønderjyskE stört früh und versucht es – allerdings meist erfolglos – mit riskanten Steilpässen auf den Flügeln. Bezeichnenderweise fällt das 1:0 durch einen 25m-Sonntagsschuss in den Winkel, Scoring pår Rasmus Hansen. Jonas-Kamper-Gedächtnisgranate.

Die Fans von SønderjyskE stehen auf der Gegengeraden. Sie machen gut Alarm, sehr nett ist das Wechsel-Brüllen: „Sønder!“-“JyskE!“- „Sønder!“-“JyskE!“. Generell ist die Stimmung sehr positiv. Nick Hornbys eigentlich recht allgmeingültige Prämisse, dass die Leute nur zum Fußball gingen, um sich aufzuregen, stimmt hier jedenfalls nicht. Das Publikum hat auch Freude an den gelungenen Taktiken. Spielerisch gelöste Abwehraktionen bekommen Gourmet-Applaus. Es wird kaum gepfiffen, fast gar nicht geschmäht, sowieso viel applaudiert. Auffällig zum Beispiel: Das gesamte Stadion spendet Spielern Beifall, die nach einer Behandlung neben der Seitenlinie aufs Spielfeld zurückkehren.

Die Gästefans vom Limfjord sind. 25 Ultras mit Dauersupport. Sehr fröhlichem Dauersupport. Ihr Wechselgesang: „Come on Ålborg, come on Ålborg“ (sprich übrigens: „Ohlböch“). Irgendwann kommen ein paar der Jungs neben die Haupttribüne. Es gibt derbe, aber keine gemeinen Maulfechtereien mit dem Sitzplatzpublikum. So sindse hier nicht drauf.

Moment, Rundumbeobachter, seit wann kannst Du dänisch und verstehst, was sich lachende Dänen zurufen? Nun, etwa Mitte der ersten Halbzeit lerne ich auf der Tribüne meinen Sitznachbarn näher kennen, einen Mittfünfziger namens Lars – ich darf ihn Lasse (sprich: „Lässe“) nennen. Eigentlich wollte Lasse nur eine Fluppe schnorren. Zigaretten sind in Dänemark entsetzlich teuer, so ist Schnorren ein sehr alltägliches Verhalten, wie ich an diesem Abend noch öfter merken sollte. Lasse freut sich über mein Interesse am dänischen Fußball und ist stolz zu hören, dass zwei Dänen in meinem Verein spielen.

Ich habe viele Fragen und Lasse, der Lehrer ist, erklärt gerne: Das mit dem Breitensportvereinen in Dänemark – er wird am nächsten Tag erst zum Frauenfußball und dann zum Eishockey bei SønderjyskE gehen. Dass im Dänischen Namen und Vereinsabkürzungen zusammen geschrieben werden, die Namen zuerst. ÅlborgBK, nicht Ålborg BK oder BK Ålborg. ArminiaDSC. Wie man Jonas Kamper und Kasper Risgård ausspricht. „Jonnis Kämprr“ und „Käsprr Chiskohd“.

Inzwischen liefern sich die Ålborger Auswärtsfahrer ein Support-Duell mit den SønderjyskE-Fans, man spendete sich gegenseitig Applaus. Um den Kreis zu schließen: Lasse übersetzt die eher neckischen als schmähenden Gesänge.

Halbzeit. Der Rundumbeobachter geht auf Entdeckungstour. Abschied von Lasse, er kriegt noch zwei Fluppen geschenkt für seine Freundlichkeit. In der Pause treten die vereinseigene Mädchentanzgruppe und die beiden Maskottchen – hellblaue Löwen – zur Sideshow auf. Das Publikum vertrieb sich die Zeit an den Versorgungsstationen.

Zeit, mal das kulinarische Angebot zu überprüfen.

Die Dänen haben ein unbedarftes Verhältnis zu ungesunder Ernährung. Die dänischen Nationalgerichte heißen „Smørrebrød“ („dick und fettig belegtes Butterbrot“) und „Pølser“, das dänische Pendant zum Hot Dog, eine extrem mit E 124 vollgepumpte Brühwurst, die in etwa so schmeckt, wie sie heißt. Es gibt aber auch die klassische Bratwurst („medister“), die durchaus mit ihrer deutschen Verwandtschaft mithalten kann. Wie schon angedeutet sind Genussmittel in Dänemark recht teuer. Man teile den Bratwurstpreis durch 6,5 und falle hinten über. Mit Extra-Brot kostet das Mahl übrigens genauso viel wie ein großer Vereinswimpel.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit hat Ålborg eine Riesenchance, dann neutralisieren sich beide Teams wieder.

Die Stimmung im Stadion bleibt positiv. Sehr niedlich in Haderslev Stadion: Die Anzeigetafel, der Torschütze zum 2:0 heißt mit Nachnamen übrigens „Frederiksen“. Die gelben Buchstaben sind ein durchlaufender Ticker. In Kürze wird er die Oddset-Quoten für das Spiel bekannt geben, Heimsieg 3,55, Sieg Ålborg 1.55, was auf der Tribüne angesichts des Spielstandes für nicht wenig Erheiterung sorgte. Außerdem konnte man damit noch mehr fußballdänisch lernen. Jonas Kamper hat es leider nicht gehört, als ich ihm auf der Alm „Kamper bliver skifted“ zugebrüllt habe („Kamper wird eingewechselt“).

Ach ja, das 2:0…da spielt SønderjyskE kurz vor Schluss einen Konter aus. Der erwähnte Søren Frederiksen macht die Kiste. Vinde pår SønderjyskE!! Feiern mit den Fans.

Dänemark ist randvoll mit schönen Landschaft und unglaublich sympathischen Leuten. Nicht nur das Meer macht Spaß, auch die Binnenstädte sind einen Bummel wert. Haderslev kann optisch und vom Flair überzeugen. Und es bietet sich ein All-around-Sportwochenende bei der Spielvereinigung Südjütland an. Held og lykke, SønderjyskE!

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