MSV gegen Arminia 0:1 – Traditionsduell

MSV gegen Arminia – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Ein kleiner Spieltipp für diejenigen, die sich bei Bahnfahren langweilen. Die Regeln sind einfach:

  • in der Nähe einer Zugtoilette platzieren
  • abwarten, alles weitere ergibt sich

„Huch…“, „Sorry“, „Wie funktioniert das Abschließen?“, „Ich glaube, die Tür ist kaputt..“, Eine Fahrt nach – zum Beispiel – Duisburg vergeht wie nix.

Nach einigen Jahren heißt es mal wieder MSV gegen Arminia. Mit der Eisenbahn nach Duisburg Hauptbahnhof, da sind alle Schließfächer kaputt. Weiter mit der S-Bahn nach Schlenk, dort durch den Fußgängertunnel quetschen, rund um die Wassersportanlagen, „Arminiahaaa“ – „Bielefeheeeld!“ brüllen. Schlenk, Tunnel, Wassersportanlagen, sieht alles noch so aus wie 1996 beim ersten Besuch. Keiner hat sich die dritte Liga gewünscht, aber es ist herrlich, wieder in Duisburg zu sein.

MSV gegen Arminia

Das Wedaustadion ist nicht mehr die alte Schüssel von damals, aber der neue Standardbau ist auch in der Sekunde verharrt, in der er eingeweiht wurde. Banner feiern das 111jährige Bestehen des 1902 gegründeten MSV. An einem Fenster im Gästeblock ist die Jalousie herunter gelassen wie schon 2006 und 2008 und 2014, wahrscheinlich ist nix dahinter und das Fenster ist nur dazu da, die triste Betonwand optisch spannender zu machen.

MSV gegen Arminia

Beim MSV weiß man, was man kriegt und man kann sich – ehrlich! – drauf freuen. Auf den Zebra-Twist. Auf das „Ein jeder weiß genau, das ist der…“ und die Gästeblock-Antwort „Scheiß! MSV!“. Auch schon 1996 gejohlt. Zum Zebra-Twist marschiert eine etwas merkwürdige Flaggenparade auf- hier zeigt sich, dass die überdrehten Ruhrpottnachbarn aus Dortmund und Gelsenkirchen wohl doch ein bisschen schlechten Einfluss haben.

Die Zebras gegen die Blauen. Hat der Rundumbeobachter schon vorher in drei Spielklassen gesehen. Also ein absoluuutes Traditionsduell. Und heute erinnert vieles an 1996, ein Bundesligaspiel, das in etwa so viele Highlights hatte wie ein Kubikmeter Vakuum. Beispiel so etwa aus der zwölften Spielminute: Furchtbarer Fehlpass des MSV, „Ouuuah!“ macht das Stadion. Arminia spielt einen genauso grauenhaften Fehlpass zurück. „Ouuuah!“ macht der Gästeblock.

Über 3.000 Arminen sind mit an die Wedau gefahren und machen ordentlich Stimmung. Zusammenspiel zwischen Sitzer und Steher klappt gut. Bei „Steht auf, wenn Ihr Arminen seid“ ist zu sehen, wie viele Ostwestfalen sich an neutralen Karten bedient haben. So’n paar. Lustig, wie sie sich die Garderobe richten, wenn sie aufstehen, wenn sie Arminen sind.

Unten hat Arminia das Spiel mehr oder weniger im Griff, ohne dass was nach vorne passiert, außer ein paar halbseidener Hereingaben („Eeeey, Lannerts Flanken, eeey!“). Auf dem Gästeblock wird zwischen Oberrang und Unterrang versucht, sich gegenseitig Getränke auszutun, was leider an der Kommunikation scheitert. Der Rundumbeobachter entdeckt diese Zaunfahne…

…und denkt sich, dass er sowas nicht machen könnte. Vereinsname und Wohnort, seine Zaunfahne würde „Arminia Bielefeld“ heißen. So originell wie ein Kubikmeter Luft, „Scheiß! MSV!“ beim Zebra-Twist seit 1996 und das Gekicke auf dem Rasen.

JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA! Da hat Arminia dann doch richtig gut Fußball gespielt. Ball flach von rechts reich, und Fabian „Zugbegleiter“ Klos zangt ab (ein Wort, das zu Lernen ebenfalls zu den Eisenbahnerlebnissen gehört). Erleichterung, Freude, lautes „Bie-le-feld!“.

Halbzeit. Der MSV hat ein originelles Halbzeitspiel: „Entknoten“. Dabei sollen zwei eifrige Kandidaten ein entsetzliche verknäultes Schnürsenkelpaar entwirren. Keiner von beiden kommt auf die Idee, die Taktik Alexanders des Großen anzuwenden. Sei’s drum, es sind eh Amateure. Die waren Meister haben für die Zugfahrt einen mp3-Player mit Kabel-Kopfhörern dabei, die sie einwickeln und während des Spiels in der Jackentasche lassen. DAS entknotet nachher mal, Ihr Grünschnäbel!

Die erste Aufmerksamkeit in Durchgang Zwei nimmt der SchiRi für sich in Anspruch, der eine längere Debatte mit Arminias Einwechselspielern führt, die sich vor dem Gästesteher aufwärmen. Warum auch immer. Zu viele? Zu nah am Spielfeld? Die Leibchen zu Orange fürs Ruhrgebiet? Videobeweis bitte!

Arminia hat das Spiel im Griff und das geht so. Pass Torwart-Verteidiger. Pass Verteidiger Torwart. Pass Torwart- anderer Verteidiger. Pass anderer Verteidiger- Torwart. Von vorne. Die Zebras gucken zu. Der Gästeblock auch, allerdings weitaus weniger entspannt als die Kicker von der Wedau. „Tu die Kugel im Netz!“, brüllt es in klassischer westfälischer Grammatik. Schneider köpft…und tut nich‘ im Netz. Aaaargh!

Pass Torwart-Verteidiger. Pass Verteidiger Torwart. Pass Torwart- anderer Verteidiger…Ihr wisst schon. Deutschland gegen Österreich in Cordoba, nur ohne Österreich (Duisburg). Donnernde Pfiffe beim Heimpublikum, wobei nicht klar ist, ob sie die vermeintlich überheblichen Bielefelder oder die lethargischen eigenen Mannen meinen.

Sonst so? Wir haben ja Zeit, uns umzugucken…ist die Currywurst immer noch so furchtbar wie seit 1996 eigentlich immer? Ich habe sicherheitshalber nicht probiert, Info bitte. MSV-Spieler Köther fällt so wenig auf, dass der Rundumbeobachter keine Hundewitze machen kann. Ja, es ist Zeit für so einen Quatsch. Pass Torwart- Verteidiger usw. Die Stimmung auf dem Gästeblock ist immer noch gut laut. Vereinzelt gibt es sogar Jauchz-Laute…was auch immer die Leute da gerade entzückt hat. Der MSV drückt nun etwas aufs Gaspedal, ohne Kerskens Kiste gefährlich nahe zu kommen.

Als Gerrit Gohlke ins Spiel kommt, wird endgültig klar: Arminia will den Dreier nach Hause verwalten. Auf Ergebnis halten zu spielen, bzw. spielen zu können zeugt ja von hohem Selbstbewusstsein…ist es dafür nicht doch noch etwas früh? So lange ist Verl noch nicht her…außerdem sind wir Arminia Bielefeld. Das werden laaaaaaaaange sechs Minuten Nachspielzeit…und da fliegt der lange Ball rein, der Verteidiger verschätzt sich…Kopfball…daneben. Puuuuuuh. Fast das Gegentor in Verl-Manier oder Arminia-Bielefeld-Manier kassiert. Aber eben nur fast.

Freude nach dem Auswärtssieg. Oder auf ostwestfälisch: „Hauptsache gewonnen.“ Tschüß Wedau…bitte bleibt in der Liga!

Fotos zum Spiel

Empfehlung: Die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ mit jeder Menge schwarzweißblauer Lagerfeuergeschichten. Spiele gegen und beim MSV Duisburg erfahren sogar besondere Aufmerksamkeit. Das Buch gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?

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