Arminia gegen Münster – Rundumbeobachtungen von Jan-Hendrik Grotevent
Es ist Derby. Arminia gegen Münster. Es geht um Millionen. Ja was!? So habe ich doch das Konzept des Westfalenpokals verstanden, oder? Wenn man so quer durch das liest, was im Papierzeitalter „Leserbriefe“ hieß und sich heute auf Chats, Foren und Threads verteilt, muss der Westfalenpokal für unglückliche ostwestfälische Drittligisten einfach sein, damit man an die Fleischtöpfe des DFB-Pokals gelangt und dann doch Bruno Labbadia auf den Trainerstuhl setzen kann.
Jedenfalls hat es Arminia ins Halbfinale dieses Fußball- Preisausschreibens geschafft. Und heute, am Geburtstag von Stefan Krämer (der den Westfalenpokal zweimal mit dem DSC gewonnen hat), kommen die Preußen auf die Alm. Sie bringen 3.000 Fans bzw. „Feinde“ (Selbstbezeichnung) mit, die hörbar Alarm machen. Die unorganisiert supportende Alm hält dagegen.
Jedenfalls legen die Blauen erstmal los. Mizuta, der olle Freigänger, prüft den Preußen- Keeper als erster. Merveille, der olle Biankadi, prüft ihn als zweiter. Zielstrebig geht es nach vorne und das ist natürlich ganz im Sinne von Block 3. Der frohlockt: „Man, was bin ich froh, dass die endlich mal Fußball spielen!“. Ja, es sind tolle acht Minuten…
…und zwei Minuten später ist es auch schon wieder vorbei mit dem „toll“. Dann gibt es ein Missverständnis, der heute im Tor stehende Leo Oppermann greift daneben und… na ja, das Tor für Münster hätte ich auch gemacht (hätte ich natürlich nicht, nicht für die, ich meine jetzt meine übersichtlichen fußballerischen Fähigkeiten, und… Ihr versteht schon.). Keine 24 Stunden hat das Gegentor gebraucht, um von Arnd Zeigler als das Kacktor, das es ist, durchs Internet getrommelt zu werden.
„Toll“ ist vorbei. Denn das 0:1 nimmt jede Frische aus dem Startschwung Arminias und es beginnt die bei uns allen so beliebte und auch heute so langwierige „Ballkontrolle- Phase“ des Spiels. „Da reicht es, wenn ich mit den Hühneraugen hingucke“, kommentiert Block 3, der schon weiß, was jetzt kommt. Und hat recht er mal wieder. Es gibt halbe Chancen für den Gegner, Arminia hat die meiste Zeit den Ball und verhält sich so wie Nachbars Dackel, wenn er den Schlüsselbund erbeutet hat. Weiß nicht, was er damit machen kann, gibt ihn aber nicht her.
Das ist natürlich nicht im Sinne von Block 3. In dieser Hinsicht leidgeprüft wird zu Protokoll gegeben: „Schwere Kost hier“. Und als mal wieder ein Pass im Nichts landet: „Ey, wir sind sowas von qualifiziert hier, sowas von…“. Wobei nicht klar wird, für was. Fürs Endspiel um die DFB-Pokal- Milliarden jedenfalls nicht bei dem Spielstand. Für ein flüssiges Offensivspiel erstmal auch nicht. Vielleicht für Ballkontrolle?
Das lustigste, was bis zur Pause noch passiert, ist der zweite Ball, der unbemerkt von Spielern und Unparteiischen eine ganze Weile in der Nähe des Preußen- Strafraums liegt, bis er von einem wackeren Balljungen unter herzlichem Applaus der Südtribüne geborgen wird. „Direkt einwechseln“, fordert Block 3.
Arminia fällt nichts ein. Preußen Münster auch nicht. „Wie kann man in diesem Spiel 0:1 zurückliegen?“, jammert Block 3. Die Antwort ist einfach: Das ist ein Spiel, das weniger mit filigranem Fußball als mit Eiereien aufwartet. Neben der Episode mit dem Balljungen wären da zum Beispiel noch ein vom Mannschaftskameraden angeschossener sterbender Adler und ein Münsteraner Angreifer, der beim Sprint eine Rutschpiroutte hinlegt, für die er beim Marietta- Marik- Pokal eine Runde Strafkuchen hätte backen müssen. Tja, und die schlimmste Eierei ist (bis hierhin) natürlich mal wieder gegen uns passiert.
Halbzeit. Der Umlauf der Süd eignet sich nicht nur zum Essen, Trinken und Freunde treffen, sondern auch hervorragend als Wetterschutz. Man beachte die rasiermesserscharfe Trennlinie zwischen nass und trocken!
Preußen Münster hat offenbar (und ich gönne ihnen das aus ganz vielen Gründen) eine Menge Arminia- Spiele aus dieser Saison geguckt und gelernt, dass eine Eierei reicht, um Ostwestfalens Gloria zu besiegen. Also begnügen sich die Herren vom Berg Fidel in Durchgang Zwei mit Ergebnisverwaltung. Und der DSC betreibt Spielkontrolle. Vor der Mittellinie nach links, nach rechts, wieder zurück, missglückende Eröffnung ungefähr Richtung Tor.
Arminia spielt so, wie der eine Typ versucht, am Siggi die Tür der Linie 4 aufzumachen. Davor stehen, warten, nicht merken, dass er das richtige Knöpfchen drücken muss, dann das richtige Knöpfchen nicht finden und schlussendlich einen Umweg fahren. Mit dem einen Unterschied: Im Gegensatz zu Arminia kommt er auch irgendwann am Ziel an. Arminia spielt, mit den Worten von Block 3, „irgendwo ins nirgendwo“.
„In der 71. Minute fällt das Tor!“ – „Und wenn nicht?“ – „Dann… ja… dann fällt es halt nicht…“. Es fällt nicht.
Es fällt in der Schlussphase, es fällt irgendwie (Eigentor, Eiertor, wat sonst in dem Eierspiel?) und Block 3 stellt fest, dass man das Torjubeln fast verlernt hat- das obligatorisch- schöne Brüllen und Übereinander her fallen braucht einen gewissen Realisierungsmoment.
Aber dann gewöhnt sich die Alm schnell wieder dran. In der Schlussphase brüllt sie die Blauen nach vorne und die machen auch nochmal Dampf. Passieren tut aber nichts mehr. Zwei Eiertore, die den Unterschied zum Verl- Heimspiel gemacht haben (und Balljunge und Rutschpiroutten). Sonst ähnlich zäh. „Ey es gibt direkt Elfmeterschießen“, erklärt Block 3. „Ey es gibt direkt Elfmeterschießen“, erklärt Block 3 zum zweiten Mal. „Ey es gibt direkt Elfmeterschießen“, erklärt Block 3 zum dritten Mal. [Das wiederholt sich, bis es zum 32. Mal erklärt wurde. Sebi Wiese ist es dann, der es endgültig – und zum 33. Mal – erklärt]
Boah ey, Elferschießen… dabei kann Arminia, die gewesenen Rekord- Elfmeterschießen- Sieger doch keine Elfmeter mehr. Anspannung auf Block 3 und gemischte Gefühle. Mit Mizuta, dem ollen Freigänger, und Merveille, dem ollen Biankadi, sind schonmal zwei als sicher geltende Schützen nicht mehr dabei… Spannung.
Die Preußen beginnen und JAAAAA, Oppermann hat ihn! Macht sich der Buhmann des Spiels zum Helden? (Buhmann weil zehnte Minute- da helfen auch ein paar tolle Paraden im Spiel selbst nicht). Grosser haut ihn rein. Vorteil Arminia!
Corboz… wieder viel geackert, wieder wenig bei rumgekommen… komm, wenigstens jetzt… bitte… NEEEEEEINNNIIIIÄÄÄRG!!! Tor Münster, obwohl Oppermann die Ecke riecht. Reichen riecht nicht, oder umgekehrt. Vorteil Münster. Oppie versenkt. Faust ballen. Tor Münster. Ourgh. Vorteil Münster (Ist eigentlich kein Vorteil, es steht ausgeglichen. Aber es fühlt sich aber so an).
Winthzheimer. „Du wolltest doch immer Elfer schießen“, japst Block 3, „Jetzt zeig’ mal, was Du kannst“… souverän drin. Irgendsoeine Taube kommt als nächster. Läuft an und… JAAAAAAA, OPPERMANN!
Kurz rückversichern: „Wenn der jetzt drin ist war es das, oder!?“. Bestätigung einholen. Gemischte Gefühle bei Putaro, weil wir bei Putaro seit Saibene- Zeiten gemischte Gefühle haben, … bittebittebittebittebittebittebittebitte…
JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!
Was lernen wir daraus?
Erstens: Es ist interessant, welche Dualität ein Elfmeterschießen haben kann. Hätte Arminia das Ballern vom Punkt verloren, würden wir hadern, meckern, uns das größte Pech im Multiversum zuschreiben und die Köpfe diverser Verantwortlicher fordern. Jetzt hat Arminia das Elfmeterschießen gewonnen und wir trällern auf der Süd, beim Verlassen der Süd und bis zur Straßenbahn rauf…
Zweitens: Was wäre eigentlich gewesen, wenn der Gegner nicht die Telgte- Tauben, sondern zum Beispiel Rödinghausen gewesen wäre? Auch 18.000 auf der Alm? Oder lästige Pflichtaufgabe, weil man unglücklich in der Dritten Liga ist und diesen Umweg gehen muss zum Geldbankett des DFB-Pokals? Vielleicht täte etwas Demut vor diesem Wettbewerb gut, auch der Westfalenpokal ist ein Titel. Wer übrigens in dieser Hinsicht echte Pokal- Spannung erleben will, der komme am Ostermontag um 15 Uhr auf die Postheide, dann spielen die Frauen ihr Westfalenpokal- Halbfinale gegen den BVB.
Drittens: Einfach mal über das erste Heim- Erfolgerlebnis seit Dezember freuen und die Sorgen Sorgen sein lassen, die sind früh genug wieder dran. Wat sacht Block 3? „Mein Onkel holt jetzt acht Bier!“. Gönnt Euch! Und hoffentlich nimmt die Mannschaft das Erfolgsgefühl mit.
Empfehlung: Die „Fußballfibel DSC Arminia Bielefeld“ mit jeder Menge schwarzweißblauer Lagerfeuergeschichten. Das Buch gibt es bei Thalia. Oder bei amazon. Oder im Fanladen. „90 Minuten Arminia“ habt Ihr schon…?