Arminia gegen SG Dynamo Dresden 0:1 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Es ist Ostwestfalen, es ist Bielefeld, es ist Mittwoch Abend, es ist finster und wir gucken Arminia gegen SG Dynamo Dresden. Alle da, Block 3? „Jau, bin auch da. Mit Schal heute, höhöhö…“ – „Ouh, ein Fan in Zivil!“. Sagt jemand im Trikot. Was ist der? Kein Fan in Zivil? Ein Fan in Uniform? In Abendgarderobe? Im Smoking?
Es ist Ostwestfalen, es ist Bielefeld, es ist Mittwoch Abend, es ist finster und es ist mieses Regenwetter. „Der Rasen hat sich in den letzten Tagen in ein Hochmoor verwandelt“, urteilt Block mit Blick auf das Geläuf, das wirklich stark an den Sumpf von 2014/2015 erinnert. Eifrige Laubbläser versuchen gegen die Vermoorung anzukämpfen. Ein sehr sinnvolles Unterfangen. Die Nässe von einer Stelle zur anderen pusten. Löse ein Problem, indem Du es woanders hin verlagerst. Im Prinzip müssen wir gar nicht mehr anpfeifen, mehr Arminia kann es danach doch gar nicht mehr werden.
Lebendige Stimmung heute Abend. Die Dynamo Fans befeuern ihren Weihnachtswunschzettel, wir singen „Deutscher Sportcluuuub, Shalalalalalalalaaaa“. Auch ein lebendiges Spiel heute Abend, es wogt von hier nach dort. Beide Teams kämpfen tapfer gegen die nasse Wiese an. „Eeeey, der hat unseren Rasen kaputt gemacht“, zetert Block 3 nach der Schlitterpartie eines Dresdeners.
Almroar bei den Bielefelder Angriffsbemühungen. Er wird zum ersten Mal richtig laut, als Wintzheimer einen Klärungsversuch des SGD- Keepers abfängt, dann aber leider nicht an ihm vorbei kommt. Aaaaargh! Der Tabellenzweite aus Sachsen kombiniert schnell und zielgerichtet nach vorne.
Ein scharfer Freistoß zischt erst an vier freien Dresdenern und dann am Tor vorbei, was Block 3 zum ersten Mal gegen den SchiRi in Rage bringt: „Maaaan, Abseits! Kann doch nicht sein, dass das ….ääääh… kein Abseits war! … oder was wollte ich sagen…“ Da hat Block 3 natürlich rhetorisches Pech. Die englische Sprache kennt ein Gegenteil von „Offside“ – „Onside“. Die deutsche Sprache, die Stadtteilen Namen wie „Wallenhorst- Rulle“ gibt und deren Botanik Bezeichnungen wie „Staudenknöterich“ kennt, hat kein Antonym zu „Abseits“ außer „ oder was wollte ich sagen.“. Die Spielsituation war übrigens Abseits.
Übrigens ist das Wetter gar nicht so falsch für Arminia. Dynamo Dresden spielt schnelle, hinterlaufene Pässe über Außen und scharfe Schnittstellenhereingaben. Etwas, dass für alle Fußballmannschaften schwer und für Arminia normalerweise überhaupt nicht zu verteidigen ist. Heute versinken viele der Dresdener Spieleröffnungen im Morast. Da wäre auf sommerlichem Rasen wohl mehr gegangen. Ostwestfälisches Wetter für Ostwestfalens Gloria!
Aber wir wollen mal nicht allzu doll über die schwarzweißblaue Defensive lästern. Die macht ihren Job ordentlich und schafft es, Dynamos Kombinationsspiel erfolgreich durcheinander zu bringen. Und nach vorne? Das weiß Block 3: „Bisher kriegt die Bielefelder Arminia nach vorne nix geregelt“.
Etwa ab der 35. Minute entdeckt der SchiRi dann seinen Hang ins Gelbe. Heißt: Bewegt sich ein Dynamo-Spieler Richtung Hochmoor, kriegt er den Freistoß. Das ist natürlich so gar nicht nach dem Geschmack der Alm, vor allem nicht von Block 3, der die Spielleitung alle Titel zwischen „Porno- Günther“, „Schnuffi“ (…wat!?) und „Arschloch“ verleiht. Auch Fußballstatue Fabi hadert das eine oder andere Mal mit dem Unparteiischen. Beim Spiel gegen 1860 München durften wir nachher Aufnahmen der SchiRi- Bodycam bewundern. Da würde ich auch gern mal Aufnahmen von heute sehen. Keine Tore zur Pause.
Halbzeit. Auf der Alm sind sie mächtig stolz auf das neue Diodenbanner auf der Ost. Effektive Werbung, auf die niemand, wirklich niemand guckt. Der Rundumbeobachter hat es trotzdem für Euch getan, dankt mir später. Da wird angesichts der bevorstehenden Feiertage für „Blau unterm Baum“ geworben. Den fälligen Scherz macht Ihr bitte selbst. Oder Ihr überlasst ihn Block 3, der hat nämlich eine schicke Sprachperle zum Thema: „An Weihnachten werde ich mir mit Eierlikör den Kopf absägen“.
Es ist Ostwestfalen, es ist Bielefeld, es ist Mittwoch Abend, es ist finster und es ist immer noch mieses Wetter. Alle da, Block 3? Schein so. „Wo warst Du?“, wird die Frage an jemanden gestellt, der gerade mit fünf vollen Bierbechern die Betonstufen hoch kraxelt. Woran man mal wieder, dass Block 3 zwar in der Gesamtlage emotional schwarmintelligent, aber die Leitung in der Einzelsituation manchmal doch etwas lang ist.
JAAAAAAAAAAnein… der Torschrei lag auf den spröden Lippen, aber Shipnoski haut die Murmel ans Außennetz. AAAAARGH! Aber das weckt die Alm richtig auf. „Egal, ob Du das Spiel gewinnst oder verlierst, wir alle stehn neunzig Minuten hinter Dir!“, singt Block 1, „BIE-LE-FELD! BIE-LE-FELD!“, brüllt Block J, Block 3 johlt beides, „Vom Wahnsinn angetriebeeeen“, brüllen schließlich alle. Und auf dem Hochmoor geben die Blauen Gas. Sie kämpfen und spielen, Dynamo verteidigt…
…Das geht ungefähr eine Viertelstunde, dann haben sich beide Teams wieder gegenseitig im Griff. Dynamo ist spielerisch besser, Arminia defensiv aufmerksam. Bei Arminia ist zwar viel Bewegung nach vorne drin, ernsthaft in Tornähe kommen sie aber nicht- „Menschenkinnersnääänochma“, mosert Block 3. Das sieht nach 0:0 aus, womit wir durchaus leben könnten…
…aber leider sagt das gute alte Fußballklischee, dass sich ein Spitzenteam dadurch auszeichnet, dass es immer sein Tor macht. Dynamo Dresden erfüllt das Klischee in der 78. Minute. Und obwohl der DSC weiter kämpft und alles versucht, reichen dann auch sieben Minuten Nachspielzeit nicht mehr, um sich den gefühlt verdienten Punkt auch real zu verdienen.
Wat sacht Block 3? „Dynamo war technisch besser, aber nicht ein Tor.“. So endet das letzte Spiel im Jahr 2023 so wie einige seiner Vorgänger seit Sommer: Irgendwie knapp zu wenig, aber wenigstens kann man mit der Leistung leben. Kann man, wenn die Einstellung stimmt (hat sie heute) und die Ausbeute insgesamt reicht. Und auch das ist bei diesem Spiel so wie bei seinen Vorgängern.
Das waren also die letzten Rundumbeobachtungen in diesem Kalenderjahr. Der Rundumbeobachter schraubt schon an der Jahresrückblicken für Männlein und Weiblein, auch für die restliche Winterpause wird ihm reichlich Unterhaltungsprogramm einfallen. Ende Januar geht es dann wieder zur Sache, wenn wir an der Hammer Straße die Preußen wegmörsern.
FROHES FEST UND GUTEN RUTSCH!
Empfehlung: Die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ mit jeder Menge schwarzweißblauer Lagerfeuergeschichten. Das Buch gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?