Arminia gegen Rödinghausen 4:0 – Definiere „Pflichtspiel“

Arminia gegen Rödinghausen 4:0 – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent

Die Paarung: Arminia gegen Rödinghausen. Der Wettbewerb: Westfalenpokal. Eine Premiere für den Rundumbeobachter, er sieht zum ersten Mal ein Westfalenpokalspiel, an dem eine männliche Arminia beteiligt ist. Was bei den Blauinnen immer ganz lustig ist, fühlt sich bei den Blauen eher wie eine Pflichtaufgabe an.

Arminia gegen Rödinghausen

Jetzt kann man hier natürlich einwenden, dass auch der Westfalenpokal ein wichtiger Wettbewerb ist. Schließlich ist er der Weg zu den finanziellen Fleischtöpfen des DFB-Pokals 2024. Aber soll das das schlagende Argument sein? Geld? Sollte nicht „Arminia spielt“ reichen?

Arminia gegen Rödinghausen

Jedenfalls ist die Alm puristisch hergerichtet. Die Bandenwerbung ist mit so etwas wie Trauerflor verdeckt, die Anzeigetafel „ist auf Sparflamme“, wie Block 3 feststellt. Der Westfalenpokal gibt sich alle Mühe, auszustrahlen: „Ich bin ein wichtiger Wettbewerb!“. Auch wenn das Ambiente so schlicht wirkt wie ein Song von Trio 1983.

Wer die bisherigen Spiele der bisherigen schwarzweißblauen Westfalenpokal- Saison verfolgt hat, weiß: Diese Pflichtspiele können für Drittligisten eine ziemlich zähe Angelegenheit werden. Heute ist keine Ausnahme. Der SV Rödinghausen verteidigt und wartet auf Nadelstiche, die Blauen rennen an. „Guck‘ mal, wie leer der Strafraum ist“, mosert Block 3. Mit Blick auf Kerskens Sechzehner. Aha. Immerhin. Wir sind die, die sich blamieren können und da ist ein leerer eigener Strafraum nicht grundsätzlich falsch.

Block 3 macht das, was er bei zähen Kicks immer macht: Andere Sachen diskutieren. Diesmal ist es Berlin-Köpenick und der Rausschmiss von Urs Fischer beim FC Union. „Stefan Krämer ist wegen weniger geflogen“. Wenn wir da schon drüber reden: Hat Union Berlin jetzt eigentlich den Rekord von elf Bundesliganiederlagen in Folge? Müsste doch bald soweit sein, oder? Wäre doch ein Arguments für Arminias direkten Durchmarsch zurück in Liga Eins- den Rekord zurückholen und ein Dutzend Mal in Folge verlieren. ….Was!? Blödsinn? Hey, da habe ich schon dämlichere Argumente für den Durchmarsch gelesen!

…wie!?…was!? Ach ja, TOOOOOOR! Putaro hat eine Flanke reingestochert. 1:0 für den Favoriten. Das Spiel sonst? „Bisschen wenig“, sagt Block 3, „aber Ergebnis stimmt so halb.“

Unten auf dem Hybridrasen passiert nicht viel. Bis Rödinghausen die ganze klassische Show des dämlichen Platzverweises durchzieht. Erst gibt es Gelb, weil der Kicker sich bei einem schnell ausgeführten Freistoß in den Weg stellt. Dann greift der Kollege Momente später zu und wird geampelt. Und dann folgt die ganze Dramaturgie: Lamentieren im Rudel, armer, armer Sünder, erst gar nicht, dann ganz langsam Richtung Kabine streiten. Selbst das hat was von Pflichtspiel. Ampelkarten-Show-Liste komplett abgehakt! Ampelkarten-Bingo gewonnen!

Der seit kurzem rumpilose Regionalligist aus dem Kreis Herford liefert übrigens ein tolles Match. Defensiv lassen sie wenig zu, offensiv kennen sie Arminias Schwächen in der Abwehr und kommen zu einigen gefährlichen Angriffen. Auf Block C hat sich ein durchaus lauter Fanpulk versammelt, der nach dem Platzverweis „Scheiß DFB“ skandiert. Okay…

Etwas über 5.000 Zuschauer sind auf der Alm. Die Stimmung ist ehrlich bemüht. Angestrengtes „Buuuh!“ wenn Rödinghausen Einwurf vor der Süd hat. Angestrengtes (aber klassisches) „Hau ihn um, der kann nix“. Angestrengtes „Der hat schon Gelb“. Man gibt sich Mühe, den Westfalenpokal ernst zu nehmen. Und sicher muss man anmerken, dass der Wettbewerb seine Berechtigung hat. Und dass er für kleinere Mannschaften auch als Titel eine Bedeutung hat, haben wir bei den eingangs erwähnten Blauinnen im Sommer auf wunderbare Weise erleben dürfen.

Halbzeit. Da auch hier und heute keine Werbung laufen darf (wichtiger Wettbewerb und so), präsentiert die Anzeigetafel ein historisches Arminia-Filmchen, bei dem einem warm ums Herz wird. Ecks 1:0 gegen Essen 1995. Kuntz‘ 2:0 gegen Bayern 1996. Kann man den irgendwo gucken oder muss ich bis zum nächsten Westfalenpokal- Pflichtspiel warten?

Weiter geht’s und wie immer findet sich Block 3 so allmählich auf Block 3 ein. „Bratwurst war jetzt erstmal wichtiger, höhöhö.“. „Bier war jetzt erstmal wichtiger, höhöhö.“. „Boah, iihr seid Fans…“. Wer den Westfalenpokal nicht ehrt, ist die Dritte Liga nicht wert. Wie eben gesagt, wenn der Anspruch höher als Dritte Liga ist, ist das hier ein Pflichtspiel. Eventfans sind das jedenfalls nicht heute auf der Alm.

Der Blick des (mehr oder weniger) ambitionierten Drittligisten auf den Westfalenpokal ist etwas von oben herab, aber es ist, wie es ist: Es fühlt sich an wie eine Pflicht. Immerhin ist zu den 5.000 Besuchern festzustellen, dass sie gekommen sind, weil Arminia spielt. Pflichtspiel, Pflichtbesuch. Und jetzt Schluss mit dem Räsonieren über Pflichtspiele, lasst uns das gucken, wenn wir schon mal hier sind.

Rödinghausen im Angriff- Innenpfosten! Auch in Unterzahl legt der SVR einen tapferen Auftritt hin- und in diesem Moment hat er den hochnäsigen Rundumbeobachter kurz vor dem Schockmoment. Insgesamt will Rödinghausen, so der Bericht bei Arminia, „wenig Raum bieten und […] kaum Gelegenheiten für spielerische Lösungen geben.“ Das geht auf, bisher steht nur ein Putaro dazwischen. „Steht auf für den SVR“, skandieren die grünschwarzen Fans. Auf ostwestfälisch. „Steht auf für den ÄffZehÄah“.

Ach doch, eins noch zu „Pflichtspiel“: Hoffentlich verletzt sich keiner. Der Pflicht genügend sagt Block 3 : „Hoffentlich nix Schlimmes“, als Kaito Mizuta verletzt liegen bleibt. Der Ball wird mit Bande (über den liegenden Mizuta hinweg) ins Seitenaus gespielt. Ist dann auch nix Schlimmes. Und Slapstick nehmen wir doch gerne.

Wenn wir schon bei Slapstick sind: Die 70. Minute ist durch, als Yildirim und Rödinghausens Keeper das Emily-Sonnett-Meme darstellen.

Es gibt Elfmeter für Arminia und die ganze dazugehörige Show: Lamentieren, ewig nicht auf die Torlinie gehen, mit dem Schützen rumrüpeln, „Du hast die Haare schön“ von der Süd in Richtung Rödinghausen-Keeper. Merv Biankadi:

Elfmeter-Show-Liste komplett abgehakt! Elfmeter-Bingo gewonnen!

Das 2:0 bricht dem tapferen SV Rödinghausen das Rückgrat. Kurz nach dem zweiten Tor netzt Biankadi eine Hereingabe von Yildirim ein und legt den Sieger des Spiels fest. Block 3 hakt noch ein paar Pflichtspiel-Bingo-Scheine ab: „Viel zu wenig!“. „Will jetzt mal was Progressives sehen“. Eins noch zu „Pflichtspiel“: Dat is nich so wie „Genießen“, dat is so wie „Hart durch arbeiten!“, jawoll! Auch für den Zuschauer!

Dann macht Biankadi noch mit einem sehenswerten Heber das Vierte und damit ist es nicht ganz so wenig und vielleicht sogar progressiv. „Ohne SchiRi habt Ihr keine Chance!“, erklären die SVR-Fans. Aha. 4:0.

Wat sacht Sebi Wiese? „Das war’s. Arminia steht im Halbfinale des Westfalenpokals“. Nüchtern zusammengefasst, mehr braucht es nicht. „Wat sacht Block 3? „Eine überragende Leistung.“. Ironisch zusammengefasst. Mehr braucht es wirklich nicht.

Fotos zum Spiel

Empfehlung: Die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ mit jeder Menge schwarzweißblauer Lagerfeuergeschichten. Das Buch gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?

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